Nicht wählen ist auch eine Entscheidung

MARBURG. (hu/hpd) Eine der Wahlbeteiligung angemessene Berechnung der Sitzverteilung im Deutschen Bundstag fordert die nord- und mittelhessische Regionalgliederung der Humanistischen Union.

Einstimmig hat sich der HU-Ortsverband Marburg bei seiner Mitgliederversammlung am Dienstag (30. Juni) dafür ausgesprochen, dass der hohe Anteil von Nichtwählern sich künftig bei der Mandatsverteilung niederschlagen sollte. Damit soll die Regelung beendet werden, dass die Stimmen der Nichtwähler ‚unter den Tisch fallen’ und nicht bewertet werden.

Die derzeitige Berechnung der Sitzverteilung habe das Bundesverfassungsgericht als verfassungswidrig verworfen. Dem Gesetzgeber haben die Karlsruher Richter aufgegeben, die Praxis der großzügigen Verteilung so genannter "Überhang-Mandate" ab 2011 gerechter zu regeln. Darüber ist zurzeit ein Streit zwischen der Opposition und der CDU-CSU-Fraktion im Bundestag entbrannt, weil die "christlichen" Parteien die Änderung bei der Bundestagswahl am 27. September 2009 noch nicht berücksichtigen wollen.

Der Vorschlag der Marburger HU geht allerdings wesentlich weiter: Demnach sollten von den vorgesehenen Plätzen im Bundestag nur so viele überhaupt besetzt werden, wie es dem Anteil der abgegebenen Stimmen entspricht. Der Prozentsatz der Nichtwähler sollte frei bleiben.

Quorum für Direktmandate

Auch ein Direktmandat sollte nur vergeben werden, wenn die Anzahl der Nichtwähler im Wahlkreis ein bestimmtes Quorum nicht übersteigt. Über die Höhe dieses Quorums haben die Marburger HU-Mitglieder sich allerdings noch keine genauere Meinung gebildet.

Klar war ihnen jedoch, dass angesichts der geringen Unterscheidbarkeit der meisten Parteien auch das Nichtwählen eine demokratische Entscheidung ist, die Konsequenzen haben muss. Würden so viele Prozent der Plätze im Parlament frei bleiben, wie es dem Anteil der Nichtwähler entspricht, so wären die Kandidaten nach Ansicht der HU zu einer besseren Politik gezwungen.

"Wir waren uns durchaus bewusst, dass eine solche Regelung auch zu Populismus führen kann", berichtete Franz-Josef Hanke von der Diskussion am Dienstagabend. Dennoch sieht der 2. Vorsitzende des HU-Ortsverbands Marburg eine "zwingende Notwendigkeit zur Respektierung der Nichtwähler" und ihrer Voten: "Demokratie lebt von dem Respekt vor der Entscheidung der Wahlberechtigten. Wenn sie massenhaft die Wahl verweigern, muss das spürbare Konsequenzen zeitigen. Anderenfalls entfremdet sich die Politik noch weiter vom Volk als jetzt schon."

FJH