Notizen aus Polen

Valentinstag beim Präsidenten

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WARSCHAU. (hpd) Der 14. Februar war sehr schöner Tag in Warschau. Die schönste Strecke der Stadt, der sogenannte "Königstrakt" ( Altstadt, Krakowskie Przedmieście Str. und Nowy Świat Str.) war voll von Spaziergängern. Ungefähr in der Mitte steht der Präsidentenpalast. Vor diesem großen Gebäude hat die KOD Młodzi (die Jugendgruppe des Komitee zur Verteidigung der Demokratie (KOD)) den Valentinstag organisiert. Einige hundert Leute jedes Alters haben gesungen, getanzt und freundliche Parolen skandiert, auch: "Wir lieben sie, Herr Präsident, lieben sie uns auch!" Viele Spazierende haben sich angeschlossen und ließen sich eine Plakette "KOD verbindet und teilt nicht" an die Kleidung aufkleben.

Aber vor und nach dem 14. Februar dauerte das verhängnisvolle Spektakel in Regie der regierenden PiS Partei an. Das bewußt verspätete Besuch der Premierministerin Beata Szydło in Berlin wurde in fast allen deutschen Medien – von links bis rechts – kritisiert. Die kürzlich von der Regierung übernommenen polnischen öffentlichen TV- und Radiosender und die rechtsorientierte Presse waren dagegen begeistert, dass die polnische Regierung endlich mit den Deutschen hart spricht. Der deutsche Botschafter im Warschau, Herr Rolf Nickel, sagte im Gespräch mit der Märkische Oderzeitung: "…die deutsch-polnischen Beziehungen [haben] über Jahrzehnte hinweg eine sehr positive Entwicklung genommen (…) Das ist ein Schatz, den wir besonders hüten und pflegen müssen". Der verspätete Staatsbesuch von Frau Szydło hat solch guten Beziehungen bestimmt nicht gedient.

Die neuen Machthaber betonen immer wieder die Bedeutung des Bündnisses mit den USA für die polnische Außenpolitik und nationale Sicherheit. Die Warnungen der Amerika-Kenner, dass der antieuropäische und antideutsche Kurs der neuen Regierung in Warschau in Washington schlecht angesehen ist, werden ignoriert. Der neueste Zwischenfall kann deshalb auch für die amerikanisch-polnischen Beziehungen negative Folgen haben.

Drei amerikanische Senatoren, darunter John McCain, der Vorsitzende des Senatsausschusses für Streitkräfte und ehemalige Präsidentenkandidat, haben an 10. Februar einen Brief an Premierministerin Beata Szydło geschickt. Sie bezeichnen sich darin als Freunde Polens und Anhänger starker polnisch-amerikanischen Beziehungen. Sie äußerten aber auch ihre Besorgnisse, die neuesten polnischen Gesetze können die Grundwerte, wie Medienfreiheit und Unabhängigkeit der Justiz verletzen. Sie haben die Regierung von Beata Szydło aufgefordert, die universalen Menschenrechte, die Rechtsstaatlichkeit und die liberale Demokratie zu achten. Die Empfängerin des Briefes hat geantwortet, dass die erwähnten Argumente ihr Erstaunen erwecken und Ergebnis von Fehlinformationen über die jüngsten Ereignisse in Polen sind.

Die Senatoren haben ihren Brief nach den Besuchen von Victoria Nuland, einer hohen Beamtin im us-amerikanischen Auswärtigen Amt und Daniel Fried, dem ehemaligen Botschafter in Warschau und Sondergesandten von Präsident Obama in Polen verfasst. Die beiden haben sorgfältig die Situation in Polen analysiert und darüber berichtet.

Die politischen Kommentatoren in Polen fragen, welch politischer Dilettant der Premierministerin solchen Text vorbereitet hat. Es sei doch klar, dass die Senatoren de facto in Namen der us-amerikanischen Verwaltung geschrieben haben, die sich noch nicht offiziell äußern wollte. Jetzt kann Polen alle Erwartungen an die Anwesenheit amerikanischer Soldarten und Militärausrüstung auf dem polnischen Territorium vergessen. Das wollte die Regierung während der diesjährigen NATO-Gipfels in Warschau erreichen; Skeptiker befürchten nun, dass die Tagung sogar woanders stattfinden kann.

In der Innenpolitik tut sich auch viel: Der Präsident hat das Gesetz über den Zusammenschluss der Ämter des Justizministers und des Generalstaatsanwalts unterzeichnet. Das ist die Rückkehr zu dem Stand während der ersten PiS-Regierung in den Jahren 2005–2007, als das Justizministerium von Zbigniew Ziobro geleitet wurde. Er hatte damals die Aktion gegen bekannten Ärzte gestartet und sie der Korruption beschuldigt. Wegen mangelnden Beweise und trotz des ausgeübten Druck auf die Zeugen wurden die verklagten Ärzte freigesprochen. Zbigniew Ziobro ist wieder Justizminister geworden. Vor einigen Tagen wurde die erste Aktion gegen den Richter gestartet, der Mariusz Kamiński wegen Amtsmissbrauch zu einer Gefängnisstrafe verurteil hat. Kamiński war seinerzeit Chef der CBA (Zentralagentur zur Korruption Bekämpfung); und diese CBA hat damals die Provokationen gegen Ärzte und gegen die PO-Politiker organisiert.

Für die neuen PiS-Regierung wurde Kamiński als Minister-Koordinator der Geheim- und Spezialdienste nominiert. Nach einem Gerichtsurteil konnte er aber dieses Amt nicht übernehmen. Aber wozu hat die PiS einen eigenen Präsidenten? Der hat Kamiński einfach begnadigt – das war die erste Verletzung der Verfassung durch den Präsidenten: Das Urteil war noch nicht rechtskräftig, das Berufungsverfahren noch nicht eingeleitet und die Präsidentenkanzlei hat die für die Begnadigung nötigen Stellungnahmen der Staatsanwaltschaft und Justizministerium nicht eingeholt.