Ralph Giordano ist tot

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Ralph Giordano
Ralph Giordano

BERLIN. (hpd) Es ist noch nicht einmal einen Monat her, dass der Schriftsteller und Publizist Dr. Ralph Giordano mit dem diesjährigen Arthur-Koestler-Preis ausgezeichnet wurde. Schon zur Preisverleihung konnte er nicht nach Berlin kommen, da seine Gesundheit dies nicht zuließ. Heute ist er nach langer Krankheit verstorben.

Leider bestätigte sich heute der Bericht des Kölner “Express”, nach dem der 91-Jährige in der vergangenen Nacht in einem Krankenhaus in Köln an den Folgen eines Oberschenkelhalsbruchs, den er sich vor einigen Wochen bei einem Sturz zugezogen hatte, gestorben ist.

Als Publizist trat Ralph Giordano immer wieder für Minderheiten ein und engagierte sich öffentlich, indem er Unterdrückung, rechtsextremes Gedankengut und die Verletzung von Menschenrechten anprangerte. Er wirkte aktiv an der ersten Kritischen Islamkonferenz mit und unterstützte die Kampagne “Mein Ende gehört mir!”.

Für sein Engagement wurde er mit zahlreichen Auszeichnungen geehrt - darunter auch das Bundesverdienstkreuz, der Leo-Baeck-Preis des Zentralrats der Juden und mehrere Grimme-Preise für seine mediale Arbeit. Zuletzt erhielt er den Arthur-Koestler-Preis der Deutschen Gesellschaft für humanes Sterben (DGHS). Die Dankesrede - darum bat er - soll als sein politisches Testament gelten. “Ich war dem Tode nicht nur einmal nahe. Doch wer seine Nähe gespürt hat, der kann gleichzeitig noch etwas anders beglaubigen: die Erkenntnis, dass es nichts Kostbareres, nichts Großartigeres, nichts Schützenswürdigeres gibt als das Leben.”

“Er schrieb 23 Bücher, von denen viele Bestseller wurden, auch im Ausland. Zu seinen Hauptwerken gehören die autobiografische Familiensaga ‘Die Bertinis’, ‘Die zweite Schuld oder von der Last ein Deutscher zu sein’ und ‘Wenn Hitler den Krieg gewonnen hätte’” würdigt ihn die Süddeutsche.

Er entging als Sohn einer Jüdin selbst nur knapp dem Holocaust. “Es ist eine Lebensphase, die alles geprägt hat, was ich danach getan habe.” Sein eigenes Leben hätte ihm immer als Maßstab genügt, um gegen die Ungerechtigkeiten in der Welt, gegen Rassismus und Rechtsextremismus seine Stimme zu erheben.

Der Spiegel bezeichnet Ralph Giordano als “moralische Instanz” und einen der maßgeblichen öffentlichen Intellektuellen in Deutschland. Seine Mahnung, die deutsche Geschichte nicht zu vergessen, fasst er in seiner oben genannten Rede zusammen: “Wie soll ich ruhig bleiben, wenn fast drei Menschenalter nach dem Untergang Hitlerdeutschlands der Todfeind von gestern (…) in Gestalt einer neuen Generation aufersteht, die nicht als Fremdenfeinde und Antisemiten geboren wurden, wohl aber im Laufe ihres jungen Lebens dazu geworden sind? Und wovor muss ich mich mehr fürchten - vor dem deutschen Rechtsextremismus mit Tentakeln bis in die Mitte der Gesellschaft, oder vor den Defiziten der Staats- und Sicherheitsorgane im Kampf gegen die späten Braunen und ihre Sympathisanten?”

Ralph Giordano ist verstummt. Mag seine Ermahnung gehört werden.