BERLIN. (hpd) Wir benutzen das Wort "Menschenrechte" relativ häufig und versuchen damit, unsere Sicht auf die Welt zu begründen. Doch was genau ist unter dem Begriff zu verstehen und wie hat er sich entwickelt? Herbert Nebel versucht in der heute beginnenden dreiteiligen Serie die Fragen zu beantworten. Im ersten Teil schaut er auf die Geschichte zurück.
Menschen haben die Fähigkeit, über ihr eigenes Dasein und über ihre Umwelt nachzudenken, Ungerechtigkeiten zu empfinden, Gefahren zu vermeiden, Verantwortung zu übernehmen, Zusammenarbeit anzustreben und moralisches Empfinden, das ethischen Grundsätzen folgt, zu zeigen. Sie haben das Bewusstsein, dass die kulturelle Vielfalt als Quelle von Austausch, Innovation und Kreativität sinnvoll und notwendig ist, jedoch eine Berufung auf diese Vielfalt nicht auf Kosten der Menschenrechte und Grundfreiheiten erfolgen darf. Die Stellung der Frau ist häufig ein Gradmesser für die Bewertung der sozialen Verhältnisse einer Gesellschaft.
Das Zusammenleben in einer Gemeinschaft erfordert eine gemeinsame Basis an Grundwerten. Das Internet, die Globalisierung und Migrationsströme in unvorstellbarem Ausmaß ließen unsere Welt zu einem Dorf schrumpfen. Demzufolge brauchen wir einen Grundkonsens über Werte und Normen, der unabhängig von Kultur, Religion oder Nationalität gilt. Für unsere globale Gesellschaft ist ein solcher gemeinsamer Wertekanon durch die Menschenrechte definiert, die – in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen – als Bezugspunkt die Menschenwürde haben. Die Menschenrechte sind zum einzig universell anerkannten Wertesystem der Gegenwart aufgestiegen.
Die "Menschenwürde" geht von der Gleichheit aller Menschen aus, billigt ihnen Rechte zu aber verlangt auch, dass grundlegende Rechte anderer zu beachten sind. Konstitutiv für die Menschenwürde als oberstem Prinzip ist seine allgemeine Verbindlichkeit. Sie kann nicht zu- oder aberkannt werden, sie steht jedem Menschen zu und muss geachtet werden.
Hunderte Millionen von Menschen sind weltweit von einem selbstbestimmten Leben in Würde ausgeschlossen. Hunger, keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser, leben ohne sanitäre Anlagen, ohne Zugang zu Gesundheits- und Bildungssystemen, Obdachlosigkeit, ohne Arbeit oder Arbeit unter ausbeuterischen Lebensbedingungen ist für diese Menschen die Lebenswirklichkeit.
Ist die Menschenwürde in eine "Werte-Nische" abgeschoben worden weil sie durch einen inflationären und unpräzisen Gebrauch zu einer Trivialisierung der Menschenrechts-Idee geführt hat? Diese Frage muss beantwortet werden, denn es gilt, die offene, auf Menschenrechte für alle basierte Gesellschaft im Innern zu erkämpfen und zu verteidigen, um auch nach außen als glaubwürdiger Fürsprecher der universellen Menschenrechte auftreten zu können. Menschenrechte müssen immer wieder bekräftigt und verkündet werden, denn die Kenntnis der Menschenrechte ist Voraussetzung dafür, dass Menschen sie einfordern.
Der lange Kampf für Menschenrechte – ein Blick zurück
Die Gesellschaft in der Antike beruhte auf Ungleichheit. Griechische und römische Philosophen stellten jedoch Überlegungen an, aus denen später die modernen Menschenrechte entwickelt wurden. Die "alten Griechen" hatten eine "Idee des Menschen". Für sie war der Mensch das Maß aller Dinge und alle Menschen seien bereits durch ihr Menschsein gleich. Und mit der Existenz eines universellen, über alle Ländergrenzen hinweg gültigen Menschenrechts mit gleichen Rechtsansprüchen für alle Bewohner knüpfte das römische Recht an diese griechischen Ideen an.
