„Nehmen wir sie beim Wort“

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Podium / Fotos (c) Evelin Frerk

BERLIN. (hpd) Der „Runde Tisch Sexueller Kindesmissbrauch“ beriet die Ergebnisse der seit April tätigen Arbeitsgruppen und stellte die bisherigen Ergebnisse der Öffentlichkeit auf einer Pressekonferenz vor.

Als Vorsitzende legten die Bundesministerinnen Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Prof. Dr. Annette Schavan, Dr. Kristina Schröder sowie Dr. Christine Bergmann, Unabhängige Beauftragte zur Aufarbeitung des sexuellen Kindesmissbrauchs eine gemeinsame Presseerklärung zur 2. Sitzung vor und stellten den aktuellen Stand der Arbeitsgruppen in einem Pressestatement im Gustav-Radbruch-Saal des Bundesministerium der Justiz vor. Die Arbeitsgruppen hatten sich in der ersten Sitzung am 23. 04.2010 gebildet:
1. Durchsetzung Strafanspruch – Rechtspolitische Folgerungen – Anerkennung des Leidens der Opfer sexuellen Missbrauchs in jeglicher Hinsicht
2. „Prävention – Intervention – Information“
3. „Forschung, Lehre und Ausbildung“

Rund 60 Mitglieder gehören diesem Runden Tisch „Sexueller Kindesmissbrauch“ an. Es sind Vertreter aus Politik, Kirche und Gesellschaft.

 

Die Konferenz wurde lebhaft und immer wieder unterbrochen. „netzwerkB“ stand nicht nur mit dem Plakat: „Ihr Runder Tisch ist ohne Betroffene ein Irrweg“ und „Ehemalige Heimkinder fordern € 54.000“ vor dem Justizministerium, sondern hatte auch Vertreter in den Reihen sitzen. So wurde speziell Christine Bermann in ihrem Vortrag von dieser Seite unterbrochen mit der Forderung, der „Runde Tisch Sexueller Kindermissbrauch“ müsse sich erneut konstituieren. Betroffene wollen nicht, dass über sie gesprochen werden. Sie wollen für sich selbst sprechen.

Christine Bergmann war als unabhängige Beauftragte speziell an diesen Runden Tisch berufen, um ähnlich einer Mittlerin in der „Telefonischen Anlaufstelle“ die Betroffenen anzuhören, deren Anliegen zu systematisieren und dem Runden Tisch zu berichten.

Bei 80 Prozent der Betroffenen liegt der Missbrauch mindestens 20 Jahre zurück. Sie bestätigte die Wahrnehmung, dass „denjenigen, die sich bereits an jemanden gewendet hatten vielfach nicht geglaubt wurde oder dass sie sogar dafür bestraft wurden.“

Eine lange Liste von Themen der Arbeitsgruppen wurde vorgetragen.

Herausgegriffen sei hier ein speziell ein von den Bundesministerinnen gewürdigter Beitrag der katholischen Kirche, deren Vertreter einen Fond einrichten werden. Die Katholische Kirche wird die Täter zur Verantwortung aufrufen, selber allerdings nur subsidiär tätig werden. Ebenfalls aus dem Fond sollen Entschädigungszahlungen an diejenigen fließen, die keinen Rechtsanspruch z. B. aufgrund Verjährung geltend machen können. Zur Höhe des Fonds gab es in der Konferenz trotz Nachfrage keine Angabe. Wartet die Kirche ab, wie sich andere Organisationen einbringen?

Zur Verjährung: „Das Bundesjustizministerium beabsichtigt, einen Gesetzentwurf vorzulegen, mit dem die zivilrechtliche Verjährungsfrist für alle Schadenersatzansprüche von Opfern sexueller Gewalt von derzeit 3 auf 30 Jahre verlängert wird.“

Und in die Zukunft gesehen: „32 Millionen Euro werden für Forschungsprojekte zu Ausmaß, Ursachen und Folgen von Missbrauch und Gewalt im Kindes- und Jugendalter ... in einem interdisziplinären Forschungsnetz“ bereitgestellt, so das Bundesministerium Bildung und Forschung.

Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend sorgt künftig für Standards in den betroffenen Bereichen wie Kindergärten, bei der Ausbildung, Früherkennung, Sensibilisierung etc. und will erste Zwischenergebnisse in den Entwurf für das Bundeskinderschutzgesetz einbringen.

Nehmen wir die Vortragenden beim Wort.

Evelin Frerk