Neue Humanistische Hospizinitiative in Stuttgart

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Die Initiatoren: Th. Burghoff, G. Will, F. Nöh, A. Henschel, C. Keiper (v.l.n.r) Foto: Alexandra Kratz/Filder-Zeitung

STUTGART. (huw/hpd) Die Humanisten Württemberg werden als Kooperationspartner mit der Arbeiterwohlfahrt (AWO) Stuttgart bei der ambulanten Humanistischen Hospizinitiative Stuttgart mitwirken.

Ab März 2010 wird erstmals ein Kurs für ehrenamtliche Mitarbeiter zur Einführung in die Begleitung Sterbender und ihrer Angehörigen angeboten, die eine konfessionsfreie, wertoffene und humanistisch ausgerichtete Sterbebegleitung wünschen.

 

Hoher Bedarf an Hospizdiensten deutschlandweit

In den letzten 10 Jahren hat sich die Zahl der durch Hospizdienste begleiteter Sterbender in Stuttgart mehr als verdoppelt: 1999 noch weniger als 500, im Jahr 2007 schon etwa 1000. Doch laut einer Studie der Deutschen Hospiz Stiftung (Sonderheft 2/09, Deutsche Hospiz Stiftung) ist die hospizliche Versorgung, die Sterbenden ein Stück an Lebensqualität wieder geben kann, deutschlandweit „weiterhin unbefriedigend“. Daher die klare Forderung: „Der Hospizgedanke – nämlich Selbstbestimmung und Integritätsschutz in den letzten Wochen und Monaten des Lebens – muss überall dort Einzug erhalten, wo Menschen sterben. Egal ob das zu Hause, in einem Pflegeheim oder einem Krankenhaus ist.“

Dringlichkeit einer konfessionsfreien Sterbebegleitung

Bisher wurden sämtliche Hospizdienste in Stuttgart von Seiten religiöser Trägerschaft angeboten. Neben den beiden stationären Einrichtungen in kirchlicher Trägerschaft gibt es eine Vielzahl ehrenamtlicher Hospiz- und Sitzwachengruppen, die ebenfalls aus einem religiösen Umfeld entstammen. Dabei sind nur noch ca. 50 % der Bevölkerung einer Kirche angehörig und viele Sterbende und deren Angehörige würden eine konfessionsfreie Begleitung bevorzugen. Der Geschäftsführer der Humanisten Württemberg, Andreas Henschel, erklärt die Dringlichkeit eines konfessionsfreien Hospizes auch mit dem Fehlen einer gemeinsamen Jenseitsvorstellung: „Dem Tod als Lebenskrise begegnen nicht-religiöse Menschen mit ganz anderen Bewältigungsstrategien als religiöse.“

Oftmals komme es u. a. bei religiösen Sitzwachen trotz anders lautender Übereinkunft doch dazu, dass die Ehrenamtlichen anfingen zu beten und aus der Bibel zu rezitieren. Das ist ganz klar eine Einmischung in die Selbstbestimmung und Freiheit des Einzelnen, der in dem angstbesetzten Moment des eigenen Sterbens kaum die Kraft hat, sich gegen solch eine weltanschauliche Bevormundung zu wehren. Gerade im Hinblick auf die steigende kulturelle und weltanschauliche Diversität ist die alleinige Existenz christlicher Hospizeinrichtungen einfach nicht mehr zeitgemäß. Dabei ist auch an die Bedürfnisse von ehrenamtlich Begleitenden zu denken, die selbst vielleicht gar nicht religiös sind, aber trotzdem an einer Sterbebegleitung mitwirken möchten.

Die gemeinsame Hospizinitiative mit der AWO

Die Humanisten Württemberg hatten schon seit Jahren diese Lücke wahrgenommen und sich eine hospizliche Betreuung wie sie der Humanistische Verband (HVD) in Berlin mit dem ambulanten Besuchs- und Hospizdienst V.I.S.I.T.E, dem stationären Hospiz „LudwigPark“, sowie einem ambulanten Kinderhospiz „Berliner Herz“ anbietet, gewünscht. Auch bei der Arbeiterwohlfahrt, die bundesweit verschiedene Dienste für ältere Menschen anbietet und in Stuttgart einen ambulanten Pflegedienst sowie drei stationäre Pflegeeinrichtungen betreibt, wurde dieser Mangel an einer Alternative zur kirchlichen Sterbebegleitung erkannt. Im vergangenen Jahr startete die AWO daher gemeinsam mit dem Deutschen Hospiz- und Palliativverband, ein bundesweites Projekt zur Entwicklung einer neuen Abschiedskultur. Für den von ihnen geplanten humanistischen Hospizdienst in Stuttgart suchten sie noch einen Ko¬operationspartner, der sich besonders für den Part der spirituellen Begleitung, also der Vermittlung einer humanistischen Spiritualität und Weltanschauung, auszeichnet, aber auch in sonstigen Bereichen mitwirken wird. Daher haben sich die Humanisten Württemberg und die Arbeiterwohlfahrt entschlossen, in Stuttgart mit der Zielsetzung zur Schaffung eines offenen Angebots zusammen zu arbeiten. Im März 2010 beginnt die Ausbildung der ersten ehrenamtlichen Hospizgruppe.

Julia von Staden