BERLIN. (hpd) Editorials zu lesen kann manchmal sehr erhellend sein. Gerade das der Verbandszeitschrift des Humanistischen Verbandes Deutschland (HVD), der "diesseits". Allein einigen unscheinbaren Sätzen im Editorial habe ich seinerzeit entnommen, dass sich der HVD vom Humanistischen Pressedienst (hpd) trennen wolle. Was dann leider auch geschehen ist; zum Unverständnis Vieler.
Auch das aktuelle Editorial hält wieder eine Überraschung bereit: Wird dort doch verkündet, dass zur Neuausrichtung des Verbandes auch eine veränderte Außendarstellung gehören soll. Das ist ganz sicher zu begrüßen. Nicht von Ungefähr fordere ich immer wieder, dass der HVD sich auch nach Außen präsentiert, in die Offensive geht und vor allem auch Werbung macht für seine nicht zu unterschätzende Arbeit.
So soll die "diesseits" "zusätzlich zu ihrer Funktion als Mitgliederzeitschrift stärkeren Magazincharakter erhalten". Es ist ganz sicher richtig, dass die Zeitschrift nach 20 Jahren ein neues Layout bekommt. Es ist auch richtig, dass sie mehr sein könnte als "nur" eine Mitgliederzeitschrift. Obwohl sie meiner Meinung nach diese Funktion hervorragend erfüllt. Und es ist ganz sicher auch richtig, wenn ein paar farbige Bilder das Erscheinungsbild auflockern sollen. Doch was bedeutet "Magazincharakter"? Ich sehe vor mir ein Hochglanzmagazin. Voll von Werbung (von irgend etwas muss der Farbdruck ja bezahlt werden) und ausgerichtet auch auf eine Leserschaft, die nicht unbedingt Mitglieder des Verbandes ist. Und damit müssen die Aussagen verflachen.
Das jagt mir – gelinde gesagt – einen Schrecken ein. Denn zuerst gibt der HVD die Möglichkeit aus der Hand, schnell und öffentlichkeitswirksam über den hpd Interessierte zu erreichen. Und nun möchte er noch seine eigene Mitgliederzeitschrift einem unüberschaubaren Massenmarkt anpassen. Ich halte das für einen großen Fehler. Der HVD nimmt sich damit selbst seine Wirkung. Zumal ich aus gut unterrichteter Quelle weiß, dass es bei der geplanten Neuausrichtung der "diesseits" nicht so sehr um die Qualität der Zeitschrift geht, sondern um Machtkämpfe zwischen zwei Landesverbänden um die Hoheit im Bundesverband. Die Landesverbände finanzieren den Bundesverband – und deshalb ist es innerhalb ein und desselben Verbandes möglich, dass der Bundesverband in die Situation geraten kann, erpressbar zu werden.
Für die komplette Neuausrichtung der "diesseits", des Webauftrittes des HVD (Bund) und für alle Öffentlichkeitsarbeit, die umfassend erweitert werden soll, soll sage und schreibe eine halbe Stelle eingerichtet werden. Das ist – leider – wieder einmal typisch für den HVD. Da wird gekleckert und tolle Ideen gehen aus Personal- und Geldmangel den Bach runter. Erinnert sei da nur an das Projekt "Humanistische Schule in Berlin". Mit viel Enthusiasmus gestartet und im Sande verlaufen. Und genau das wird auch mit den Ideen zur Relaunch der Webseite und der "diesseits" geschehen.
Der amtierende Präsident des HVD, Frieder Otto Wolf, sagt ganz aktuell in einem Interview: "Was die öffentliche Selbstdarstellung angeht, werden wir jetzt auf dem Bundeshauptausschuss die, so denke ich, richtigen Beschlüsse fassen. Wir haben auch das Ziel, uns moderner aufzustellen und angefangen, uns mit Blick auf die Kompetenzschwerpunkte in den Landesverbänden stärker zu vernetzen." Das ist sehr richtig und ich kann mir kaum vorstellen, dass das nicht den Beifall der Mitglieder des HVD und auch der Beobachter finden wird. Doch bleibt die Frage, ob dazu eine "diesseits" mit "Magazincharakter" der richtige Ansatz ist.
Jan Weber