Menschenrechtsabkommen der UN:
- Allgemeine Erklärung der Menschenrechte
- UN-Antifolter-konvention
- UN-Behindertenrechts-konvention
- UN-Frauenrechtskonvention
- UN-Kinderrechtskonvention
- UN-Konvention gegen Verschwindenlassen
- UN-Rassendiskriminierungs-konvention
- UN-Sozialpakt
- UN-Völkermordkonvention
- UN-Wanderarbeiter-konvention
- UN-Zivilpakt
- Europäische Grundrechte-Charta
- Europäische Menschenrechts-konvention
- Europäische Sozialcharta
- Rahmenüberein-kommen zum Schutz nationaler Minderheiten
Im christlichen Mittelalter klafften philosophische Theorien und politische Praxis immer noch weit auseinander. Jedoch führte der Gedanke, dass jeder Menschen ein Abbild Gottes sei und alle Menschen über alle Staatsgrenzen hinweg ein Menschenreich bilden hin zur Erkenntnis eines Völkerrechts und zu einer Universalität des Menschenrechts. Im Mittelpunkt stand nicht mehr der Glaube an Gott, sondern der Mensch als solcher. Diese Fokussierung des Blicks auf den Menschen und die Betonung der Vernunft des Menschen legte den Grundstein für die späteren Gedanken der Aufklärung und die von ihr angestoßenen Umwälzungen.
Humanismus und Aufklärung gelten heute als Wiege der Grund- und Menschenrechte – und damit auch der Gleichheit als verfassungsrechtliches Prinzip. Humanismus wird verstanden als demokratische und aufklärerische Kulturbewegung, deren Grundsätze sich in den Menschenrechten spiegeln und die in Italien während der Epoche der Renaissance ihren Ausgang nahm. Die Aufklärung definiert die wichtigsten Merkmale der Menschenrechte, etwa ihre Unveräußerlichkeit. Sie betonte die Vernunft des Menschen und stellt der religiös verankerten Jenseitigkeit des Menschen seine Diesseitigkeit entgegen. Zum Wesen der Aufklärung zählt die Berufung auf die Vernunft als universelle Urteilsinstanz, der Kampf gegen Vorurteile, die Hinwendung zu den Naturwissenschaften, das Plädoyer für Toleranz in Religionsfragen sowie die Orientierung am Naturrecht. Die Menschenwürde ist ein Bestandteil dieses Naturzustandes und der Staat hat die Aufgabe, die Naturrechte des Menschen zu schützen.
Für Jean-Jacques Rousseau (1712–1778) ist das Menschenrecht auf Freiheit die Basis des Staates. Für Immanuel Kant (1724–1804) ist das Freiheitsrecht das einzige Menschenrecht, von dem sich alle anderen Menschenrechte ableiten lassen. Die Wahrung des Freiheitsrechts werde damit zur Legitimation des Staates. Dieses so verstandene Menschenrecht ist für Kant unteilbar und beansprucht eine universelle Geltung für die Menschheit im Ganzen.
Eine der Erkenntnisse der Aufklärung war, dass Menschenrechte nur dann ihre Wirkung und Geltung entfalten können, wenn sie durch Gesetze und Vereinbarungen institutionell abgesichert sind. Umgesetzt wurde diese Erkenntnis im 17-ten und 18-ten Jahrhundert zunächst in England, Nordamerika und Frankreich. Zum Meilenstein in der Geschichte der Gleichheit wurde dann im Jahre 1776 die amerikanische Unabhängigkeitserklärung.
In Deutschland erfolgte die Proklamation der Grundrechte erst 1848 in der Frankfurter Paulskirche. Der Weg in die Demokratie war noch lang. Dennoch brachte auch diese Erklärung neue Impulse im Denken der Menschen. Erstmals tauchte der Gedanke auf, dass soziale Rechte, wie das Recht auf Arbeit, zu den Menschenrechten zählen. Das öffnete den Weg für den Schutz der Arbeiter und für die Bildung von Gewerkschaften. Heute wird der Gleichheitsbegriff immer umfassender verstanden, zum Beispiel als Herstellung gleicher Rechte von Mann und Frau, als Angleichung der Chancen benachteiligter Gesellschaftsgruppen wie behinderter Menschen oder auch als Chancengleichheit bei der (Aus-)Bildung von Jugendlichen aus bildungsfernen Elternhäusern.
