Einfach mal Nein gesagt

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Kreuz / Foto: Stephanie Hofschlaeger (pixelio)

HANNOVER. (da/hpd) Religionsfreiheit als Freiheit von Religion hat es in Deutschland immer noch schwer, in der ‚Fläche’, im Alltag. Ein Beispiel aus Niedersachsen und was man tun kann.

An einer hannoverschen Berufsschule ereignete sich im vergangenen Jahr ein interessantes Schauspiel. SchülerInnen einer Berufsschulklasse stießen auf die Tatsache, dass ausschließlich Religionsunterricht als Pflichtfach zur „Auswahl“ auf dem Unterrichtsplan stand.


Ein Bericht von Emma K. und Sebastien Nekyia

An der Berufsbildenden Schule 3 der Region Hannover stellten SchülerInnen fest, dass Religionsunterricht ohne Alternative auf dem Lehrplan stand. Auf Nachfrage erhielten sie die ernüchternde Antwort, dass es von der jeweiligen Schule abhängig sei, ob den SchülerInnen das Fach „Werte und Normen“ als Alternative zur Auswahl stehe. Da dies an der betreffenden Berufsschule nicht der Fall war, seien die SchülerInnen folglich zur Teilnahme am Religionsunterricht verpflichtet.

Auf Eigeninitiative recherchierte eine Schülerin die tatsächliche „Rechtslage“. Fündig wurde sie schnell im Niedersächsischen Schulgesetz (NSchG), welches nicht nur für allgemeinbildende Schulen, sondern auch für berufsbildende Schulen gilt. Dort besagen im Neunten Teil die §124 (2) und §128 (1) folgendes: Ab dem vollendeten 14. Lebensjahr kann der/die SchülerIn selbstständig entscheiden, ob er/sie am Religionsunterricht teilnehmen möchte (vorher obliegt diese Entscheidung den Erziehungsberechtigten). Es reicht dabei aus, der Schulleitung schriftlich mitzuteilen, dass man nicht am Religionsunterricht teilnimmt. Verpflichtet ist der/die SchülerIn stattdessen am Werte-und-Normen-Unterricht teilzunehmen, falls dieser von der Schule angeboten wird.

Erstaunlich schnell reagierte die Berufsschule dann auch auf die Verweigerung mehrerer SchülerInnen. Leicht aufgescheucht versuchten nun der Schulleiter Studiendiektor Thomsen und Lehrkräfte den SchülerInnen „entgegenzukommen“ und einen Kurs für Werte und Normen einzurichten - sichtlich verwundert, dass sich SchülerInnen dieser Berufsschule erstmals auf dieses Recht beriefen. Jedoch wurden den SchülerInnen durch bewusst ungünstig gelegte Unterrichtszeiten und schlechte Koordination immer wieder Steine in den Weg gelegt. Da seitens der Schule versucht wurde den Ball möglichst flach zu halten und weitere SchülerInnen nicht in Kenntnis zu setzen, liegt die Vermutung nah, dass eine Etablierung des Werte-und-Normen-Unterrichts nicht gewünscht war.

Die Erwartung, dass unmündige SchülerInnen sich dem Bestehenden annehmen und nicht versuchen ihre eigenen - wenn auch in diesem Fall gesetzlich abgesicherten - Wünsche zu äußern, ist weit verbreitet. Fordert das was euch zugestanden wird und erkämpft euch das, was euch zusteht.

(Zuerst erschienen in der DA (Direkten Aktion) der FAU (Freien Arbeiter und Arbeiterinnen Union), Druckausgabe Nr.194 Juli/August 2009)

Und als Nachbemerkung: Es spricht für sich, dass dieser Bericht erst veröffentlicht wurde, nachdem die Berufsschüler die Schule verlassen haben.

CF.