(hpd) Die Sendereihe „Abenteuer Forschung" des ZDF war bisher wissenschaftlich recht gut fundiert. Am 28.12.2008 hat nun, zum Entsetzen der meisten rational denkenden Zuschauer, der Moderator Prof. Lesch mit dem Theologen Prof. Schwartz über die Schöpfungsgeschichte diskutiert. Hier wurde in Bezug auf die Erkenntnis von Realität und Wahrheit der Versuch gemacht, Religion bzw. Theologie mit den Naturwissenschaften auf die gleiche Stufe zu stellen. Dadurch wurden letztlich die Naturwissenschaften in den Schmutz gezogen.
Ein Kommentar von Bernd Vowinkel
Die Position der Theologie, so wie sie auch in der besagten Sendung dargestellt wurde, ist die, dass der religiöse Glaube einen anderen Zugang zur Wahrheit eröffnet, der den Naturwissenschaften verschlossen ist. Die Erkenntnisse der Naturwissenschaften sind angeblich in eine größere Wahrheit eingebettet, zu der nur der Glaube Zugang hat. Außerdem sieht sich die Theologie im Besitz absoluter Wahrheiten.
Die Idee, dass es sich bei der Theologie überhaupt um eine Wissenschaft handelt, stammt von Thomas von Aquin. Er sah im Glaubensbekenntnis die gleiche Rolle wie die der Axiome in der Mathematik. Sein Wissenschaftsanspruch geht auf Aristoteles zurück, der Axiome für so evident hielt, dass sie keiner weiteren Begründung mehr bedürfen. Was bei diesem Vergleich allerdings meistens übersehen wird, ist die Tatsache, dass die Axiome der Mathematik für alle einsichtig sind, die über ein gewisses Maß an Intelligenz und Bildung verfügen. Bei den Glaubensgrundsätzen scheint diese Einsicht aber irgendwie ortsabhängig und von der Erziehung abhängig zu sein. Außerdem gibt es einen erheblichen Prozentsatz von intelligenten und gebildeten Menschen, die diese Grundsätze restlos ablehnen, weil sie ihnen völlig unvernünftig und unlogisch erscheinen.
Die heutige Wissenschaftstheorie ist vom Evidenzanspruch der Axiome wieder abgerückt. Sie sieht in den Axiomen der Mathematik und den Prämissen der Naturwissenschaften Setzungen bzw. Annahmen über deren absoluten Wahrheitsgehalt keine Aussagen gemacht werden können. Demzufolge werden Erkenntnisse und Theorien der Naturwissenschaften nicht mehr als absolut wahr angesehen, sondern man sieht in den Theorien mehr oder weniger brauchbare modellhafte Beschreibungen der Realität. Genauere Theorien liegen näher an der Wahrheit und sind damit bessere Beschreibungen. Die bisher bekannten Theorien haben darüber hinaus Gültigkeitsgrenzen. Eine grundlegende, physikalische „Theorie für Alles" d.h. eine Theorie ohne Gültigkeitsgrenzen ist im Moment nicht in Sicht, kann aber für die Zukunft auch nicht restlos ausgeschlossen werden.
