Nach der Wahl in den Niederlanden

Der Käse stinkt weiter

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Ein politisches Erdbeben ist bei den Wahlen in den Niederlanden ausgeblieben. Geert Wilders rechtspopulistische Freiheitspartei hat zwar einen Dämpfer erhalten, ihre Politik hat es aber in den Mainstream geschafft. Ist der Vormarsch der Rechtspopulisten im Westen gestoppt?

Nach dem aktuellen Stand der Auszählung zur Abgeordnetenkammer von Den Haag hat die Regierungspartei (VVD) des liberalen Premiers Rutte die Wahl mit 21,2 Prozentpunkten gewonnen; sie verlor allerdings knapp ein Viertel ihrer Mandate. Auf Platz zwei landete die Wilders-Partei, die noch vor einigen Wochen als der sichere Sieger aussah, abgeschlagen mit 13,1 Prozent. Wilders scheiterte vor allem an sich selbst. Seine Partei PVV hat nur ein Mitglied: ihn selbst. Sein Wahlprogramm passt auf eine DIN-A4-Seite und sieht u.a. vor: ein Verbot des Korans, die Schließung aller Moscheen, den Austritt aus der EU sowie einen Förderungsstopp von Windparks, Kunst und Entwicklungshilfe. Auch seine offen gezeigte Bewunderung für den US-Präsidenten ist Wilders letztlich zum Verhängnis geworden. Denn die chaotische Politik von Donald Trump geht vielen seiner Anhänger zu weit – ganz zu schweigen von der Mehrheit der Wechselwähler, die Sympathie für ihn zeigen. Gewählt wurde Wilders allein wegen seiner Anti-Islam- und Anti-Einwanderungspolitik.

Geert Wilders
Geert Wilders, Foto: © Rijksvoorlichtingsdienst, wikimedia, CC BY-SA 2.0

Wilders Misserfolg ist allerdings auch ein Indiz für den Bedeutungsverlust der klassischen Volksparteien. Das Nachkriegs-Parteiensystem ist vollständig in Erosion begriffen. Zu diesjährigen Wahl in den Niederlanden haben sich 80 Parteien beworben, von denen 28 zugelassen wurden, darunter zwei Parteien für ältere Menschen, eine Partei für Tiere und die Migrantenpartei DENK. Diese fordert eine Quote für Migranten bei Vorständen, eine Rassismuspolizei und die Gleichstellung von Koranschulen.

Vorbei ist die goldene Ära der holländischen Sozialdemokratie. Die sozialdemokratische PvdA erhielt marginale 5,7 Prozentpunkte und liegt noch hinter den Grünen mit 9 Prozent. Gründe für den Absturz waren die von den Sozialdemokraten, Juniorpartner in der Koalition mit der konservativ-liberalen VVD, mitgetragenen Politik des Sozialabbaus und verkrustete innerparteiliche Strukturen. Einen Martin-Schulz-Effekt im holländischen Wahltkampf gab es nicht.

Die Niederlande, die immer eine liberale, weltoffene und progressive Gesellschaft waren, sind knapp an einer nationalen Schande vorbei geschrammt. Das ist die gute Nachricht. Die schlechte ist: Wilders hat in aggressiver Weise die niederländische Gesellschaft polarisiert und Christdemokraten und Liberale weiter nach rechts getrieben. Und der Rechtspopulist wird weitermachen. Eine neue Flüchtlingskrise, ein Terroranschlag, Ausländerkriminalität oder einfach Unzufriedenheit mit der Sozial- und Steuerpolitik der Regierenden genügen, um ihn zukünftig salonfähig zu machen.

Für Frauke Petry und ihre AfD ist Wilders Niederlage schmerzhaft. Auch für Marie Le Pen mit ihrer Front National sinken die die Chancen, französische Präsidentin zu werden. Augenscheinlich sind die Rechtpopulisten nicht mehrheitsfähig, weil sie in vielen Gesellschaftsschichten noch nicht verankert sind. Auch dank des Trump-Effekts. Aber sicher scheint auch: Eine verfehlte Integrationspolitik der Regierenden in Europa wird für ihr Erstarken sorgen.