Die ehemalige Bundesvorsitzende von pro familia, Gisela Notz, hielt am 7. Dezember in Berlin eine Rede anlässlich der Demonstration für die Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen. Darin verwies sie auf die lange Geschichte des Kampfes der Frauen.
Bei einem medikamentösen Schwangerschaftsabbruch werden Präparate eingenommen, die dafür sorgen, dass das Schwangerschaftsgewebe abblutet. Dieser Vorgang kann in einer Praxis geschehen, aber auch zu Hause und telemedizinisch begleitet durchgeführt werden. Die Medikamente werden per Post verschickt, sobald alle Voraussetzungen erfüllt sind. Mit der Mehrheit von CSU und Freien Wählern wurde dies am 10. Dezember in Bayern verboten.
Auf den letzten Metern will die rot-grüne Minderheitsregierung nach dem Ampel-Aus noch den Schwangerschaftsabbruch legalisieren. Man fürchtet eine taktische Verzögerung durch den Rechtsausschuss. An ihn und die Fraktionsvorsitzenden der demokratischen Parteien des Deutschen Bundestages wendet sich das Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung mit einem "Eil-Appell".
Am Samstag fanden in Berlin und in Karlsruhe Demonstrationen für die Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen und der damit einhergehenden Entkriminalisierung von Abtreibungen statt. Nach Angaben der Veranstalter waren etwa 7.000 Menschen auf den Straßen.
Nach dem Aus für die Ampel-Regierung und der für Februar erwarteten Neuwahl schließt sich schon sehr bald das Zeitfenster für eine Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs. Entsprechend heftig und emotional wurde gestern im Bundestag darüber diskutiert, ob es jetzt noch zu einer Neuregelung des aktuellen Paragrafen 218 kommen soll. 328 Abgeordnete unterschiedlicher Fraktionen im Bundestag wollen eben dies erreichen, bevor neue Mehrheiten nach der nächsten Bundestagswahl das Ziel womöglich in weite Ferne rücken lassen.
Nicht weniger als 73 Verbände haben sich gestern mit einem gemeinsamen Brief an die Abgeordneten des Deutschen Bundestages gewandt. Sie fordern die Parlamentarier:innen darin auf, für den jüngst eingebrachten Gesetzentwurf zur Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs abzustimmen. Die erste Lesung des Entwurfs soll in der kommenden Woche stattfinden.
Durch den Bruch der Ampelkoalition ist es fraglich, ob es tatsächlich zur Entkriminalisierung des Schwangerschaftsabbruchs kommt, die nach 30 Jahren Debattenstillstand möglich erschien. Davon lassen sich die rund 100 Organisationen jedoch nicht entmutigen, die für den 7. Dezember zu Großdemos aufgerufen haben. Gestützt wird ihr Anliegen durch Bundestagsabgeordnete, die den Schwangerschaftsabbruch doch noch bis zur nächsten Bundestagswahl legalisieren wollen.
Trotz des Scheiterns der Ampelkoalition in der vorletzten Woche könnte nun noch ein wichtiges Gesetzesvorhaben der Fortschrittskoalition umgesetzt werden: Die Legalisierung des Schwangerschaftsabbruchs. Auch wenn der nun eingebrachte Gesetzentwurf hinter den Erwartungen zurückbleibt, würde er zumindest die Kriminalisierung von Schwangeren beenden.
Am Mittwochabend luden der Humanistische Verband Deutschlands (HVD) und die Humanistische Akademie zu einer Veranstaltung in das "Haus des Humanismus" ein. Es ging um Schwangerschaftsabbrüche, Frauenrechte und die aktuelle Entwicklung in der Politik.
Gleichzeitig mit der Präsidentschaftswahl wurde in einigen US-Staaten über Abtreibung abgestimmt. In sieben Bundesstaaten sprachen sich die Wähler dafür aus, das Recht auf Schwangerschaftsabbruch in die Verfassung aufzunehmen. Juristen befürchten jedoch, dass die Trump-Regierung durch neue Regelungen auf Bundesebene den Zugang zu Abtreibung für ungewollt Schwangere erschweren wird.
Was hat die mittlerweile geschiedene Ampelkoalition an einer konsensfähigen Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs scheitern lassen? Die drei Rechtsprofessorinnen Friederike Wapler, Maria Wersig und Liane Wörner hatten im Oktober einen konkreten Entwurf dazu vorgelegt. Die Politik schweigt. Im Rahmen einer Veranstaltungsreihe ist eine Sondierungsrunde unter anderem mit Carmen Wegge, Co-Bundessprecherin des SPD-Arbeitskreises "Säkularität und Humanismus", am 13. November in Berlin geplant. Weitere Termine zum Austausch folgen.
In dem Moment, in dem dieser Artikel erscheint, öffnen in den USA die ersten Wahllokale. Das Thema Abtreibung spielt eine bedeutende Rolle bei dieser Präsidentschaftswahl. Nicht nur, weil sich Herausforderin Kamala Harris für das landesweite Recht auf Schwangerschaftsabbruch einsetzt. In einigen Bundesstaaten wird zudem über Regelungen abgestimmt, die den Zugang zu Abtreibungen vor Ort erschweren. Solche Gesetze können verheerende Folgen haben: Nachdem der Oberste Gerichtshof 2022 das grundsätzliche Recht auf Schwangerschaftsabbruch in den USA ausgehebelt hat, ist die Säuglingssterblichkeit sprunghaft angestiegen.
Es ist ein historischer Schritt: Ein breiter Zusammenschluss aus zivilgesellschaftlichen Organisationen ist der Bundesregierung zuvorgekommen und hat ein halbes Jahr nach Vorstellung der Empfehlungen der von ihr eingesetzten Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin einen Gesetzentwurf vorgelegt, der zeigt, wie Abtreibungen außerhalb des Strafrechts geregelt werden können. Ausgearbeitet haben ihn drei ehemalige Mitglieder der Kommission. Der Gesetzentwurf wird auch von säkularen Verbänden unterstützt.
Polen hat – trotz gegenteiliger Versprechungen der neuen Regierung – noch immer eines der rigidesten Abtreibungsgesetze Europas. Seit 1993 fahren Frauen, die eine ungewollte Schwangerschaft beenden wollen, auch nach Deutschland, um sich ärztliche Hilfe zu holen. Das könnte durch die aktuelle Entwicklung jetzt gefährdet werden.
Frauen in England und Wales können ab dem 31. Oktober Abtreibungskliniken besuchen, ohne bepöbelt, belehrt oder anders belästigt zu werden. Die Regierung hat Abtreibungsgegnern auch verboten, Flugblätter zu verteilen oder die Mitarbeiter der Kliniken zu drangsalieren. Während einige Länder wie Frankreich, Neuseeland oder Kanada Abtreibungsgegner mit Schutzzonen von den Kliniken fernhalten, hat der deutsche Bundesrat endlich für das Verbot von "Gehsteigbelästigungen" gestimmt.