Silvia Kortmann, 1. Regionalsprecherin des IBKA Landesverbandes Berlin-Brandenburg, hatte Mitglieder und Freunde zu dem "beliebten Atheisten-Picknick" eingeladen, das nun im 3. aufeinander folgenden Jahr stattfand.
Ausgesucht dafür war der Boberower Wald, auch Gartendenkmal Forst Boberow genannt. Das ist im Osten unseres Landes, genauer im Landkreis Ostprignitz-Ruppin, im Norden von Brandenburg. Landschaftlich ist dieses die Mecklenburgische Seenplatte und die ist Bestandteil des Naturparks Stechlin-Ruppiner Land. Theodor Fontane oder Kurt Tucholsky zu benennen wären zugkräftigere Impulse gewesen als die geografische Lage zu benennen. Das heute wichtigere ist der Wald, der Boberower Wald und der mündet mit einem Blick über den Rheinsberger See auf das Schloß Rheinsberg. Prinz Heinrich von Preussen, Bruder von "Friedrich dem Grossen", hatte dieses Ensemble und Terrain anlegen lassen und fast 50 Jahre von 1753 bis 1802 bewohnt. "… und das, um den Herrschaften, die des höfischen Lebens in Sanssouci überdrüssig waren, eine Alternative verschaffte", so begrüsste Silvia Kortmann, die säkularen Freunde.
Der Treffpunkt war also erreicht. Zuvor waren Asphaltstrassen breiten Sandwegen gewichen, leichter Wind und Sonne geblieben. Im Hier und Jetzt angekommen bedeutet auch, Gast des Landesbetriebs Forst Brandenburg, Oberförsterei Neuruppin zu sein. Das ist ein Wirtschaftsbetrieb, dessen Erhalt ebenso von der unternehmerischen Führung abhängig ist, wie von der Anlage, Gestaltung und Pflege, dem Bestand an Holz, dem Grün, den Tieren des Waldes und die Seen. Auf der Forstkarte ist das Unternehmensgebiet in grüner Farbe dargestellt, auch die dazugehörenden Seen sind nicht blau sondern Forst grün.
Das Atheisten-Trüppchen, das jetzt im August ohne auswärtige Sommerreise geblieben und hier zusammengekommen ist, begrüssen Sonnenreflexionen auf dem Wasser, Seerosenblättern, glänzendes Licht und dunkler Schatten. Keinesfalls ist es die impressionistische Pracht eines Claude Monets aber ebensolche Klarheit.
Der Boberower Wald ruft Gäste, Liebhaber des Waldes und der Seen und jedes brandenburgische Schulkind einer 5. Klasse. Für sie ist es obligatorisch, einen Tag ihrer Schulzeit hier in diesem Wald zu verbringen. Primär geht es dabei um Spaß, Inspiration zum Wald zu finden und ganz "nebenbei" ist eine Lerneinheit absolviert. Z. B. mit verbundenen Augen über die Rinde einen Baum zu ertasten und zu benennen.
Grösste Freude, so erzählt der Förster, bereitet den Schülern die Nähe zu den Waldameinsen, die altruistisch zum Wohle ihrer Königin und der Fortpflanzung wirken.
Der erfahrene Mann des Waldes berichtet von notwendig gewordenen Verlegung der Ameisen-Nestern, die in drei Schichten umgesiedelt werden, deren klugen Prinzipien von Lüftung und Kühlung und hat keinen Arg, sich zur Freude der Kinder direkt auf ein Nest zu setzen.
Auch wir, die atheistischen Gäste starten einen Test. Unter försterlicher Aufsicht atmen wir tief ein, die zwischen den Fingern geriebenen "Nadeln", zu erfassen und sie einem Baum zuzuordnen, ihn zu erkennen und niemals zu vergessen. Der würzige und starke Duft löst spontan die Assoziation zur Tanne oder Kiefer aus. Das war nicht richtig. Es ist die Douglasie. Rundum sind Douglasien. Die Zweige wiegen sich im Wind, kommen uns bis auf Schulterhöhe entgegen. Aus Nordamerika von David Douglas nach England gebracht, wachsen die Douglasien hoch hinaus, häufig zu einer Höhe von mehr als 60 Metern erreichen sie ein Alter von rund 100 Jahren. Die Douglasien sind seither in allen europäischen Wäldern, Parks und Gärten zu finden. Förderlich ist ein nährstoffreicher Boden wie im Boberower Wald. Ein weiteres positives Zeichen für die Beschaffenheit des Bodens, des Untergrundes und der Luftschadstoffe sind die wild wachsenden sogenannten Zeigerpflanzen. Der Boberower Wald ist ein Laub- und Mischwald, er verjüngt sich indem der Natur freier Lauf gelassen wird durch vorhandene Samenbäume und zusätzliche Pflanzungen von jungen Bäumen. Ein Dokument ist im Wald aufgestellt. 2.500 standortheimische Buchen, so ist zu lesen, haben die Führungskräfte der DB Service GmbH im Jahr 2013 dort gepflanzt, gleichzeitig 400 Meter Zaun zum Schutz vor Wildschäden errichtet und eine Bank gestiftet.