Zu den Prämissen der Naturwissenschaften zählen der Realismus, der Rationalismus und der Naturalismus. Der Realismus geht davon aus, dass die Welt, so wie wir sie mit unseren Sinnen wahrnehmen, real existiert. Der extrem entgegen gesetzte Standpunkt zum Realismus ist der Solipsismus. Er kann nicht widerlegt werden, ist aber auch nicht wirklich wert, tiefer diskutiert zu werden, weil er grundsätzlich alles in Zweifel zieht. Dennoch gibt es in den modernen Theorien der Physik (Quantenmechanik, Superstringtheorie und Schleifenquantengravitation) Ansätze, die den Realismus in seiner althergebrachten Form in Frage stellen. Materie, Energie, Raum und Zeit verlieren dabei ihren Absolutheitsanspruch. Was stattdessen im Kern bleibt, ist das, was man vielleicht am Besten mit Information umschreiben könnte. Mit dem Standpunkt des Rationalismus gehen die Wissenschaftler/innen davon aus, dass die Natur mit dem menschlichen Verstand im Prinzip verstehbar ist, was ebenfalls keineswegs selbstverständlich ist und wohl auch nur für einen eher kleinen Teil der Bevölkerung zutrifft. Der Naturalismus verbietet, bei Erklärungen von Vorgängen der Natur auf mystische Substanzen und Phänomene zurückzugreifen. Obwohl die drei Prämissen keinen Anspruch auf absolute Wahrheit haben, sind sie dennoch für die Naturwissenschaften eine zwingende Voraussetzung und die empirische Erfahrung hat gezeigt, dass sie sich hervorragend bewähren. So kann man mit den Erkenntnissen der Naturwissenschaften und der Mathematik funktionierende Maschinen und Apparate bauen und sogar Krankheiten heilen. Wenn es sich bei den Naturwissenschaften lediglich um Mythen handeln würde, wäre das wohl kaum möglich.
Wissenschaftstheorie und Theologie
Bei der Theologie liegen die Dinge völlig anders. Zu der Frage, ob es sich bei der Theologie überhaupt um eine Wissenschaft handelt, hat der protestantische Theologe Wolfhart Pannenberg mit seinem Buch „Wissenschaftstheorie und Theologie" einen erheblichen Beitrag geleistet. Er formuliert vier Kriterien zur Beurteilung der Wissenschaftlichkeit:
1) Kohärenz: Die Aussagen einer gegebenen Wissenschaft behandeln einen einheitlichen Gegenstandsbereich.
Der Gegenstandsbereich der Theologie ist Gott, der nach Aussage der Theologie die Eigenschaft hat „die alles bestimmende Wirklichkeit" zu sein. Damit schwingt sich die Theologie nach eigener Ansicht zu einer Wissenschaft auf, die letztlich für alles zuständig ist und für alles letzte Erklärungen liefert. Naturwissenschaftler und andere rational denkende Menschen können das nur als reinen Größenwahn bezeichnen.
2) Wahrheit: Die Aussagen einer Wissenschaft sind Behauptungen über Sachverhalte, die entweder wahr oder falsch sind.
Wie sollte man entscheiden, ob die Aussage „Es gibt einen Gott" wahr oder falsch ist? Beide möglichen Positionen sind weder beweisbar noch empirisch überprüfbar. Das hält allerdings einige übermütige Theologen nicht davon ab, neue Gottesbeweise vorzustellen. Zuweilen berufen sich Gläubige in Bezug auf die Existenz Gottes auf persönliche Offenbarungen. Da ihr Wahrheitsgehalt aber nicht objektivierbar ist, sind sie für die Allgemeinheit und damit für die Wissenschaft ohne Bedeutung. Merkwürdigerweise scheinen auch diese Offenbarungen ortsabhängig zu sein. So haben Christen Offenbarungen in denen ihnen z.B. Jesus oder Maria erscheint. Mohammedanern erscheint Mohammed oder Allah. Daneben können die moderne Hirnforschung und die Psychologie diese Effekte mittlerweile weitgehend als Fehlfunktionen des Gehirns erklären.
3) Kontrollierbarkeit: Wissenschaftliche Aussagen können überprüft werden.
Nach Meinung der meisten Theologen steht diese Forderung im Gegensatz zur göttlichen Autorität. Da fragt man sich, wie etwas oder jemand über Autorität verfügen kann, wenn nicht einmal seine Existenz kritisch hinterfragt werden darf. Was dahinter steckt ist doch ganz offensichtlich eine Selbstimmunisierung gegen kritische Fragen. Solche Methoden sind ansonsten von totalitären Staaten recht gut bekannt.
4) Theologische Thesen sind Hypothesen, die den Prüfkriterien (d.h. Falsifizierbarkeit) nach der Wissenschaftstheorie von Karl Popper unterliegen.
