Studie untersucht Risikopräferenz bei armen Menschen

Sozialleistungen verändern Risikobereitschaft

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Menschen, die in Armut leben, kämpfen sich oft von Zahltag zu Zahltag. Wer staatliche Unterstützung wie Sozialhilfe oder Rente bezieht, muss mit knappen Ressourcen haushalten, um bis zur nächsten Auszahlung über die Runden zu kommen. Forschende der Kobe University, des Max-Planck-Instituts für demografische Forschung, der Toyo University sowie der Simon Fraser University haben nun untersucht, wie sich die Risikobereitschaft der Menschen vor und nach dem Zahltag verändert.

Sozialleistungen und Renten werden in regelmäßigen Abständen ausgezahlt. "Entscheidungen, die vor dem Tag der Auszahlung als optimal angesehen wurden, können sich nach dem Zahltag als nicht länger optimal erweisen", erklärt Peter Eibich, affiliierter Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für demografische Forschung. "In unserer Studie haben wir untersucht, wie sich regelmäßige und damit erwartete Zahlungen auf die Risikobereitschaft armer Senioren auswirken." Für die Studie haben die Forscherinnen und Forscher Daten aus den Social Security Payday Cycles der USA, aus der Health and Retirement Study und Daten zu Rentenzahlungen an ältere Menschen in Japan ausgewertet.

Die Auswertung der Befragungen aus der Health and Retirement Study ergab, dass Menschen mit sehr niedrigem Einkommen kurz vor dem Zahltag deutlich risikofreudiger sind als danach. Bei Personen, die nicht auf Sozialleistungen angewiesen sind, ist ein solches Muster nicht erkennbar. Auch die Daten aus Japan bestätigen dieses Ergebnis, obwohl die beiden Länder sehr unterschiedliche Risikopräferenzen aufweisen. In den USA ist die Risikobereitschaft generell höher, während in Japan diesbezüglich eine starke Zurückhaltung herrscht. Während in den USA die Sozialhilfe am 3. des Monats ausgezahlt wird, erhalten die Rentner in Japan ihre Leistungen immer am 15. eines jeden zweiten Monats. Die Ergebnisse zeigen, dass auch die Menschen in Japan vor dem Zahltag deutlich risikofreudiger sind als danach.

Finanzieller Druck erzeugt Stress

"Gegen Ende der Auszahlungsperiode steigt der finanzielle Druck. Das erzeugt Stress. Das subjektive Gefühl, benachteiligt zu sein, erhöht bei ärmeren Menschen die Bereitschaft, Risiken einzugehen in dem Bestreben zu ihrem Vergleichsstandard aufzuschließen. Dies beeinträchtigt ihre Fähigkeit, Entscheidungen zu treffen", erklärt Eibich. Die Ergebnisse der Studie geben Anlass, den Auszahlungsrhythmus zu überdenken. "Die Auszahlung von Renten und Sozialleistungen könnte kürzer getaktet werden. So können Leistungsempfängerinnen und -empfänger ihr knappes Budget besser einteilen. Psychischer Stress wird reduziert", so Eibich.

Die Forschenden betonen jedoch, dass weitere Forschung in diesem Themenfeld notwendig ist. "In vielen Ländern gibt es sehr unterschiedliche Zahlungsintervalle. Es ist zu untersuchen, ob unsere Ergebnisse auch in diesen anderen Umgebungen Bestand haben oder ob sich andere Ergebnisse ergeben", so Eibich abschließend. (mpg)

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