Meine Daten gehören mir!

BERLIN. (hpd) Im Rahmen der Kampagne „Reclaim your data“ fand gestern Abend im Berliner Haus der Demokratie und Menschenrechte die Informationsveranstaltung Meine Daten gehören mir! statt.

Zu den vier Vorträgen mit jeweils einer Fragerunde im Anschluss an jeden Vortrag hatten Gipfelsoli, Humanistische Union, das Komitee für Grundrechte und Demokratie, Neue Richtervereinigung sowie Republikanischer Anwältinnen- und Anwälteverein geladen.

Eröffnet wurde die ungefähr zwei Stunden dauernde Veranstaltung gegen 19.00 Uhr von Heiner Busch (Komitee für Grundrechte und Demokratie, Redakteur von Bürgerrechte & Polizei/CILIP), der die gegenwärtige politische Entwicklung zum Thema Datenschutz umriss.

„Digitaler Tsunami“

Nach Tampere 1999 und Den Haag 2004 soll im Dezember dieses Jahres das Stockholm Programm, von dem sich die Exekutiven einen Beschleunigungseffekt der bisherigen europäischen Sicherheits- bzw. Datenpolitik erwarteten, durch den Ministerrat der EU verabschiedet werden. Bei dem Stockholm Programm handelt es sich um einen Fünfjahresplan einer Politik der „Inneren Sicherheit“, die die Zusammenarbeit zwischen der EU-Innen- und Justizpolitik weiter vorantreiben wird. Zwar wird das Europäische Parlament über jeweilige Gesetzesinitiativen abstimmen, doch habe sich gezeigt, dass es in seinem Abstimmungsverhalten überwiegend die Erwartungen der Exekutive erfülle, so Heiner Busch.

Im Grunde betreibe die EU eine Asyl- und Migrationspolitik der effektiveren Abwehr von Flüchtigen, die Überwachung und Sicherung der Grenzen mittels eines „Informationsmanagements“ und die Absicherung europäischer Grenzen durch FRONTEX, eine supranationale Agentur, die sich parlamentarischer Kontrollen weitgehend entzieht. Damit erhält der Ausdruck „Festung Europa“ eine neue Bedeutung. Wie viele und welche Kategorien von Daten letztendlich noch eingeführt werden, bleibt unklar. Inzwischen wurde der Begriff eines „Digitalen Tsunami“ geprägt, den die Behörden aber mehr als Herausforderung denn als ein kritikwürdiges Phänomen betrachteten. Gemeint ist der Umstand, dass durch die zunehmende technische Entwicklung immer mehr Daten hinterlassen und darum auch gespeichert werden können. Sogar eine Echtzeitüberwachung wird für möglich gehalten.

Um die Privatsphäre dennoch zu schützen, werden zusätzliche Technologien entwickelt, die voraussichtlich aber auch von Kriminellen genutzt werden werden. Dagegen richte sich wiederum die Vorratsdatenspeicherung. Die europäischen InnenministerInnen strebten die Einbeziehung in die Sicherheitspolitik sowie die Auslandseinsätze der Polizei an. Zusammen mit den USA soll ein neuer Sicherheitsraum entstehen.

Europäische Datenbanken und Vernetzung der Polizei

Im zweiten Vortrag, von Eric Töpfer (Zentrum Technik und Gesellschaft der TU Berlin) gehalten, ging es speziell um die europäischen Datenbanken, Migration und Vernetzung der europäischen Polizeien. So habe ein Paradigmenwechsel vom Prinzip der gegenseitigen Verfügbarkeit der polizeilichen Daten zum Prinzip der Konvergenz stattgefunden, was dem Vorhaben der EU Rechnung trage, ein einziger Staat zu werden. Dabei sei zudem die Zeitspanne der Informationsvergleichung von zwölf Monaten auf 14 Tage zurückgegangen. Im Schengen Informationssystem (SIS) der EU befänden sich derzeit 28.000.000 Einträge, die 11.000.000 Personen betreffen. Sie sollen auch einfachen PolizeibeamtInnen zugängig sein, um es der Polizei zu ermöglichen, diejenigen Menschen sofort zu erkennen, die abgeschoben werden sollen. Bereits jetzt gäbe es jährlich 100.000.000 Anfragen, die zu 300.000 Treffern, also Abschiebungen führten.

Die Speicherung der DNA sei bisher abgelehnt worden. Gespeichert werden alle zehn Fingerabdrücke von Asylbewerbern und Asylbewerberinnen ab dem Alter von 14 Jahren. Das Schengen Informationssystem wird modernisiert, wobei die SIS II jedoch zu scheitern droht. Es ist unbekannt, ob aus technischen oder organisatorischen Gründen. Beschlossen, aber noch nicht aktiviert, sei das Visa Informationssystem (VIS), in dem Daten von Personen gespeichert werden sollen, die im europäischen Schengen-Kontrollraum ein Visum beantragen.