Lachen ist Sünde
Spätestens seit Umberto Ecos „Im Namen der Rose“ wissen wir, dass es für wahre Christen nichts zu lachen gibt. Warum ein humanistischer Verband nun von einer „Spaßguerilla“ sprechen sollte, als wäre Spaß eine Geschmacksrichtung des Terrorismus, das allerdings hat schon ein überraschendes Moment. Überhaupt ist das rhetorische Geschütz, das hier gegen die Buskampagne aufgefahren wird, eine einzige Absurdität, wohl die späte Rache von Samuel Beckett:
„Bustouren zur Propagierung der Gottlosigkeit mögen ja einfach zu denken sein und manchen Konfessionslosen richtig Spaß machen – aber was dadurch gesellschaftlich bewirkt werden mag, ist angesichts der durchaus existierenden atheistischen Rechtsradikalen durchaus nicht klar. Wir als organisierte HumanistInnen können aber in der gegenwärtigen Gesellschaftskrise eine derartige Spaßguerilla nicht verantworten – denn dadurch werden Bündnisse erschwert, die wir dringend brauchen.“
„Bustouren“: Oh, wie schön!, denkt man da. Ab ins Grüne, endlich Urlaub! Doch hinter der harmlosen Fassade des alten Doppeldeckers verbirgt sich eine geheime Mission fundamentalistischer Atheisten zur Propagierung der Gottlosigkeit, womit durchaus existierende atheistische Rechtsradikale auf die diabolischste Weise erfreut werden sollen! Schande über die gottlosen Sieben, dass sie uns so schändlich hinters Licht geführt haben! Dank dem HVD wissen wir nun endlich, was hinter der oberflächlich betracht harmlosen Buskampagne tatsächlich steckt! Nämlich ein finsterer Plan gottloser Nazis. Oder so. Gewiss könnte man das Eifersuchtsdrama auf den Erfolg dieser Kampagne auch würdevoll beenden und eine eigene Kampagne starten, die noch größeren Erfolg hat, aber das ist momentan kaum angesagt bei allerlei „Feinden“, „atheistischen Rechtsradikalen“, „antihumanen Polarisierern“ und was nicht so alles kreucht und fleucht in den Köpfen der HVDler.
Der aufgewärmte Humanismus
„Nur ein intelligenter praktischer Humanismus, der mit den Menschen fühlt, sie erfasst und wärmt, kann die Vormacht der Religionen im Alltagsleben zurückdrängen und den Beweis liefern, dass es auch ohne Religionen geht“, liest man weiter in jenem Positionspapier.
In der Tat: Mit verhängnisvollen wissenschaftlichen Erkenntnissen hat diese Aussage nichts zu tun. In seinem Artikel The Big Religion Questions Finally Solved (Free Inquiry 29/1) kommt Gregory S. Paul zu dem Ergebnis, dass „Wissenschaft, sicherer Wohlstand und eine Konsumgesellschaft den Glauben überall in der ersten Welt radikal untergraben. [...] Im Widerspruch zu Nein-Sagern bestätigt sich die sogenannte Säkularisierungs-Hypothese (die vorhersagt, dass soziale und wissenschaftliche Fortschritte eine schrittweise Abwendung vom Glauben befördern) überall in der entwickelnden Welt.“
Die Religion wird am effektivsten innerhalb einer freien Gesellschaft durch Bildung, Marktwirtschaft und soziale Gerechtigkeit zurückgedrängt. Wie Paul weiter ausführt: „Religion ist [...] ein künstlicher, primitiver und dysfunktionaler Zustand; weit verbreitete populäre Ablehnung des Glaubens an das Übernatürliche ist die fortschrittlichere und weniger pathologische menschliche Verfasstheit.“
Konsequent kommt Paul zu dem Ergebnis, dass keineswegs der Mangel an einer Staatskirche der Grund war, warum die USA so religiös geworden ist, sondern die mangelnde soziale Gerechtigkeit. Was wir also nicht brauchen sind säkulare Organisationen, welche die sozialen Angebote der Religionen nachahmen, denn wie die religiösen Sozialträger werden auch die humanistischen aussterben, sobald der Staat seine oben genannten Aufgaben wahrnimmt. Sollte der Staat das nicht tun und weiterhin auf seinen „neoliberalen“ Kurs setzen, wird auch die Religiosität und der Irrsinn allgemein weiter ansteigen. Da hilft dann auch kein praktischer Humanismus mehr. In der Tat ist dieser aufgrund seines vergleichsweise geringen Wahnsinns nicht konkurrenzfähig in Krisenzeiten.