Die Aufklärung war auch Voraussetzung für den ökonomischen Aufstieg Europas und Nordamerikas. Dieser Aufstieg fußte auf der Befreiung des Individuums von der Allmacht der Religion, der Freiheit von Wissenschaft und der Übermacht des Staates. Daraus resultieren auch Forderungen an die bürgerliche Gesellschaft nach sozialen Menschenrechten.
Indem man die universellen Menschenrechte lediglich für eine Kulturerscheinung von regionaler Relevanz und Gültigkeit hält, relativiert man sie und macht sie zu einer beliebigen Ansichtssache. Dieser Kulturrelativismus ist eine Geisteshaltung, die zu einer Gleichgültigkeit mit dem Schicksal anderer Menschen führen kann.
Kulturrelativistisches Denken betont immer die Distanz zwischen den Kulturen, anstatt Nähe und Gemeinsamkeiten wahrzunehmen. Anstatt das Augenmerk auf das Verbindende zwischen Menschen verschiedener Kulturkreise zu lenken, werden Differenzen heraufbeschworen als ob es sich bei Menschen eines anderen Kulturkreises um Wesen von einem anderen Stern handeln würde.
Menschenrechte infolge der nationalsozialistischen Schreckensherrschaft
Die historische Erfahrung systematischer Menschenrechtsverletzungen im Nationalsozialismus und die Zerstörungswucht der ersten Atombomben in Hiroshima und Nagasaki erschütterten die Menschheit derart, dass das dringende Bedürfnis entstand, die Menschen in Zukunft vor derartigem Unrecht zu schützen. Mit diesem Ziel wurden 1945 in New York die Vereinten Nationen als Nachfolgeorganisation des Völkerbundes gegründet. Diese neue Weltgemeinschaft verpflichtete sich in ihrer Charta vom 26. Juni 1945, die Welt vor "der Geißel des Krieges zu bewahren". Sie bekräftigte ihren Glauben an die Würde des Menschen und versprach, bessere Lebensbedingungen für alle Menschen zu fördern.
Kurze Zeit später trat ein Ausschuss von Vertretern der damaligen Mitgliedstaaten zusammen, um einen gemeinsamen Wertekatalog zu erarbeiten. Nach mehr als zweijähriger Arbeit wurde am 10. Dezember 1948 die "Allgemeine Erklärung der Menschenrechte" ohne Gegenstimmen angenommen, und es gab erstmals ein Dokument mit einem umfassenden Katalog von unveräußerlichen Menschenrechten, die für jeden Menschen in jedem Land gelten sollen (Universalität).
Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte enthält eine so weit gehende Sammlung von Rechten, dass deren Verwirklichung nur in einem sehr langwierigen Prozess denkbar ist. Die dort definierten wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte ("Internationaler Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte" der UN) lassen sich nicht sofort verwirklichen, weshalb man nach Pflichten, die unverzüglich umzusetzen und solchen, die schrittweise zu erfüllen sind, unterscheidet. Mit diesem Konzept der "schrittweisen Verwirklichung" wird vor allem den unterschiedlichen finanziellen Möglichkeiten der Staaten Rechnung getragen.
Der Kampf um die Menschenrechte ist zu einer weltweiten Bewegung geworden. Viele Nichtstaatliche Organisationen (NGOs), Gruppen und Bürgerinitiativen erheben mutig ihre Stimme. Durch massive weltweite Proteste und beherzte Handlungen Einzelner konnte schon viel Leid verhindert oder gemildert werden - für politische Gefangene, für rechtlose Frauen, für schutzlose Kinder. Der lange Kampf für Menschenrechte muss in die Gesetzgebungspolitik sowie in die Tagespolitik aller Länder Eingang finden um Realität zu werde. Die Menschen vor willkürlicher Gewalt zu schützen ist ein permanenter Prozess.
Menschenrechte sind Rechte, die allen Menschen allein auf Grund ihres Menschseins zustehen. Menschenrechte sind keine “Bürgerrechte”, sondern stehen jedem Menschen unabhängig von seiner Staatsangehörigkeit zu. Sie gelten für alle Menschen gleichermaßen.
