Zustimmungswerte zu prorussischer Propaganda und Verschwörungserzählungen gestiegen

Ukraine Krieg.jpg

Kiew im März 2022
Kiew im März 2022

Morgen ist es zwei Jahre her, dass Russland die Ukraine überfiel. Seitdem führen der Kreml und das russische Militär einen Angriffskrieg auf die Ukraine, der durch den Einsatz von Desinformationskampagnen und Propaganda einerseits von Russland selbst, aber auch von zahlreichen prorussischen Akteur:innen unterstützt wird. Um nachzuvollziehen, inwieweit diese Inhalte in der deutschen Bevölkerung verfangen, hat CeMAS im Mai 2022 bereits ein Research Paper zu den Zustimmungswerten zu prorussischen Verschwörungserzählungen und Propagandanarrativen veröffentlicht. Um ein Verständnis für die gesellschaftliche Stimmungslage zu erlangen und nachzuvollziehen, wie sich die Zustimmungswerte im weiteren Kriegsverlauf entwickeln, hat CeMAS die Erhebung in den vergangenen Monaten regelmäßig durchgeführt und die Zustimmungswerte zu prorussischer Propaganda und Verschwörungserzählungen zum russischen Angriffskrieg wiederholt abgefragt.

Abgefragt wurden in der Erhebung unterschiedliche Propaganda- und Verschwörungserzählungen, die sowohl von Russland selbst, als auch von prorussischen Akteur:innen immer wieder verbreitet werden. Ein sich wiederholendes Motiv ist dabei die Dämonisierung des Westens, die von unterschiedlichen autoritären Regimen immer wieder eingesetzt wird, um liberale Demokratien und Gesellschaften zu schwächen.

Gerade in Konflikt- und Krisenzeiten sind antidemokratische Kräfte bei der Verbreitung von Desinformation und Propaganda erfolgreich: Sie nutzen das ohnehin von gesellschaftlicher Unsicherheit geprägte Momentum, um diese Unsicherheit weiter zu verstärken, Unruhen zu erzeugen und das Vertrauen in demokratische Institutionen und Werte zu untergraben. Die Ergebnisse der Befragung zeigen, dass die Zustimmungswerte zu allen abgefragten Items höher waren, als es noch im April 2022 der Fall war:

  • Die NATO als angeblicher Kriegsgrund
  • Angebliche Entnazifizierung der Ukraine
  • Geschichtsrevisionismus als Propagandainstrument
  • Verschwörungserzählungen zu angeblichen Biowaffen
  • Der Angriffskrieg auf die Ukraine und Corona

Insgesamt ist ein signifikanter Anstieg der Zustimmungswerte zu russischer Propaganda zwischen April 2022 und Oktober 2022 zu beobachten. In den Monaten darauf stabilisierte sich das Niveau von Oktober 2022 bei quasi allen Aussagen. Werden die abgefragten Haltungen verinnerlicht, untergräbt das auch die Unterstützung für die Ukraine. Es wird darüber hinaus schwieriger, die Gefahren durch ein autoritäres Russland klar zu benennen. Zudem erschweren Desinformation und Verschwörungserzählungen die Bewältigung und das Management von Krisen und Konflikten erheblich. Es wird daher ein systematischer politischer Ansatz benötigt, um Desinformation zu bekämpfen und schädlicher Einflussnahme entgegenzuwirken. Darüber hinaus ist aber auch eine tiefergreifende gesellschaftspolitische Debatte zu der Frage erforderlich, wie der zunehmenden Flut an Desinformationskampagnen begegnet werden kann.

Denn während Krisen akute Stressoren darstellen, die die Resilienz von Gesellschaften und Individuen herausfordern und sie für Stimmungsmache und Beeinflussungsversuche empfänglicher machen, muss Desinformation als chronischer Stressfaktor verstanden werden, der liberale Demokratien im Mark erschüttern und nachhaltig schwächen soll. Gerade in Anbetracht der fragilen Lage, die von zunehmenden Krisen und Konflikten geprägt ist, können es sich liberale Demokratien nicht leisten, dieses Problem zu unterschätzen.

Der gesamte Artikel, Methodik und Befragungsergebnisse sind auf der Website von CeMAS verfügbar.

Unterstützen Sie uns bei Steady!