Haftstrafen für die Journalisten Can Dündar und Erdem Gül

Freiheit auf Türkisch

BERLIN. (hpd) Am Freitag hat ein türkisches Gericht gegen die Journalisten Can Dündar und Erdem Gül von der Zeitung Cumhuriyet lange Haftstrafen erlassen. In einer Prozesspause wurde auf den Chefredakteur der Zeitung, Can Dündar, ein Mordanschlag verübt.

Die "Reporter ohne Grenzen" (ROG) zeigten sich entsetzt über das Urteil. In einer Pressemitteilung wird ROG-Geschäftsführer Christian Mihr mit den Worten zitiert: "Mit diesem skandalösen Urteil hat die türkische Justiz ihre völlige Geringschätzung für die Pressefreiheit unmissverständlich klargemacht. Kritische Journalisten werden in der Türkei jetzt erst recht dreimal überlegen, bevor sie das Risiko politisch unerwünschter Veröffentlichungen eingehen."

Das Gericht in Ankara hat Can Dündar am Freitag zu fünf Jahren und zehn Monaten Haft verurteilt. Sein mitangeklagter Kollege, der Hauptstadtkorrespondent Erdem Gül, wurde zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt. Das Gericht habe die beiden Journalisten der Veröffentlichung geheimer Dokumente für schuldig befunden. Zuvor hatte ein Attentäter in einer Prozesspause mehrere Schüsse auf Dündar abgegeben, den Journalisten aber verfehlt. Verschiedene Medien meldeten, dass ein Fernsehreporter durch einen der Schüsse leicht am Bein verletzt wurde.

Hintergrund des Gerichtsverfahrens war ein Bericht der Cumhuriyet über Waffenlieferungen der Türkei an IS-Extremisten in Syrien aus dem vergangenen Jahr. Nach Angaben des Spiegels hat Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan Anzeige gegen Dündar und Gül erstattet. Bei dem Prozess waren sowohl Erdogan als auch der türkische Geheimdienst MIT als Nebenkläger zugelassen.

Den beiden Journalisten in den Anklagepunkten wurde zudem vorgeworfen, die Regierung stürzen zu wollen und Spionage betrieben zu haben. Diesen Punkten folgte das Gericht nicht. Allerdings müssen sich Dündar und Gül für angebliche Unterstützung einer Terrororganisation verantworten. "Das Gericht gab dem Antrag der Staatsanwaltschaft statt, dass dieser Punkt in einem gesonderten Verfahren abgeurteilt werden soll."

Die Anwälte der Journalisten gaben bereits bekannt, gegen das Urteil Revision einlegen zu wollen.

Das Urteil hatte weltweit Empörung und eine erneute Diskussion über die Pressefreiheit in der Türkei ausgelöst.