Ehemalige Heimkinder düpiert

BERLIN. (hpd) Der Runde Tisch zur „Heimerziehung in den 50er/60er Jahren" ist jetzt hinsichtlich der Frage der möglichen Entschädigung ins Zwielicht geraten, da den Rechtsbeiständen der ehemaligen Heimkinder die Teilnahme verweigert wird. Die Heimkinder fühlen sich düpiert und an frühere Zeiten erinnert.

Nach der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses des Bundestages vom November 2008, einen Runden Tisch zur „Heimerziehung in den 50er/60er Jahren" einzusetzen, und seiner konstituierenden ersten Sitzung, ist es nun im Vorfeld der zweiten Sitzung zu Misshelligkeiten gekommen. Ausgangspunkt der unterschiedlichen Auffassungen ist die Frage von möglichen finanziellen Entschädigungen für ehemalige Heimkinder.

In dieser Frage hatte es auch innerhalb des Verbands Ehemaliger Heimkinder (VEH) Kontroversen gegeben, die zum Rücktritt des seinerzeitigen Vorsitzenden des VEH, Dr. Hans-Siegfried Wiegand, geführt hatten. Strittig war, ob der VEH den Rechtsanwalt Gerrit Wilmans und seinen Rechtsberater, Michael Witti, als Rechtsberater des VEH an den Runden Tisch entsendet. Der Vorstand war dafür, der Vorsitzende dagegen, also legte er konsequent sein Amt nieder.

Monika Tschapek-Güntner, die geschäftsführende Vorsitzende des VEH, erläuterte dazu, dass der ehemalige VEH-Vorsitzende der Moderatorin des Runden Tisches, Bundestagsvizepräsidentin a. D. Dr. Antje Vollmer, eigenmächtig zugesagt habe, dass keine eigenen Anwälte mit am Tisch sitzen werden und er Verschwiegenheit vereinbart habe. Frau Vollmer würde nun aber seinen Rücktritt nicht anerkennen und habe den ehemaligen Vorsitzenden persönlich eingeladen. Durch diese willkürliche Einmischung in die internen Vereinsangelegenheiten fühlen sich die ehemaligen Heinkinder düpiert und in alte Zeiten zurückversetzt, als über sie verfügt wurde.

Der Verhandlungsführer des VEH, Werner Molter, der in Berlin anwesend ist, meint dazu: „Die Leitung des Runden Tisches verweigert den von uns beauftragten Juristen den Zugang zum Runden Tisch. Hierdurch werden wir gegenüber den anderen Organisationen, die insgesamt sechs Juristen entsandt haben und zudem über große Mitarbeiterstäbe verfügen, von Frau Vollmer klar benachteiligt."

Beteiligung von Betroffenen-Anwälten „kontraproduktiv"

Frau Vollmer hatte in einem Schreiben an den Vorstand des VEH vom 26. März 2009 (das dem hpd vorliegt) die Ablehnung von Betroffen-Anwälten ausführlich begründet: „Für die Aufgaben des Runden Tisches wäre es vollkommen kontraproduktiv, Personen zu akzeptieren, bei denen aufgrund konkreter Tatsachen die begründete Befürchtung besteht, dass sie eine vertrauensvolle Zusammenarbeit am Runden Tisch gefährden. Dies ist etwa bei Personen der Fall, die erkennbar nicht an der gemeinschaftlichen Aufarbeitung des Schicksals der Betroffenen Heimkinder und der gemeinsamen Suche nach Kriterien zur Bewertung der Forderungen und zum Aufzeigen möglicher Lösungen mitwirken wollen. Si kommt dementsprechend nicht in Betracht bei Personen, die den Runden Tisch als ‚Rechtsvertreter ihrer Mandantschaft' auf der Basis eines erfolgsorientierten Honorars aufsuchen wollen und denen es nach eigenem Bekunden ausschließlich um die Vorbereitung von Entschädigungsklagen geht. Selbstverständlich steht es jedem Betroffenen frei, aus den Ergebnissen der Arbeit des Rundes Tisches seine politischen und rechtlichen Schlussfolgerungen zu ziehen oder auch schon heute auf rechtlichem Wege seine Interessen zu vertreten. Die Arbeit des Runden Tisches und die große Chance der mit ihm verbundenen Aufarbeitung wäre aber bereits jetzt zum Scheitern verurteilt, wenn er von Einzelnen als Mittel der Klagevorbereitung benützt würde. In diesem Fall wäre mit einem vertrauensvollen Offenlegen der historischen Fakten nicht mehr zu rechnen. (...) Infolgedessen kann und werde ich einer Beteiligung der von Ihnen benannten Anwälte am Runden Tisch nicht zustimmen."

Die Betroffenen und ihre Anwälte, die davon ausgehen, dass die ehemaligen Heinkinder sich nicht gegen die ihnen entgegen stehenden Interessen alleine werden durchsetzen können, haben jedoch die Hoffnung auf Einsicht nicht aufgegeben und sind nach Berlin gekommen, um persönlich ihrer Mandantschaft beizustehen und an der Sitzung teilnehmen zu können.

      

Die Mitarbeiterin des Pförtnerdienstes erklärt: „Auf der aktuellen Liste sind ihre Namen nicht verzeichnet." Und setzt dann ergänzend hinzu: „Die Bundespolizei wird jeden Zutrittsversuch verhindern." Das war es. Keine Erläuterungen, keine weiteren Erklärungen.

Am Nachmittag kommt dann in einer Sitzungspause die Mitteilung, dass der Runde Tisch jegliche Beteiligung von externen Rechtsanwälten ablehnt und exklusiv entscheidet, wer an den Beratungen teilnehmen wird und darf. Bei Bedarf wird der Runde Tisch entscheiden, ob und wofür juristischer Beistand notwendig ist.

C.F.

   

Fotografien © Evelin Frerk