Prostitution legalisieren?

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TRIER. (hpd) Gestern hat Amnesty International ein Positionspapier veröffentlicht, das sich für die Legalisierung von Prostitution ausspricht. Die Reaktion war erwartungsgemäß groß – so meldeten sich auch Prominente kritisch zu Wort, unter anderem Meryl Streep und Hillary Clinton. Auch innerhalb der Menschenrechtsorganisation ist diese Position umstritten, viele Stimmen sehen dadurch dessen Glaubwürdigkeit in Gefahr. Doch hätte eine Legalisierung tatsächlich so gravierende Konsequenzen?

Es gibt wohl wenige so hochsensible Themen wie die Diskussion zum Thema Prostitution und die Positionen dazu sind sehr polarisiert. Darüber hinaus ergreift das Schicksal zahlreicher junger Frauen, die weltweit skrupellosen Menschenhändlern zum Opfer fallen, auf einer sehr emotionalen Ebene, sodass ein differenzierter Diskurs umso schwieriger wird. Eines ist vorweg festzuhalten: Prostitution bleibt in seiner gegenwärtig gängigen Praxis häufig untrennbar mit Verletzung von Menschenwürde, Freiheitsberaubung und Ausbeutung verknüpft. Eine Reaktion, die eine konsequente Bekämpfung solchen Unrechts fordert, ist absolut nachvollziehbar. Vielfach wird das Verbot von Prostitution gefordert, doch ist ein Verbot der richtige Weg?

Gesetzlich festgeschriebene Verbote erzielen nicht immer die erwünschte Wirkung, sondern verlagern das Problem lediglich auf eine andere Ebene. So würde ein Verbot von Prostitution keinen Schutz vor Ausbeutung bieten, sondern die Betroffenen selbst weiter in die Illegalität treiben. Frauen, die Opfer von Menschenhandel wurden, erwartet vielmehr eine systematische Diskriminierung, denn sie werden, häufig unter Gewaltandrohung, gezwungenermaßen straffällig. Auf diese Weise geraten sie nur noch weiter in eine Abwärtsspirale, die sie weiter ins soziale Abseits drängt, ohne finanzielle und gesundheitliche Sicherheit. Prostitution wird allerdings auch auf freiwilliger und selbstständiger Basis praktiziert, sowohl von Frauen als auch von Männern. Einige Sexarbeiter*innen erkennen darin sogar eine Berufung und verstehen ihren Job als eine professionelle Dienstleistung. Sexuelle Dienstleistungen gehören seit Jahrtausenden in verschiedenen Formen, seien sie geduldet oder nicht, zum Gesellschaftsbild dazu und werden von allen sozialen Schichten in Anspruch genommen. Ein bloßes Verbot wird dieses Phänomen nicht von der Bildfläche verschwinden lassen – unsere Gesellschaft muss damit leben und einen richtigen Umgang damit erlernen. Eine Legalisierung kann Möglichkeiten eröffnen, von denen viele Seiten profitieren:

Sobald Prostitution als Dienstleistungsberuf anerkannt und als solcher behandelt wird, können sich Sexarbeiter*innen in Berufsverbänden oder Gewerkschaften organisieren und somit effektiver ihre Interessen vertreten. Ein wichtiges Ziel wäre etwa die Festsetzung von Tarifverträgen beziehungsweise eines Mindestlohns, welche den Angestellten ein Mindestmaß an Autonomie und finanzieller Sicherheit einräumen würde. Darüber hinaus wären Sexarbeiter*innen sozial- und krankenversichert und hätten den Anspruch auf eine gesetzliche Rente – zumindest in den meisten westlichen Ländern. Durch eine Legalisierung könnte der Staat außerdem berufliche Mindeststandards bestimmen, die sowohl Angestellte und Freiberufler als auch Klienten gesundheitlich wie rechtlich schützen. Weitere Nutznießer wären die öffentlichen Kassen, die dadurch weitere Steuereinnahmen generieren würden.

Doch bei all den Vorteilen und Fortschritten, die eine Legalisierung mit sich bringen würde, dürfen die Gefahren allerdings nicht übersehen werden: Bislang stehen Frauen immer noch im Mittelpunkt sexistischer Werbekampagnen, in welchen sie lediglich auf ihr Äußeres reduziert werden. Es müssten Vorkehrungen getroffen werden, die solche Werbemaßnahmen bekämpfen, um einer sich verschärfenden Kommerzialisierung entgegenzuwirken. Damit einhergehend bedarf es globaler Projekte, die sowohl in den Schulen als auch im Bereich der Erwachsenenbildung über verschiedene Formen von Sexismus aufklären und dafür sensibilisieren. Dies sind jedoch Schritte, über die erst später diskutiert werden kann. Ganz gleich, wie man sich zur Stellungnahme von Amnesty International positioniert, wurde eine wichtige Debatte in Gang gebracht, die seit langem ruhte und kaum öffentliche Aufmerksamkeit genoss.