Danke Johanna Dohnal!

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Johanna Dohnal / Foto: Freidenkerbund

GRABERN/NÖ. (pw/hpd) Am vergangenen Samstag ist Johanna Dohnal gestorben. Österreichs erste Frauenministerin blieb Vorkämpferin und Pionierin bis zuletzt. Ein persönlicher Nachruf.

Ich bin ein Kind der Ära Dohnal. Ich bin ein Kind der Ära Kreisky. Ohne diese beiden wäre ich nicht, was ich bin. Ich bin in dem Jahr geboren, in dem Johanna Dohnal Frauenstaatssekretärin wurde. Ohne pathetisch zu sein, kann ich mit Fug und Recht behaupten: Eine österreichische Gesellschaft ohne die Reformen Johanna Dohnals ist für mich nicht vorstellbar.

Ich bin aufgewachsen in einer Gesellschaft, in der Gewalt gegen Frauen geächtet ist. In einer Gesellschaft, in der Kinder unverheirateter Mütter nicht mehr automatisch unter amtlicher Vormundschaft stehen. In einer Gesellschaft, in der Frauen das Recht haben, den gleichen Lohn für gleiche Arbeit zu erhalten. In einer Gesellschaft, in der Frauen nicht sexuell belästigt werden dürfen. Ich bin froh, dass ich mir eine Gesellschaft, in der all das nicht gewährleistet ist, nicht vorstellen kann. Für mich ist das selbstverständlich.

Gleichzeitig bin ich gerade alt genug, um mich zu erinnern, dass einige dieser Reformen heftig diskutiert wurden. Johanna Dohnals Kampf für die Würde und Rechte des Menschen, vor allem für Frauen, aber eben nicht nur, hat viele Menschen überfordert. Damals auch meine Mutter, die sich erst mit der Zeit für den Geist öffnete, den Dohnal nach Österreich gebracht hatte. Eine Öffnung, die viele gerne rückgängig machen würden.

Während ich diesen Nachruf schreibe, denke ich an die wenigen Male, die ich Johanna Dohnal persönlich gesehen habe. Wenn ich mich richtig erinnere, war es dreimal. Einmal bei einer SPÖ-Veranstaltung. Die letzten beiden Male waren im Vorjahr. Beide Male habe ich sie als Kämpferin erlebt. Im April hat sie an einer Gedenkfeier für die Opfer des Massakers von Hadersdorf teilgenommen, als einzige prominente Sozialdemokratin. Ein Akt wider das Verdrängen. Und nur wenig später musste sie auf einer Demonstration gegen radikale Abtreibungsgegner das Wort ergreifen. Mit deutlichen Worten sparte sie nicht. Was Sicherheit gab, war die Zuversicht, die sie als schon sichtbar kranke Frau ausstrahlte. "Das können sie uns nicht mehr nehmen", sagte sie. Das war eigentlich nur auf die Fristenlösung bezogen. Gelten könnte es für ihr Lebenswerk.

Johanna Dohnals historische Leistung liegt nicht nur in den Maßnahmen, den vielen Reformen, die sie oft auch gegen harte Widerstände in der Sozialdemokratie durchgesetzt hat. Vielleicht liegt sie vor allem darin, dass sie verkrustete Vorstellungen aufgebrochen und bekämpft hat. Auch wenn bis heute niemand behaupten kann, Frauen seien in diesem Land wirklich gleichberechtigt, auch wenn weiter darum gekämpft werden muss, dass gleiche Leistung gleichen Lohn bringt, auch wenn die Gläserne Decke endlich gesprengt werden muss - ein Zurück wird es nicht mehr geben. Mögen noch so viele rechts des gesunden Menschenverstandes das gerne haben wollen.

So lange dieses Land demokratisch bleibt, wird nicht nur den Frauen niemand nehmen können, was Johanna Dohnal und ihre Weggefährtinnen erreicht haben. Auch den Männern wird es niemand nehmen können. Dass Frauen die gleichen Rechte haben wie Männer ist nicht nur im Interesse von Frauen. Es macht uns alle stärker. Oder, um es mit Johanna Dohnal zu sagen: „Ich denke, es ist Zeit, daran zu erinnern: Die Vision des Feminismus ist nicht eine ‚weibliche Zukunft‘. Es ist eine menschliche Zukunft. Ohne Rollenzwänge, ohne Macht- und Gewaltverhältnisse, ohne Männerbündelei und Weiblichkeitswahn.“

Danke Johanna Dohnal!

Christoph Baumgarten

 

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