Abtreibungsgegner Annen zu Geldstrafe wegen Beleidigung verurteilt

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Rund 60 Menschen demonstrierten in Weinheim im Vorfeld der Verhandlung dagegen, dass das Gericht den Vorwurf der Volksverhetzung nicht aufgegriffen hatte.
Rund 60 Menschen demonstrierten in Weinheim

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Auch Kristina Hänel beteiligte sich an der Kundgebung (Mitte)
Auch Kristina Hänel beteiligte sich an der Kundgebung

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Rund 60 Menschen demonstrierten in Weinheim. Auch Kristina Hänel beteiligte sich an der Kundgebung (Dritte von rechts).
"'Babycaust' ist Volksverhetzung"

Klaus Günter Annen, Betreiber der Website "babykaust.de", stand gestern vor dem Amtsgericht Weinheim. Er muss nun eine Geldstrafe in Höhe von 1.200 Euro bezahlen. Der Tatvorwurf der Volksverhetzung wurde nicht verhandelt. Dagegen richtete sich eine Protestaktion im Vorfeld des Prozesses.

Der bekannte radikale Abtreibungsgegner Klaus Günter Annen bezeichnet Ärztinnnen und Ärzte, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen, öffentlich als (Massen-)mörder:innen. Das Institut für Weltanschauungsrecht (ifw), die Allgemeinmedizinerin Kristina Hänel, die durch ihren Kampf gegen das sogenannte "Werbeverbot" für Abtreibungen gemäß Paragraph 219a bekannt wurde, und eine weitere Ärztin hatten ihn deshalb angezeigt. Gestern fand die Verhandlung statt (der hpd berichtete), Kristina Hänel war als Zeugin geladen.

Annen erschien ohne Schutzmaske (laut SWR sei er durch ein ärztliches Attest von der Maskenpflicht ausgenommen) und Anwalt vor Gericht. Die Verhandlung begann um 12:45 Uhr, zu der neben Pressevertreter:innen nur wenige Besucher:innen im Gerichtssaal zugelassen waren. Die Rechtsgüterabwägung fiel zugunsten des Persönlichkeitsrechts gegenüber der Meinungsfreiheit aus und das Amtsgericht verurteilte den Selbstbestimmungsgegner zu einem Bußgeld von 1.200 Euro wegen des Tatbestands der Beleidigung (das Urteil ist jedoch noch nicht rechtskräftig).

Hänel äußerte sich gegenüber dem hpd positiv in Bezug auf die Verhandlung: "Sie war bewegend, weil ich mir seit vielen Jahren diesen Vorwurf anhören muss und seit vielen Jahren verfolgt werde, speziell von Klaus Günter Annen. Es war eine Situation, wo sich der Staat entscheidet und Ärztinnen und Ärzte schützt; uns schützt vor Menschen, die uns diffamieren und angreifen und unser Leben in Gefahr bringen. Ich wünsche mir, dass das Thema Volksverhetzung beziehungsweise Holocaustverharmlosung noch strafrechtlich in künftigen Verfahren aufgegriffen wird."

Die zuständige Staatsanwaltschaft Mannheim hatte sich auf den Tatvorwurf der Beleidigung beschränkt und den der Volksverhetzung durch Holocaustverharmlosung nicht angenommen. Begründet wurde dies laut Legal Tribune Online damit, dass "Annen versuche, mit seinen provozierenden Holocaust-Vergleichen vor allem Öffentlichkeit für seine Abtreibungskritik zu bekommen. Es finde keine Bagatellisierung des Holocausts in quantitativer oder qualitativer Hinsicht statt." Gegen diese Beurteilung richtete sich eine Protestkundgebung am Vormittag vor Prozessbeginn am Mahnmal für die Opfer von Gewalt, Krieg und Verfolgung in Weinheim.

Kundgebung: Volksverhetzung ist nicht hinnehmbar

Kristina Hänel erfuhr dort große Solidarität. Nach Schätzung der Veranstalter waren circa 60 Personen vor Ort, darunter Gruppen aus Heidelberg, Mannheim und Karlsruhe. Auch einzelne Bürgerinnen und Bürger aus Weinheim und der Umgebung waren gekommen, um zu zeigen, dass der Vergleich des Holocaust mit Schwangerschaftsabbrüchen für sie eine Grenze überschreitet und daher nicht hingenommen werden kann.

Michael Schmidt-Salomon, Vorstandssprecher der Giordano-Bruno-Stiftung (gbs), nannte die von Annen betriebene Webseite in einem zu Beginn abgespielten Statement "Volksverhetzung in Reinkultur". In Heidelberg hatte das Feministische Bündnis kräftig mobilisiert. Eine Vertreterin kritisierte den Angeklagten scharf wegen seiner Relativierung des Holocaust. Die gbs Rhein-Neckar erschien mit Vertretern aus Mannheim und Umgebung, auch pro familia-Mitarbeiterinnen aus Mannheim waren anwesend. Aus Frankfurt war Eva Berendsen von der Bildungsstätte Anne Frank angereist und warnte in ihrer Rede deutlich vor den Gefahren, die von dem unsäglichen Vergleich von Schwangerschaftsabbrüchen mit den Verbrechen der Shoa ausgingen.

Die Rednerin der Omas gegen Rechts aus Heidelberg sprach von ihrem eigenen Schwangerschaftsabbruch als junge Frau, wie sie dazu nach Gießen fuhr und dort von einer Ärztin sehr empathisch angenommen und kompetent behandelt wurde – sie sei Kristina Hänel noch heute dafür dankbar und gehe für sie "durchs Feuer", sagte sie in ihrer emotionalen und sehr persönlichen Rede. Martin Kessel war einige Jahre für den Vertrieb von Mifegyne, einem Mittel für den medikamentösen Schwangerschaftsabbruch, zuständig und wird seit Jahren von Klaus Günter Annen beschimpft und bedroht. Zum Schluss sprach Christiane von Rauch als Vertreterin von Doctors for Choice Kristina Hänel ihren großen Dank aus für deren unermüdlichen Einsatz für die Entkriminalisierung des Schwangerschaftsabbruchs gegen den heftigen Widerstand der Anti-Choice-Bewegung.

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