Niemand darf wegen seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Herkunft, seiner religiösen oder politischen Anschauungen, seiner sexuellen Neigungen, etc. benachteiligt oder bevorzugt werden. Darüber hinaus gebietet der Anspruch auf Gleichstellung die Schaffung von Chancengleichheit und somit das Recht auf die dafür erforderlichen sozialen Leistungen.
Menschenrechte gelten überall und für alle Menschen. Die Universalität der Menschenrechte beschreibt einen umfassenden Geltungsanspruch, der durch Erklärungen und Übereinkünfte zu schützen ist um diese Rechte auch international durchzusetzen.
Menschenrechte werden allgemein verstanden als Abwehrrechte des einzelnen Menschen gegen den Staat zum Schutz seiner Person und seiner Freiheitssphäre. Mit diesen Menschenrechten korrespondiert eine Schutzpflicht des Staates, die auch gegenüber Bedrohungen der Menschenrechte durch dritte Personen besteht. Erst im Zusammenspiel mit dieser staatlichen Schutzpflicht kann ein Menschenrecht vollständig verwirklicht werden.
Menschenrechte sind also egalitär begründete, universell gültige, unteilbare und unveräußerliche Rechte.
(wird fortgesetzt)
4 Kommentare
Kommentare
David am Permanenter Link
Interessante Zusammenfassung, vielen Dank.
Eine Sache fehlt mir jedoch, die grade zur Zeit eine Rolle spielen sollte:
"Die Menschenrechte sind zum einzig universell anerkannten Wertesystem der Gegenwart aufgestiegen."
Nein. Mitnichten universell anerkannt. Wie Sie vielleicht wissen, sieht man Menschenrechte im islamisch geprägten Raum doch "ein wenig" anders. Die Kairoer Menschenrechtserklärung zeigt uns hier unmissverständlich, dass eine gewisse Kultur religiösen Ideen mehr Raum einräumt als jenen Ideen, die wir fūr gewöhnlich mit Vernunft, Humanismus und Menschlichkeit verbinden.
Es liegt noch eine weiter steiniger Weg vor uns.
Philo am Permanenter Link
Sehr geehrter Herr Nebel, werte Treue der hpd,
zunächst einmal möchte ich einleitend zum 1. Teil der bislang geschichtlichen Aufarbeitung danken, denn ganz so einfach lassen sich philosophische Entwicklungen der bisherigen Menschheitsgeschichte in ihren überaus vielfältigen und jeweiligen komplexen Ausrichtungen nicht zusammenfassen.
Erschwert wird ein solcher Versuch zumal, möchte man sich selbst von trivialen Neigungen freihalten.
Und genau darauf bin ich stets konzentriert, sobald Texte auftauchen, wie bspw. dieser hier von Ihnen, Herrn Nebel.
Nun, der Grundsatz des "Kategorischen Imerativs" mutet nicht erst seit I. Kant als grundsätzlich vernünftiger und daher richtiger Satz an.
Aber wie Sie, Herr Nebel, gehe auch ich der Frage nach, von welchen Werten bzw. Werttheorien allerorts die Rede ist.
Denn wie viele Werttheorien pflegen sich Menschen in ihren jeweiligen Kulturräumen und welche haben sich weltweit durchsetzen sowie (er)halten können?
Hierzu ein Beispiel:
Was bedeuten uns Sätze im Sinne gut gepflegter Wertevorstellungen, darin es zum Beispiel heißt; "Zeit ist Geld!"?
Ein Satz, der mir viel zu selbstverständlich erscheint, um ihn nicht zu hinterfragen, so eine Gegenprobe dieser These dessen Lächerlichkeit bereits deutlichst offenbart, denn niemand käme auf die Idee zu sagen: "Geld ist Zeit."
Aber genau um jene Menschen, die von derartigen Wertevorstellungen nicht ablassen wollen, oder können, bemühen sich sogenannte Aufklärer, dabei die meisten von ihnen allerdings an sich selbst nicht bemerken, wie oft und extrem sie selber gegen eigenst formulierte Forderungen verstoßen.
Darum an dieser Stelle meine Befürchtungen zu nur schon dieser einen Werttheorie, welche sich in Form des Geldes besonders deutlich ausdrückt:
Unter allen je erdachten Unsinnigkeiten der Menschheitsgeschichte, erwies und erweist sich die Idee des Geldes bis Dato als größtmögliches Instrument im Kampf gegen den sogenannten "Kategorischen Imperativ"!