Viele der theologischen Thesen beruhen auf Transzendenz. Auch einige naturwissenschaftliche Thesen sind so entstanden. Diese haben zunächst den Status von Hypothesen. Stellt sich heraus, dass solche Hypothesen grundsätzlich den Prüfkriterien nicht zugänglich sind, so haben sie zur Erklärung von Naturphänomenen oder Teilen unseres Weltbildes keinerlei Aussagekraft. Nun zeigt sich aber, dass an den Prüfkriterien sämtliche theologischen Thesen und insbesondere die theologischen Dogmen scheitern. Hier könnte natürlich ein Theologe sagen, dass es sich bei den Dogmen um Axiome handelt, die nicht weiter zu hinterfragen sind und es kommt letztlich nur auf die Bestätigung ihrer Folgerungen an. Wer so argumentiert, muss sich fragen lassen, ob sich der Sinnzusammenhang aller Wirklichkeitserfahrung überzeugender erschließt, wenn man davon ausgeht, dass Gott existiert und dass Jesus Gottes Sohn ist.
Der Unterschied zwischen den Naturwissenschaften und der Theologie ist, das offene Fragen und alternative Erklärungsvorschläge in den Naturwissenschaften beantwortet und entschieden werden können. Alte Konzepte (wie z.B. der Äther in der Physik und die Lebenskraft in der Biologie) werden über Bord geworfen, wenn sie sich als untauglich erweisen. In der Theologie aber gibt es keinen wirklichen Fortschritt. Das Einzige was man notgedrungen aufgrund des enormen Druckes von Seiten der Naturwissenschaften unternimmt, ist der Versuch, sich selbst durch geschickte Uminterpretationen der Bibel zu immunisieren. Unsere Wissenschaftsgeschichte hat aber gezeigt, dass sich mystische Erklärungen von Naturphänomenen auf die Dauer immer als falsch herausgestellt haben. Dennoch hält die Theologie noch immer krampfhaft am Leib-Seele Dualismus fest, weil ansonsten ihr Menschenbild und damit ihre gesamte Grundlage in sich zusammenbrechen.
Theologie ist keine Wissenschaft
Der fehlende Bezug zur Realität und die mangelnde Überprüfbarkeit führen zu einer Beliebigkeit der Religionen. So gibt es eine Vielzahl von unterschiedlichen Religionen, von denen jede von sich behauptet, die einzig wahre zu sein. Es kann aber nur eine Wahrheit geben und daher kann nur eine Religion oder gar keine die einzig wahre sein. Wenn man sich nun für eine dieser Religionen entscheidet, so ist die Wahrscheinlichkeit die richtige zu treffen der Kehrwert der Zahl der Religionen. Wenn wir mal annehmen, dass wir nicht die einzigen intelligenten Lebewesen in dieser Welt sind und dass zumindest in einer Übergangsphase alle Zivilisationen auch Religionen entwickeln, so geht die Wahrscheinlichkeit die einzig wahre Religion zu treffen in die Nähe von Null. Fazit: gerade die Vielzahl und die Beliebigkeit der Religionen zeigt, dass sie mit Wahrheit und Realität nichts zu tun haben können.
Zusammenfassend kann man feststellen, dass es sich bei der Theologie nicht um eine Wissenschaft handelt. Sie hat keinen anderen Zugang zur Wahrheit oder zur Realität, sondern sie hat dazu überhaupt keinen Zugang. Die Dogmen haben ebenfalls keinerlei Bezug zur Realität. Sie entsprechen vielmehr den Wunschvorstellungen einiger Irregeleiteter. Aus diesen Gründen sollte die Theologie als Lehrfach an den Universitäten abgeschafft werden, denn hier werden Steuergelder in eine Pseudowissenschaft gesteckt. Weiterhin ist der Versuch der Gleichstellung der Theologie mit den Naturwissenschaften, so wie es in der ZDF-Sendung betrieben wurde, ein Akt der Volksverdummung, der unter anderem auch damit zusammenhängt, dass die christlichen Kirchen noch immer über die Rundfunkräte einen überproportionalen großen Einfluss auf die Programmgestaltung der öffentlichen Sender ausübt.