Ende Januar 2017 wurde Martin Schulz vom Parteivorstand der SPD als Kanzlerkandidat für die kommende Bundestagswahl nominiert. In seinen Reden stellt er das Thema soziale Gerechtigkeit ins Zentrum und spricht von Fehlern bei Schröders Agenda-Politik. Es folgt ein politisches Erdbeben. Erstmals seit zehn Jahren zieht die SPD in der Sonntagsfrage mit 32 Prozent an der Union vorbei. Tausende Bürger treten in die SPD ein. Euphorie ergreift die Partei, sie sieht sich auf der Erfolgsspur.
All dies zeigt, wie sehr das Thema soziale Gerechtigkeit die Menschen bewegt. Die Sehnsucht nach einer gerechten Gesellschaft ist tief verwurzelt. Zuvor hatten zahlreiche SPD-Politiker, von Kurt Beck über Franz Müntefering bis Sigmar Gabriel über 14 Jahre versucht, die Todsünde der Agenda-Politik Schröders schön zu reden. Vergeblich! Die Menschen haben ihnen nicht geglaubt. Martin Schulz hat das Thema wieder auf die Tagesordnung gesetzt. Kann er den geweckten Erwartungen gerecht werden?
Martin Schulz hat bisher die verlängerte Zahlung des Arbeitslosengeldes I, höhere Renten und die Erhöhung des Harz-IV-Satzes erwähnt. Doch um die Menschen aus der Falle ihrer prekären Situation zu holen, muss der Niedriglohnsektor abgebaut und der Mindestlohn deutlich erhöht und ohne zeitliche und sachliche Einschränkung (z.B. für Praktikanten) gezahlt werden, so dass die Betroffenen von ihrer Arbeit leben können.
Soziale Gerechtigkeit lässt sich nur dann verwirklichen, wenn man Arm und Reich im Blick hat. So gibt es im Moment Versuche die exzessive Steigerung der Managergehälter zu deckeln. Dies wäre ein erster Schritt. Die wirklich Reichen sollten über eine angemessene Vermögenssteuer und die Erhöhung des Spitzensteuersatzes ihren Teil für eine gerechtere Gesellschaft beitragen. Bei den großen Banken, die den Staat durch undurchsichtige Aktienverschiebungen um Milliarden prellen, herrscht nach wie vor die Casino Mentalität vor. Und durch Steuerhinterziehung über Briefkastenfirmen in Steueroasen gehen dem Staat weitere Milliarden verloren. Während der Diebstahl einer Flasche Korn im Supermarkt strafrechtlich verfolgt wird, gilt Steuerhinterziehung von Millionen Euro oft noch als Kavaliersdelikt, und der Steuersünder kann durch eine Selbstanzeige sogar straffrei ausgehen.
Wer hier ansetzt, wird sich gewiss wenig Freunde machen, und muss dicke Brocken aus dem Weg räumen. Die Widerstände werden immens sein, aber wer soziale Gerechtigkeit will, wird nicht umhin kommen, die Reichen in die Pflicht zu nehmen. Hier gilt: Viel Feind, viel Ehr.
Um auf die eingangs aufgeworfene Frage zurück zu kommen: Wenn Martin Schulz ein Stück weit soziale Gerechtigkeit verwirklichen will, wird es nicht reichen ein paar Almosen zu verteilen, er muss vor allem dafür sorgen, dass die Reichen ihren Teil dazu beitragen.
9 Kommentare
Kommentare
Bolli am Permanenter Link
Wo fängt denn bei Martin Schulz Reichtum an ??
( Die Krankenkassenbeiträge werden 10 Jahre von der ausgezahlten Summe abgezogen, dass hat man den Leuten vorher aber nicht gesagt).
Jetzt werden wir wieder verschaukelt, denn ohne saftige Steuererhöhung ist das alles nicht zu stemmen.
Soziale Gerechtigkeit fängt mit Einsparung von Steuerverschwendung an und hört bei Streichung von Steuerprivilegien auf.
Volkmar H. Weber am Permanenter Link
Unter Helmut Kohl lag der Spitzensteuersatz bei 56 % und Vermögenssteuer wurde ab einem Vermögen ab 120000,00 € fällig. das sind m. E. die Mindeststandards die Schulz anlegen müsste.
Hans Kirchgässner am Permanenter Link
Das was zu einer notwendigen Finanzierung von mehr sozialer Gerechtigkeit im Artikel und in diese Beitrag gesagt wird ist sicher richtig, nur es ist der Pfennig, noch lange nicht die Mark.
Martin Mair am Permanenter Link
"Die wirklich Reichen" deutet doch schon auf höhere Schwellen hin.
Oliver am Permanenter Link
SPD läutet traditionelles linkes Halbjahr vor wichtigen Wahlen ein
http://www.der-postillon.com/2017/02/traditionelles-linkes-halbjahr.html
little louis am Permanenter Link
Wenn Martin Schulz ein Stück weit soziale Gerechtigkeit verwirklichen will, wird es nicht reichen ein paar Almosen zu verteilen, er muss vor allem dafür sorgen, dass die Reichen ihren Teil dazu beitragen.
Falls Martin Schulz solches wirklich wollen sollte, dann sollte er sich schleunigst auf die Suche nach einer Partei begeben, die ihm eine realistische Chance eröffnet, all das auch zu verwirklichen. Seiner jetzigen ist dies selbst in historischen Zeiträumen bisher nicht gelungen. Und kaum jemand mit Sympathien für faire und humane Verhältnisse auch für die unteren siebzig Prozent verkennt, dass es sich nur um die üblichen scheinkritischen Dampfplaudereien handelt. Und eher gehen die meisten ( potentiellen) AFD- (Protst)-Wähler durch ein Nadelöhr, bevor sie eine Schulz- SPD wählen.
Resnikschek Karin am Permanenter Link
Schulz ist ein Hoffnungsträger, er hat in Brüssel gute Arbeit geleistet. Auch für Konfessionsfreie: er wollte die Kreuze in der Öffentlichkeit abhängen und wurde zurückgepfiffen.
Für eine lebenswerte Welt für alle - nicht nur für Konzerne und Reiche! Humanistische Grüße Karin Resnikschek
little Louis am Permanenter Link
Die SPD- Abgeordnete meines Wahlkreises vertritt mit Nachdruck und nachweislich (wenn auch nicht immer in Promo- Zeitungsartikeln), die Interessen Ihrer "geistigen Heimat": Nämlich die der Evangelischen Kir
Ulf am Permanenter Link
Martin Schulz hat eine lange, für politisch aufmerksame Menschen, gut sichtbare politische Geschichte.
Für all das Soziale, was subsumiert nun plötzlich der Kern seines Wahlkampfes ist, stand er gerade in seinen Taten nie.
Hatte er bereits bisher die Möglichkeiten und die Stellungen um in dieser Hinsicht etwas zu bewegen? Aus meiner Sicht eindeutig ja.
Mehr muß man dazu nicht sagen
Grüße