Literatur von und über den US-Präsidentschaftskandidaten Bernie Sanders

"A Political Revolution"

bernie_sanders_august_2015.jpg

Bernie Sanders, August 2015
Bernie Sanders, August 2015

BONN. (hpd) Mit Bernie Sanders will ein bekennender demokratischer Sozialist zum Kandidaten der Demokraten für die Präsidentschaftswahl 2016 nominiert werden. Einen Einblick in seine Auffassungen und Forderungen geben neuere englischsprachige Publikationen.

Betrachtet man die aktuelle Auseinandersetzung um die Frage, wer für die Demokraten der Kandidat für die US-Präsidentschaftswahl 2016 sein soll, so fällt der Blick auf einen ungewöhnlichen Aspiranten: Bernie Sanders, den 74jährigen Senator von Vermont. Er gehört den Demokraten als Mitglied gar nicht an, sondern kandidiert als Unabhängiger. Und Sanders bekennt sich offen dazu, ein "Democratic Socialist" zu sein. Er fordert gar eine "Political Revolution" für die USA. Damit hat Sanders durchaus Erfolg, kommt er doch in den Umfragen auf Platz 2 hinter Hillary Clinton und ist damit der schärfste Konkurrent der ehemaligen US-Außenministerin. Kein anderer Kandidat mobilisiert zu seinen Auftritten so viele Zuhörer. Und eine "Grassroot"-Bewegung von meist jungen Menschen wirbt mit dem Motto "Feel The Bern" engagiert für Sanders Kandidatur und Positionen. Hier stellt sich die Frage: Welche Positionen vertritt er?

Auskunft darüber geben einige englischsprachige Neuerscheinungen von und über Bernie Sanders: Erstmals erregte er landesweit größere Aufmerksamkeit mit einer achteinhalbstündigen (!) Rede, die am 10. Dezember 2010 vor dem US-Senat gehalten wurde. Es ging damals um die Abstimmung über eine Beibehaltung der Steuersenkungen für die Wohlhabende. Sie waren noch unter George W. Bush eingeführt worden und die Obama-Administration hatte hier gegenüber den "Republikanern" viele Zugeständnisse gemacht. Sanders sah darin angesichts eines enormen Defizits in der Staatskasse und dem Niedergang der Mittelschichten eine schlechte Vereinbarung für das Volk. Er nutzte die Rede zu einer grundsätzlichen Kritik, die sich gegen eine Politik zugunsten der Superreichen und zuungunsten der Ärmeren richtete. Darüber hinaus formulierte Sanders auch Ansätze für eine an mehr sozialer Gleichheit orientierten alternativen Steuerpolitik. Nachdem seine Rede in den Medien größere Beachtung fand, erschien eine Buchausgabe mit dem Titel "The Speech. A Historic Filibuster on Corporate Greed and the Decline of Our Middle Class".

Darin finden sich Sanders' Grundpositionen zu den genannten Themen. Wer darüber hinaus über die Auffassungen des Kandidaten näher informiert werden möchte, kann zu dem von Chamois Holschuh herausgegebenen Band "Bernie Sanders in his Own Words. 250 Quotes from America’s Political Revolutionary" greifen. Nach einer Einführung von Robert Reich, dem ehemaligen Arbeitsminister der Clinton-Regierung, listet das Buch eine Fülle von Zitaten zu den unterschiedlichsten Politikfeldern auf. Dadurch entsteht ein informatives Bild von den Auffassungen und Forderungen, die bezogen sind auf den Arbeitsmarkt und die Einkommensverteilung, die Bildungs- und Gesundheitspolitik, die Einwanderungspolitik und Infrastrukturerneuerung, die Internationalen Beziehungen und die Klimaveränderungen. Leider hat Holschuh eher allgemein gehaltene Aussagen gewählt. Bei der Bekämpfung des "Islamischen Staates" will Sanders auch reiche arabische Staaten wie Saudi Arabien in die Pflicht nehmen, dazu findet man in dem Band leider keine näheren Ausführungen.

Und schließlich legt der Jurist John Davis mit "Bernie Sanders for President 2016. A Political Revolution" eine Darstellung zu den Positionen des Kandidaten vor. Darin beklagt der Autor die Korruptheit der Regierung, welche zu immer mehr Ungleichheit geführt habe. Davis erinnert im ersten Teil an die Auffassungen der Gründungsväter der USA, welche zunehmend verraten worden seien. Er nimmt dann vergleichende Betrachtungen der damaligen und der jetzigen politischen Situation vor. Hier vergreift sich der Autor indessen bei den doch etwas ahistorisch anmutenden Gleichsetzungen. Auch die ausgewählten Bilder etwa zur "Sklaverei damals – heute" bezogen auf den Besitz von anderen Menschen und die Abhängigkeit von Visa-Karten verkennen die Dimension des historischen Menschheitsverbrechens. Besser wird es dann im zweiten Teil, wo die relevanten Politikfeldern von der Energiepolitik über Krankenversicherung und die Militärausgaben bis zum Mindestlohn thematisiert werden. Aber hier sind Sanders eigene Aussagen besser und genauer.

Bernie Sanders, The Speech. A Historic Filibuster on Corporate Greed and Decline of Our Middle Class, New York 2011 (Nation Books), 270 S.
Chamois Holschuh (Hrsg.), Bernie Sanders: In his Own Words. 250 Quotes from Amerikca’s Political Revolutionary, New York 2015 (Skyhorse Publishing), 171 S.
Davis, John: Bernie Sanders for President 2016. A Political Revolution, Cranburry 2015 (Old Town Publishing), 245 S.