Lebensgefährlich: Homosexualität im Iran

TRIER. (hpd) Mina Ahadi steht immer wieder in engem Kontakt mit Menschen, die hingerichtet werden sollen, und deren Angehörigen. Viele kann sie retten. Nicht jedoch den siebzehnjährigen Iraner Makvan Molodi: Weil er als Dreizehnjähriger angeblich einen Freund hatte, wurde Makvan Molodi 2008 hingerichtet.

Die Menschenrechtlerin Mina Ahadi war einer Einladung des Schwulenreferates an die Trierer Universität gefolgt, um über die Situation homosexueller Männer und Frauen im Iran und im Islam zu berichten. Laut amnesty international wurden bisher in Iran ca. 4.000 Männer wegen Homosexualität hingerichtet. Die Dunkelziffer mittels Suizid und offiziell anders begründeter Hinrichtungen dürfte allerdings, so Ahadi, weitaus höher liegen. Denn das Thema Homosexualität wird von allen Seiten totgeschwiegen. Auch Menschenrechts- und Frauenrechtsorganisationen wollen sich nicht mit dem Thema befassen. Homosexuelle fühlen sich allein, werden von ihren Familien und ihrem sozialen Umfeld im Stich gelassen. Manche Familien versuchen, homosexuelle Familienmitglieder mit Elektroschocktherapien zu „heilen".

Über homosexuelle Frauen, die hingerichtet wurden, gibt es keinerlei Zahlen.

Der iranische Präsident Ahmadinejad verkündete im September 2008 an der Columbia University in New York City, es gebe im Iran keine Homosexualität. Im November 2008 wiederum gab ein iranischer Minister, Mohsen Yahyavi, am Rande einer Friedenskonferenz gegenüber britischen Parlamentsmitgliedern zu, dass im Iran Homosexualität mit dem Tod bestraft wird. Er wurde mit einigen Berichten konfrontiert, dass schon im Jahr 2005 zwei schwule Jugendliche, Mahmoud Asqari und Ayad Marhouni, gehängt worden waren.

Im iranischen Strafgesetz gilt für Muslime wie Nichtmuslime: Der aktive Homosexuelle wird hart bestraft: Der Artikel 110 der „Hadd-Strafen wegen Homosexualität" lautet: „Die Hadd-Strafe für Homosexualität in der Form des Verkehrs ist die Todesstrafe. Die Tötungsart steht im Ermessen des Richters." Doch schon „wer einen anderen aus Wollust küsst, wird mit einer Ta'zir-Strafe von bis zu 60 Peitschenhieben bestraft" (Artikel 124). Bei lesbischer Liebe erfolgt die Todesstrafe erst bei der vierten Wiederholung.

Ein wesentliches Problem besteht, so Ahadi, auch darin, dass das iranische Strafgesetz mitunter zahmer ausfällt als die Realität. Nicht immer müssen vier andere „rechtschaffene Männer" (Arikel 117) bezeugen, dass sie den homosexuellen Verkehr mit eigenen Augen gesehen haben - oftmals werden Menschen als homosexuell diffamiert, um einen Hinrichtungsgrund zu haben. Homosexuelle werden immer wieder von der Polizei festgenommen, gefoltert und mit Exekution bedroht. Auch wird nicht immer Homosexualität als Hinrichtungsgrund bekannt gegeben, sondern den Männern wird offiziell unterstellt, sie hätten Kinder missbraucht und vergewaltigt. Aber, obwohl Schwule wenig oder keinen Rückhalt haben, als Hinrichtungsgrund wird Homosexualität in der Bevölkerung nicht akzeptiert.

Der Hauptgrund für die Verfolgung und Hinrichtung von Homosexuellen ist, so Ahadi, der Versuch des politischen Islam, in der Bevölkerung Angst auszulösen. Menschen, die gesellschaftlich in einer schwachen Position sind, wie Homosexuelle, wie ehebrechende Frauen, werden öffentlich hingerichtet, um alle anderen über die Angst zu beherrschen.

Doch nicht nur Homosexuelle leben gefährlich. Das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung jedweder Art wird eingeschränkt und Verstöße werden bestraft. Als Hinrichtungsgründe gelten auch vorehelicher Geschlechtsverkehr oder Ehebruch. Dies kann zuweilen bizarre Züge annehmen. So sollte eine vierfache Mutter gesteinigt werden, deren drogenabhängiger Mann sie zur Prostitution mit anderen Männern zwang, die er mit nach Hause brachte. Diese Frau konnte Mina Ahadi retten.

Widerstand gegen Repressionen

Mithilfe der Vernetzung von Menschen untereinander, über Internet und Satellitenfernsehen, entwickelt sich mittlerweile im Iran eine große Bewegung gegen Repressionen wie Geschlechterapartheid, gegen Todesstrafe und gegen Steinigung, gegen eine Religion und einen Gott, der als Legitimation für ein solch repressives Leben herangezogen wird. Jedes Mal, wenn Mina Ahadi im Iran live auf Sendung geht, rufen mehr als 200 Zuschauer an und geben sich kämpferisch. In Internetforen diskutieren Homosexuelle, geben Interviews und organisieren ihren Widerstand.

Ahadi hofft, dass eine offene Diskussion in Europa die europäischen Regierungen unter Druck setzt, ihre Politik gegenüber dem Iran und anderen Ländern zu ändern. Wenn die Bevölkerung in Deutschland und anderen europäischen Ländern das Tabu bricht und zeigt, dass es eine weltweite Bewegung für sexuelle Selbstbestimmung gibt, für die Rechte von Homosexuellen. Bisher wurde Homosexualität weder in Deutschland, Schweden, Dänemark oder Holland als Asylgrund anerkannt. Begründung: „Wenn Sie Ihre Homosexualität nicht offen ausleben, haben Sie damit auch im Iran kein Problem!"

Wir können an unsere Politiker appellieren.

Fiona Lorenz