Denn die Menschheit hat (bis auf - noch! - zu wenige Ausnahmen) offenkundig vergessen, was Geld im Eigentlichen ist, nämlich ein Schulddokument!
Zur Verdeutlichung: Würden alle Geldschulden weltweit beglichen, würde alles Geld auf der Welt verschwinden, was aber nicht zur endgültigen Entschuldung führen würde, zumal mit dem Argument des sogenannten Wachstums die Zins- und Zinseszins-Idee (Expotentielles Wachstum) bemüht wurde, dadurch die weltweite Schuldensumme grundsätzlich größer ist, als die vorhandene Vermögenssumme!
Die Menscheit kann sich daher gar nicht gänzlich entschulden, womit aber auf eine weitere wie schlimmere Folgeerscheinung noch nicht hingewiesen ist, denn; je erfolgreicher einerseits monetaristisch denkende Menschen sind, um so erfolgloser sind zugleich andererseits andere Leute, die danach ärmer werden, daher auch die Regelung der doppelten Buchführung naheliegend wie notwendig wurde.
Die Menschheit hat allein schon wegen dieser einen uralten und angewendeten Werttheorie noch nicht mal den Hauch einer Chance auf Gleichheitsrechte, denn alles Geplänkel um durchaus zugestandene Selbstbestimmungs- wie Freiheitsrechte u.s.w. sind von vorhandenen Geldmengen abhängig gemacht worden.
Frei ist als nur, trotz grundgesetzlicher Zugeständnisse, wer es sich finanziell leisten kann!
Nun ein Wort zu: Wie Werte enstehen!
Von wert ist alles, was nicht im Überfluss vorhanden ist.
Daraus folgt, dass einzig Knappeiten / begrenzte Mengen "Werte" erzeugen.
Knappheiten gibt es aber nicht wirklich, so es unseren Zielsetzungen obliegt, sie zu vermeiden.
Wer also Werte erzeugen möchte, muss daher Mengen begrenzen.
Diese einfache Logik greift auch auf emotionaler Ebene, denn niemand möchte der Gleichgültigkeit zum Opfer fallen.
Was also darf es sein? Werte durch Begrenzungen und daher durch Freiheitsverluste erzeugen, oder Werte durch Überfluss aufheben, weil dann jeder Mensch machen und tun kann, was immer einem in den Sinn kommt?
Und nun möchte ich Sie, Herr Nebel, fragen, in wieweit Ihre Überlegungen von trivialen Neigungen freigehalten sind.
In diesem Sinne, Ihr unbekannter Freund, Philo
Sim am Permanenter Link
@ Philo
"Von wert ist alles, was nicht im Überfluss vorhanden ist.
Daraus folgt, dass einzig Knappeiten / begrenzte Mengen "Werte" erzeugen."
Die Luft zum Atmen ist wertvoll ohne dass man sie dafür begrenzen müsste. Was ist mit Literatur, Filmen, Videospielen, wissenschaftlichen Erkenntnisen an denen man sich erfreuen kann? Nichts davon muss man begrenzen. Deswegen kann ich der Aussage gar nicht zustimmen.
Außerdem ist selbst der logische Schluß der hier suggeriert wird falsch. Wenn man annimmt dass alles was nicht im Überfluss vorhanden ist von Wert sei dann folgt daraus nicht zwingend dass Dinge die im Überfluss vorhanden sind nicht von Wert sein können wie meine Beispiele ja auch zeigen.
Und auch nicht alles was knapp ist ist von wert. In Homöopathika sind kaum oder keine Wirkstoffmoleküle drin, das macht Homöopathie nicht wertvoll ;) Oder eine seltene Krankheit, die ist auch nicht wertvoll.
So wie ich das sehe sind sowohl Prämisse als auch Conclusio nicht richtig. Jedenfalls nach den Maßstäben nach denen ich das Wort "wertvoll" definiere.
