Mit Gott gegen Darwin

Kreationismus – "Fundament unserer Gesellschaft bedroht"

Nicht nur in den USA gewinnen Kreationisten an Einfluss in den Schulen. Auch in Deutschland wird die Evolutionstheorie zunehmend von religiösen Fundamentalisten angegriffen. Der Biologe Dittmar Graf sieht darin eine Gefahr für die Gesellschaft. 

Laut dem Evolutionsbiologen und Biologiedidaktiker Dittmar Graf gibt es allen Grund zur Sorge, wenn es um die gesellschaftliche Akzeptanz der Evolutionstheorie geht. Denn durch einen steigenden Einfluss von Kreationisten bestehe die Gefahr einer wachsenden Wissenschaftsfeindlichkeit – und das bereits bei Kindern. So werde schon Grundschülern beigebracht, dass wissenschaftliche Erkenntnisse nicht ernst genommen werden müssten. "Damit ist das Fundament unserer Gesellschaft bedroht", erklärt Graf in einem Bericht der WAZ.

Dittmar Graf hat dabei insbesondere die rund 1100 Bekenntnisschulen in freikirchlicher Trägerschaft im Blick. Zwar werde auch dort auf die Evolutionstheorie eingegangen, zugleich aber würden "Glaube und Wissenschaft vermengt und der vorgeschriebene Lehrplan unterwandert", so Graf, der deswegen eine größere Achtsamkeit der Schulbehörden fordert. 

Fehlende Akzeptanz auch bei künftigen Lehrern 

Schon länger warnt Graf vor einer Ablehnung der Evolutionstheorie im Bildungsbereich. Bei einer von ihm geleiteten Studie aus dem Jahr 2008 wurden rund 1.200 Lehramts-Studierende in Dortmund, Siegen und Hildesheim befragt. Davon lehnten etwa 15 Prozent die Evolutionstheorie ab. Selbst bei angehenden Biologielehrern lag der Anteil noch bei 7 Prozent.

Die fehlende Akzeptanz der Evolution sieht Graf kritisch: "Lehramtsstudierenden kommt in ihrer zukünftigen Tätigkeit als Lehrerinnen und Lehrer die Verantwortung zu, die nachkommende Kindergeneration mit zu erziehen und ihnen eine wissenschaftsorientierte Bildung angedeihen zu lassen. Dazu gehört auch ein angemessenes auf den Erkenntnissen der Evolutionsbiologie fußendes Selbst- und Menschenbild. Dass eine solche Bildung gelingen kann, wenn Lehrkräfte selbst Probleme mit der Akzeptanz der Evolution haben, ist schwer vorstellbar."


Zur Person: Von 1992 bis 2001 war Dittmar Graf Studienrat im Hochschuldienst am Institut für Biologiedidaktik der Universität Gießen. 2001 wurde Graf auf den Lehrstuhl für Biologie und ihre Didaktik an der Universität Dortmund berufen. Dort blieb er bis 2012. Von 2007 bis 2009 war er Vorstandsmitglied der Fachsektion Didaktik der Biologie im VBIO. Seit 2008 ist er Mitglied im Wissenschaftsrat der Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften (GWUP). 2012 folgte er einem Ruf an die Justus-Liebig-Universität Gießen und ist seitdem Inhaber des dortigen Lehrstuhls für Biologiedidaktik. Sein besonderes Interesse gilt evolutionsdidaktischen Fragestellung. Er ist beteiligt an dem Projekt "Evokids".