Nachruf

Anne-Marie Rey: Eine zarte Kämpferin für die Freiheit

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Anne-Marie Rey
Anne-Marie Rey

BERN. (fvs) Mit Anne-Marie Rey verliert die Freidenker-Bewegung eine ihrer engagiertesten Frauen. Zunächst trug sie das Anliegen des straffreien Schwangerschaftsabbruchs in die Vereinigung hinein, bis schliesslich nach jahrzehntelangen Kampf mit der Volksabstimmung von 2002 in der Schweiz die Fristenregelung eingeführt wurde.

Zwar blieb sie diesem Anliegen auch weiterhin verpflichtet, richtete aber nun ihre Energie vermehrt auf das Kernthema der Freidenker: die Trennung von Staat und Kirche/Religion. Auch hier scheute sie keine persönlichen Mühen und Kosten, der Forderung nach einer vollständigen Trennung von Staat und Kirche im Kanton Bern Nachdruck zu verleihen, sei es mit bohrenden Fragen an die Verwaltung, in Leserbriefen oder an Veranstaltungen.

Selbst vor der persönlichen Steuerverweigerung schreckte sie nicht zurück und liess sich auch von einer Niederlage vor dem Bundesgericht 2011 nicht von der Überzeugung abbringen, dass die Abgeltung der Pfarrlöhne im Kanton Bern durch allgemeine Steuermittel abzuschaffen sei. Und die Zeit gab ihr auch hier Recht: Der Kanton Bern bewegt sich in dieser Frage. Den Abschluss der von ihr Anfang 2016 angeregten Studie zur gesamtgesellschaftlichen Relevanz der Dienstleistungen der Landeskirchen im Kanton Bern wird sie nun aber leider nicht mehr erleben.

In einem Artikel über eine Vortragsreihe des amerikanischen Rechtsphilosophen Ronald Dworkin an der Uni Bern schrieb sie in Übereinstimmung mit dem Redner in der Zeitschrift frei denken (1/2012): "Wir haben das unveräusserliche Recht, fundamentale ethische Entscheidungen, die unser Leben bestimmen, in eigener Verantwortung zu treffen. Dazu gehören zum Beispiel Fragen der Sexualität, Homosexualität, Abtreibung und Fragen am Lebensende. Ethische Unabhängigkeit ist der Kern der Menschenwürde."

In dieser freidenkerischen Überzeugung haben wir sie vor einer Woche auch am Welthumanistentag in Bern an einem kritischen Vortrag zu Scharia-Gerichten in England zum letzten Mal als engagierte Zuhörerin erlebt.

Anne-Marie Reys Leben hat deutliche Spuren hinterlassen in unserer Gesellschaft. Engagierte Menschen wie sie braucht es, damit das Projekt Aufklärung weiterentwickelt werden kann.

Uns bleiben die Dankbarkeit und die Erinnerung an diese zarte Kämpferin für die Freiheit. Die Freidenker-Vereinigung verneigt sich vor dem Lebenswerk von Anne-Marie Rey und wird ihre Anliegen weitertragen.