Philo am Permanenter Link
Hallo Sim,
Ihre Entgegnungen hinken arg, so es bereits nach ihrem ersten Beispiel keine Rolle spielt, wieviel Luft vorhanden ist, ohne nach dessen Atembarkeit zu fragen, werden darüber hinaus in der Wirklichkeit Rufe nach mehr Gelder zur Erhaltung einer sauberen Luft bzw. Umwelt immer lauter wie fällig!
Und drei mal dürfen Sie raten, wessen Kassen sich mit großen Einnahmen füllen.
Wie also kann es Ihnen passieren, eine dertig offenkundige Realität zu übersehen?
Der selben Logik nach: Was nutzt alles Wasser der Welt, wenn es nicht trinkbar ist?
Aber Vorsicht vor dieser Frage! Denn gewiefte Geschäftsleute wissen diesen Umstand sehr gut für sich zu nutzen, zumal dann wieder einmal naturbedingt die Regel gilt, dass je arger der Durst in den Kehlen weniger gewiefter Leute quält, sie für jeden erhaschbaren Schluck nur zu gern auf alles Gold und Liebe der Welt verzichten.
Und wie gefährlich dürstende Leute werden können, brauche ich sicher nicht zu erklären.
Zum Punkt "Literatur, Filme, Videospiele, Wissenschaften..." möchte ich Sie ebenso fragen: Sind all diese Dinge für alle Menschen landes- wie weltweit frei zugänglich, zumal wir hier das Gleichheitsrecht zum Thema haben?
Dass man nichts davon begrenzen muss, ist wahr - da haben Sie völlig recht!
Sie verkennen aber, dass man ohne Geld und weiteren Hürden an derlei Artikel nicht zu denken braucht, denn noch gilt die Regel: Ohne Moos nix los!
Und was passiert mit nicht verkauften Artikel?
Fragen Sie mal mitunter die Wolfsburger Autobauer - die werden Ihnen eine besonders dramatische Antwort geben.
Sie erinnern mich an den Indianerhäuptling Seattle, denn er meinte, er sei nur ein Wilder und verstände es daher nicht tausend Büffel auf der Prärie zu sehen, die "Weiße" von vorbeifahrenden Zügen aus erschießen und liegen lassen.
Heutige "Weiße" vernichten zwar keine Büffel mehr aus daherfahrenden Zügen, wohl aber schänden sie immernoch Flora und Fauna mit einer unbegreiflichen Selbstverständlichkeit - und all das mit I. Kant und vielen weiteren "Aufklärern" in der Tasche.
Mit Ihrem Homöopathie-Beispiel haben Sie nicht weniger einen Hit gelandet, denn: Soweit wirkungslose Stoffe eignen sich zur Scharlatanerie besonders gut, wie mitunter Jürgen Fliege zur Erhaltung eigener Erfolge zu bestreiten versuchte, denn sein gesegnetes Wasser kann sich nicht jeder Mensch im Land - und weltweit ohnehin nicht! - leisten!
Aber gut, der freie Markt schreibt ja auch keinem "Geistlichen" einen eher unbetuchten Kundenkreis vor - Gleichheitsideale hin oder her.
Wollen Sie mir immer noch nicht glauben, dass weder Politiker, noch Geistliche die Welt regieren, sondern - pathetisch gesagt - der Geist des Geldes (Auch der Geldgott besteht auf Schuldkomplexe!) dahinter steckt?
Zum Punkt seltener Krankheiten muss ich Sie ebenso berichtigen, denn solche verlangen nach besonders aufwändigen wie kostspieligen Aufwendungen.
Somit gilt auch zu diesem Punkt meine Empfehlung, derartige Regungen aus möglichst vielen Perspektiven zu betrachten.
Oder um es noch anders zu sagen, damit sie unseren soziologischen Entwicklungsstand besser begreifen: Wenn ich Ihnen mit einem Stock sämtliche Zähne ausschlage, dazu noch ein paar Knochen breche, können sich Medizinerschaften in Ihrer Nähe freuen, denn die finanzieren sich durch das Leid geschundener Leute.
Muss ich noch deutlicher werden?
Oder haben Sie nun begriffen, warum alles Getue ums Geld ungleich fundamentalistischer gesellschaftsspaltend wütet, als alle Religionen der Welt zusammen?
Ich hoffe nicht und grüsse freundlichst in diesem Sinne,
Philo