Nach dem Papstbesuch in Frankreich

FRANKREICH. (hpd/lp) Aufruf zu einem internationalen laizistischen Vorstoß bei Sarkozy

 

Anlässlich des Besuchs von Benedikt XVI gab es in Paris verschiedene Protestdemonstrationen die mit dem von den französischen Freidenkern (La Libre Pensée) organisierten internationalen laizistischen Meeting in dem Japy-Gymnasium am 16.09. zu Ende gingen. Der kommentierte Bericht von La Libre Pensée über das Meeting liegt jetzt vor und wird hier in gekürzter Form wiedergegeben.

Der Bericht evaluiert das Meeting als das bedeutendste Ereignis der laizistischen Aktion während des Besuches von Benedikt XVI und es wäre das Ergebnis einer langen und anhaltenden Aktion der Freidenker für die Neugruppierung der laizistischen Kräfte für die Verteidigung des französischen Laizitätsgesetzes von 1905.

Marc Blondel, Präsident der Freidenker, der Versammlungsvorsitzende, erteilte zuerst Gabriel Gaudy, Verantwortlicher der Gewerkschaft CGT-FO, das Wort. Nachdem er die 1.200 Teilnehmer an der Versammlung begrüßt hat, erklärte er:
"Sie können mit uns, mit der ganzen CGT-FO rechnen, um sie im Kampf für den Laizismus zu unterstützen, denn wir sind mit der Verteidigung der Laizität verwurzelt, die wir in unseren Gewerkschaften praktizieren, bei gleichzeitiger Achtung der totalen Gewissenfreiheit unserer Mitglieder." Man kann das nicht von den anderen Sozialpartnern und an erster Stelle von der MEDEF (die Vereinigung der Arbeitgeber) sagen, betonte Gaudy. Diese hat soeben ihre Sommeruniversität gehalten. In dem Diskussionsforum „Gott als Hilfestelle und das Gebet als Hebel" sah man einen Rabbiner, ein Mitglied des französischen Rates des muslimischen Kultes und einen Vertreter der christlichen Arbeitgeber intervenieren. Gaudy dazu: „Ein christlicher Unternehmer, wie sie es in ihren Texten sagen, ist nicht jemand, der seine Arbeiter nicht entlässt, ihre christliche Barmherzigkeit geht nicht so weit. Aber sie entlassen sie ‚mit Liebe'. Das ändert alles für den Lohnempfänger, der in die Arbeitslosigkeit gezwungen wird."

Allianz des Safes mit dem Weihwedel

In einem anderen Forum „Der Kapitalismus ohne Gewinnzweck: Vom schöpferischen Kapitalismus des Bill Gates zum neuen Kapitalismus von Mohamed Yunus" sah man Martin Hirsch, den Pfarrer ohne Soutane und ehemaligen Verantwortlichen der Lumpensammler von Emmaüs des Abbé Pierre sowie den buddhistischen Mönch Matthieu Ricard, Spielgefährte des Dalai-Lama, intervenieren. Interessant auch noch die andere Debatte der MEDEF: „Der Ehrgeiz, Todsünde oder Kardinaltugend?

Gaudy schlussfolgert: „Man ist hier in voller Allianz des Safes mit dem Weihwedel! Man begreift folglich, weswegen Nicolas Sarkozy mit soviel Pomp Benedikt XVI empfing, man begreift seine Beziehungen zu den amerikanischen Führungskräften, Republikanern oder Demokraten, die Gott und die Kirchen in all ihren politischen Reden zitieren, und die die amerikanischen Arbeiter aussenden, um sich in allen Konflikten töten zu lassen und die im Namen des „Guten" Massaker der Völker organisieren. Man ist also in voller Allianz nicht nur des Safes mit dem Weihwedel, sondern ebenfalls des Säbels mit dem Weihwedel, wie das der Fall seit mehr als 2000 Jahren ist."

Danach ergriffen nacheinander die Vertreter der laizistischen Organisationen das Wort. So entwickelte der Schriftsteller Péna-Ruiz die großen politischen und sozialen philosophischen Fragen der Laizität.

