Gedenken an ermordete atheistische Blogger

Bangladesch im Visier der Islamisten

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Berlin 2016: Gedenken an die ermordeten atheistischen Blogger aus Bangladesch
Gedenken an die ermordeten atheistischen Blogger aus Bangladesch

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Gedenken an die ermordenden Blogger aus Bangladesch in Berlin
Gedenken an die ermordenden Blogger aus Bangladesch in Berlin

BERLIN. (hpd) Etwa 550 Mio. Muslime leben in den Ländern Indonesien, Indien, Bangladesch und Malaysia. Das ist bisher die friedfertigste muslimische Gemeinschaft der Welt. Bisher ist der süd- und südöstliche Teil Asiens – mit Ausnahme Pakistans – weitgehend von islamistischen Terrorangriffen verschont geblieben. Aber wie lange noch? In Bangladesch wurden allein in diesem Jahr fünf Blogger ermordet, die sich religionskritisch äußerten.

Darauf wiesen am gestrigen Nachmittag in Berlin lebende Bangladeschis hin. Auf dem Pariser Platz hielten sie eine Mahnwache ab, bei der sie unter anderem davor warnten, dass auch dieser Teil des Kontinents vom "Daesh" (IS) ins Visier genommen wird.

"Bangladesch ist das drittgrößte Land mit muslimischer Mehrheit" heißt es in einem verteilten Informationsblatt. "Noch hat sich kein Selbstmordattentäter in Dhaka in die Luft gesprengt. Noch hat kein militanter islamischer Extremist seinen Bombengürtel während eines Massen-Events gezündet und unschuldige Menschen in den Tod gerissen. Noch scheint Dhaka weit entfernt von Beirut und Paris zu sein; aber ist die Stadt oder das Land wirklich sicher vor den Schlachtorgien der religiösen Fanatiker? Nein, das Land ist bereits heimlich von terroristischem Bodennebel umhüllt worden."

Denn bereits 2013 wurde in Bangladesch der bekannte Blogger Ahmed Rajib Haider von Islamisten ermordet. Damals gingen zehntausende Menschen zu Protesten auf die Straße. Radikale Islamisten forderten, "atheistische Blogger" wegen "Gotteslästerung" hinzurichten. Diese bewusste Verdrehung der Tatsachen sei symptomatisch für die "Dschihadisten"; die Protestierenden am Brandenburger Tor nennen das "ein Hinrichtungs-Alibi". Dabei hätten diese Fanatiker weder die Bedeutung des Wortes "Blogger" verstanden noch je einen Artikel von ihnen gelesen. Den Bloggern wurde systematisch unterstellt, "Atheisten" zu sein, um sie als "Feind" bezeichnen zu können.

Gedenken an Bangladesch
Foto: © Frank Nicolai

Meinungs- und Pressefreiheit ist den Islamisten ein Gräuel und daher müssen sie – ihrem Weltbild entsprechend – Menschen diskreditieren, die diese Menschenrechte wahrnehmen. Für die Fundamentalisten sind Autoren und Blogger "schlicht Gotteslästerer und verdienen daher den Tod durch Hinrichtung." Zudem würde es für den Mörder eine Auszeichnung bedeuten, eine Exekution durch Enthauptung durchführen zu können: Sie garantiere einen sicheren Weg in das Paradies.

Dieses Denken vorausgesetzt wundert es wenig, dass seit Februar dieses Jahres fünf Blogger, Schriftsteller und Verleger öffentlich niedergemetzelt wurden. "Einige verwundete Blogger und Verleger liegen noch im Krankenhaus." Die lokalen IS-Ableger bekennen sich zu den Mordanschlägen und drohen zudem öffentlich, weitere nicht strenggläubige Lehrer, Richter, Anwälte, Schriftsteller, Romanciers, Dichter, Journalisten, Schauspieler und andere Intellektuelle hinzurichten. "Es wäre verheerend", heißt es im Informationsblatt, "wenn wir dieses Gehabe nur als Ausdruck exhibitionistischer Selbstsucht abtun würden. Das dies nicht der Fall ist, haben die Dschihadisten in der Vergangenheit leider oft genug untermauert."

In der Geschichte des relativ jungen Landes Bangladesch ist Mord an säkular und fortschrittlich eingestellten Intellektuellen nichts Neues. Nur zwei Tage vor der Gründung des Staates, "haben die einheimischen Kollaborateure der pakistanischen Invasionsarmee mehr als zweihundert namhafte Hochschuldozenten, Schriftsteller und Filmemacher brutal gefoltert und hingerichtet. Zur Erinnerung: bis dahin hieß dieses Land Ost-Pakistan."

Die Protestierenden am Brandenburger Tor warnen: "Wehret den Anfängen. Es hilft wenig, wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen ist. Dann sind wir verdammt uns zu beklagen, unbeholfen zu strampeln und unüberlegt in Aktion zu treten. Die Welt war bereits Zeuge, wie schnell und unkontrolliert ein Flächenbrand entstehen kann."