Verbot der Bekenntnisbeschimpfung aufheben

Die Rechtswissenschaftlerin Prof. Dr. Tatjana Hörnl sprach in Münster zum Strafrecht in multikulturellen Gesellschaften. Darin erörterte die Juristin der Humboldt-Universität Berlin, ob Verbotsnormen angesichts der wachsenden gesellschaftlichen Vielfalt angepasst, aufgehoben oder verschärft werden müssen.

Prof. Hörnle plädierte einerseits dafür, "über solche Fragen nachzudenken, ohne eine Anpassung an geänderte gesellschaftliche Verhältnisse abzublocken". Andererseits solle die Rechtswissenschaft bei der Entscheidungsfindung "bewusst Distanz gegenüber emotional aufwühlenden Ereignissen wie den jüngsten Anschlägen in Paris halten". Mit den Attentaten in Frankreich sei das Verbot der Bekenntnisbeschimpfung (§ 166 StGB) auch in Deutschland wieder in den öffentliche Blickpunkt gerückt, sagte Prof. Hörnle. Sie befürwortete eine Aufhebung des Verbots, da es dafür "keine überzeugende Rechtfertigung" gebe.

Zugleich fragte die Wissenschaftlerin, ob kulturelle oder religiöse Hintergründe, die für das Handeln eines Straftäters von zentraler Bedeutung waren, bei der Bewertung der Straftat berücksichtigt werden sollten. Sie wandte sich dagegen, solche "cultural defenses" zuzulassen und in die Bewertung der Straftat als Milderungs- oder sogar Rechtfertigungsgrund einzubeziehen. "Diese Hintergründe mindern nicht die Schuld des Täters und sind deshalb auch nicht strafmindernd zu berücksichtigen", so Prof. Hörnle.