Internationale Grußbotschaften

Dann folgten mit Grußbotschaften aus dem Ausland u. a.: Sonia Eggerickx, Vorsitzende der IHEU; Max Wallace, Direktor der Laizistischen Vereinigung von Australien und Neuseeland; Renée Lavaillante von der laizistischen Bewegung Quebecs; Etienne Pion, Generalsekretär der Bewegung „Europa und Laizität" (CAEDEL ); Georges Liénard, Generalsekretär der Europäischen Humanistischen Union (FHE); Keith Portéous Wood, Exekutivdirektor der National Secular Society Groß Britanniens; Reta Caspar des Zentralkomitees der schweizerischen Vereinigung der Freidenker; Albert Riba, Vorsitzender der Union der Atheisten und Freidenker Spanien; Nina Sankar und Mariusz Agnosiewicz des Vorstandes der polnischen Vereinigung der Rationalisten; Bruno Segre, Vorsitzender der Freidenkerorganisation « Giordano Bruno » Italiens; Francisco Delgado, Vorsitzender der Vereinigung Europa laica Spaniens; Pierre Galand, Vorsitzender des laizistischen Aktionszentrums Belgiens, etc.

(Anmerkung des hpd: Durch die Organisatoren wurde übrigens die auffallende vollkommene Abwesendheit der atheistischen und freidenkerischen Bewegung Deutschlands kritisch bemerkt).

Ein internationaler Kampf

Zum Abschluss des Meetings erklärte Christian Eyschen, Generalsekretär der Libre Pensée: „Die Frage der Trennung von Kirche und Staat, der Religionen und der Staaten ist keine typisch französische Angelegenheit. Der Kampf für die Achtung der absoluten Gewissensfreiheit ist ein internationaler Kampf, der noch lange Zeit auf allen Kontinenten und in allen Ländern geführt werden muss. (...) Die Trennung der Religionen und der Staaten ist die universelle Antwort auf das demokratische Verlangen der Völker und der Nationen, sich durch sich selbst zu regieren, ohne, dass irgendeine so genannte ‚göttliche' Autorität die Aufrechterhaltung der wirtschaftlichen, kulturellen und politischen Unterdrückung rechtfertigt. Für alle Religionen, die sich gegen die soziale Unterdrückung auflehnen, bedeutet es, sich gegen den göttlichen Willen und die kirchlichen Interessen aufzulehnen. Die Pfaffen haben die Kanonen des Zaren gesegnet, wie die katholischen Bischöfe die francistischen und nazistischen Panzer gesegnet haben. Die katholische Kirche hat von Anfang bis zum Ende das Regime von Vichy des senilen Pétains und auch jenes des Duce Mussolini verherrlicht, der nicht weniger debil war. Der Säbel war immer mit dem Weihwedel zusammen.

Wir, La Libre Pensée haben Angst, dass Nicolas Sarkozy in Europa dieselbe Sache machen will, die er in Frankreich versucht. Es sei denn, dass das, was er in Frankreich machen will, das ist, was die Europäische Union ihn überall in Europa machen lassen will... Auch weil Herr Nicolas Sarkozy bis zum 31. Dezember 2008 amtierender Präsident der Europäischen Union ist, legen wir deshalb allen anwesenden Organisationen an dieser internationalen Versammlung den folgenden Vorschlag vor: Könnten wir ihn zusammen um eine Audienz bitten, um zu wissen, was er zu machen beabsichtigt, um die Säkularisierung in Europa zu fördern, die absolute Gewissensfreiheit zu stärken und allen Ländern vorzuschlagen, die notwendige Trennung der Kirchen vom Staat durchzusetzen?

Selbstverständlich wird man jeder Organisation die Zeit lassen müssen um über diesen Vorschlag nachzudenken und ihn zu untersuchen. Aber wir wollten ihn heute unterbreiten, um davon zu profitieren, dass Frankreich Präsident der Europäischen Union ist, um davon so eine öffentliche Frage zu machen. Er bleiben uns dreieinhalb Monate, es ist mehr als man braucht um Nicolas Sarkozy zu begegnen, der fast jeden empfängt und überall herumläuft.

Für seinen Teil steht die nationale Föderation der Freidenker ganz hinter der Arbeitsentschließung des internationalen Verbindungsausschusses der Atheisten und der Freidenker, die in den USA im Juni 2008 angenommen wurde. Sie stellt folgende Frage: Kann der Kampf für die Trennung der Religionen von den Staaten zu einem Kampf der Atheisten und der Freidenker zusammengefasst werden, um dieselben undemokratischen Privilegien zu erhalten wie die Kirchen? Oder ist es die Forderung nach gleichen Rechten und entsprechenden Pflichten um jede religiöse Beherrschung ab zu schaffen? "

Eyschen beendete daraufhin das Meeting mit den traditionellen Worten: „Weder Gott noch Meister. Nieder mit der Kappe (A bas la calotte)! Es lebe das Soziale!"


Übersetzung und Bearbeitung: Rudy Mondelaers


Text (Französisch)
mit Links zu den verschiedenen Ansprachen