Die Wege im Wald ändern sich. und sind an manchen Stellen bedeckt mit Pflanzen, unverkennbar ist, auch Wildschweine sind hier gelaufen.
Fünf Stunden im Wald, mal gemächlichen Schrittes nebeneinander, mal eng gedrängt um jedes Wort des Försters mitzubekommen, da wird auch einmal ein Märchen erzählt., zum Beispiel das von der schönen Königstochter, die von zwei Männern geliebt und von diesen dazu gedrängt wird, sich für einen der beiden zu entscheiden. Gold, Silber und Reichtum bietet der eine, er andere scheint nichts zu haben außer seiner Liebe. Die Aussichtslosigkeit und Verzweifelung des drohenden Verlustes vor Augen kletterte der Mann in die Krone des Baumes der ihrer Liebe zuvor Schutz gegeben hatte und teilte mit den Blättern seine Gedanken. Zum verabredeten Zeitpunkt der Entscheidung gab es von dem Verzweifelten kein Zeichen, keine Spur. Die Schätze des reichen Mannes jedoch standen vor den Füssen der schönen Frau. Sie lief und wusste den Geliebten zu finden, der die Nacht vor der Entscheidung in der Baumkrone. verbracht und nun dort schlief. Sie zögerte, etwas hatte sich verändert. Jedes Blatt hatte die Form eines Herzens angenommen und so ist es geblieben. Und natürlich ist im Boberower Wald diese Art des Laubbaums reichlich zu finden. Es sind die Sommer- und die Winterlinden mit ihren herzförmigen Blättern. 2016 wurde die Winterlinde zum Baum des Jahres gewählt.
Ein kurzer Blick zurück in die Natur, zu den Bäumen, ihren Blättern und Nadeln:
Blätter haben alle eine dunkle Oberseite, die Blattrückseite ist heller. Bei den Nadelbäumen wird jede einzelne Nadel mit Sauerstoff versorgt, dieses sind die hellen Linien rechts und links auf der Nadel-Rückseite.
Zurück zum Anfang: Der Boberower Wald zeigt sich am Tag des Besuches still und dunkel, die Bäume ragen hoch. Findet die Sonne Platz, so erstrahlt jetzt im August das Grün der Büsche, Laubbäume, des Wildwuches, der Gräsern und Hecken klar und deutlich. Dazu tragen die Wasserflächen der Seen einen faszinierenden Teil bei. Schmale Wege führen in breite und freigehaltene Alleen. Aus diesem Terrain eröffnet sich bewusst angelegt ein Blick hinweg über den See auf das Rheinsberger Schloss oder wenige Fußminuten später drängen sich leuchtend, eigentlich eher befremdlich, frisch renovierte Insignien damaliger Zeit in die eigenen stillen Gedanken. Es ist der Obelisk mit zackiger Einfriedung, der mit seinem Blattgold belegten Zaun wachsoldatischen Prunk der Zeit von Friedrich dem Grossen und seinem Bruder Prinz Heinrich präsentiert. Neben dem Wald ist am Rande des Rheinsberger Seen die preussisch-königliche Gartenanlage des Schlosses, mit einem Heckentheater, einem kleinen und feinen Haus der Freundschaft und einer perspektivisch angelegten Allee der Bäume, die noch mehr Größe und Tiefe vortäuscht, als sowieso vorhanden ist.
Mit einem Picknick und dem persönlichen Gedankenaustausch endet dieses 3. Sommertreffen der Mitglieder des Internationalen Bundes der Konfessionslosen und Atheisten und ihrer Freude.
1 Kommentar
Kommentare
Ehrenfried Wohlfarth am Permanenter Link
danke für die schönen Schnappschüsse und Bilder und den detailreichen Artikel. Das ist eine schöne Erinnerung an unseren gelungenen Ausflug.