UGANDA. (hpd) David Kato, der prominenteste Schwulenaktivist Ugandas, ist am 26. Januar 2011 in seinem Haus in einem Vorstadtbezirk Kampalas ermordet worden. Ein Unbekannter drang in sein Haus ein, Nachbarn fanden Kato kurz darauf mit schweren Kopfverletzungen auf, denen er noch auf dem Weg ins Krankenhaus erlag.
Die ugandische Boulevardzeitung „Rolling Stone“ (keine Verbindung zum gleichnamigen US-Magazin) hatte Oktober 2010 Katos Bild mit der Aufforderung „Hängt sie auf“ auf der Titelseite veröffentlicht, seitdem bekam der offen homosexuell lebende Schwulenrechtler Morddrohungen. Der Mordaufruf geschah im Zuge einer Veröffentlichungsserie, in welcher das Boulevardblatt Ugandas "Top-100-Homos" mit Namen und Wohnort outete.
Mit David Kato verliert Uganda seinen bekanntesten Aktivisten für die Rechte Homosexueller, der trotz des von Homophobie geprägten politischen Klimas in seinem Land mutig als Sprecher für sexuelle Minderheiten Uganda (SMUG) politische und gesellschaftliche Repressalien von Lesben und Schwulen kritisierte. Auch wenn der Mörder bzw. die hinter dem Mord stehenden Motive derzeit noch nicht aufgeklärt sind, muss dennoch im Kontext des aggressiv homophoben gesellschaftlichen Klimas und der wenige Monate zurückliegenden Publikation der Wohnadresse Katos durch den Hetzartikel der „Rolling Stone“ damit gerechnet werden, dass der Anschlag politisch motiviert war.
Homosexualität in Uganda
Homosexuelle Handlungen sind in Uganda laut Paragraph 145 und 148 des Strafgesetzbuches von 1950 für Männer (und seit 2000 auch für Frauen) illegal. Offene LGBT-Communitys existieren daher in Uganda nicht, Homosexuelle werden aus dem gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen.
Im Oktober 2009 brachte der ugandische Abgeordnete David Bahati, ein Mitglied der evangelikalen Organisation „The Family“, einen Gesetzentwurf unter dem Titel „Uganda 2009 Anti-Homosexuality Bill“ in das Parlament ein, wonach das Eingehen gleichgeschlechtlicher Beziehungen mit der Todesstrafe (derzeitige Fassung: lebenslange Haft) geahndet werden soll. Für die Beihilfe bzw. Unterstützung Homosexueller z.B. durch Vermietung einer Wohnung sieht dieser Gesetzesentwurf sieben Jahre Haft vor. Vorbereitet wurde der Gesetzentwurf von US-amerikanischen Evangelikalen.
Der Einfluss christlicher Organisationen in Uganda
Rund 85% der Gesamtbevölkerung Ugandas sind Christen (römisch-katholisch: 42%, anglikanisch: 36%), wobei evangelikale Christen in den vergangenen Jahren ihren Einfluss unter Jugendlichen stark ausgeweitet haben.
Homosexuelle werden in Uganda von Politikern, Medien und Kirchenvertretern zu Sündenböcken für eine Vielzahl von Problemen (von der steil ansteigenden AIDS-Rate über die Rebellenbewegungen bis hin zu den Selbstmordanschlägen während des WM-Endspiels) verantwortlich erklärt. Frank Mugisha, Vorsitzender von SMUG, schreibt den Kirchen im tiefgläubigen Uganda einen nicht zu unterschätzenden Anteil an der homophoben Stimmung, die Uganda im Griff hält, zu (taz, 17.11.2010, „Schwulenhetze als Verkaufsschlager“). Der einflussreiche Pastor Martin Ssempa beispielsweise, der von konservativen evangelikalen Kreisen aus den USA unterstützt wird und der in seinen Sonntagsmessen auf dem Campus der Makerere-Universität regelmäßig Kondome verbrennt, zeichnet in seinen Predigten regelmäßig ein möglichst obszönes Bild von Homosexuellen. Anschauliche Beispiele evangelikaler Predigten, in welchem zum Hass auf Homosexuelle aufgerufen wird, finden sich auf Current.com: „Missionare des Hass“.
Führende Vertreter der anglikanischen Kirche von Uganda, der Orthodoxen Kirche, der Pfingstler, der Siebten-Tags-Adventisten und Ugandas oberstem Koordinierungsrat der Muslime unterstützten einstimmig den Gesetzentwurf, forderte aber teilweise eine Änderung der Sanktionen: Nach Meinung der anglikanischen Kirche von Uganda solle man die in dem Gesetzentwurf geforderte Todesstrafe in lebenslängliche Haft ändern.
Der anglikanische Bischof Joseph Abura der Diozöse Karamoja begrüßte das Gesetzesvorhaben mit den Worten: “Yes, laws if in place can help put on check any vice including this one. Like HIV which breeds among others, in disco halls and night drinking sprees, which can be stopped or reduced by laws if put in place, like the wizard spirit which society and the Gospel of Christ shunned, the vice of homosexuality through the necessary laws in place can be checked. We must keep it away from our children. Our ancestors didn’t know it, we do not know it, our children must not know it. […]. Gayism can be fought like any other disease against the people and the Word of God. It is a sickness so we can fight and defeat it. One of the ways to fight it should be by prevention of its spread, by putting laws in place, preach the Word and pray to God to heal and orient those disoriented; there is need for a commandment(s) to enforce. Christ is the answer, feelings or sympathies, especially on evil, are not! Ugandan Parliament, the watch dog of our laws, please go ahead and put the anti-Gay laws in place.“ (Spero News, November 25, 2009). Laut „Christianity Today“ vom 9. Februar 2010 empfiehlt die Ugandische Anglikanische Kirche hinsichtlich des Anti-Homosexuellen Gesetzesentwurfs ausdrücklich: „[…] Ensure that homosexual practice or the promotion of homosexual relations is not adopted as a human right; […] prohibit and penalize homosexual behavior and related practices in Uganda as they constitute a threat to the traditional family;”.
Die ugandische katholische Kirche hat sich zu dem Gesetzentwurf bisher verhalten aber doch bezeichnend geäußert: Der katholische Erzbischof Cyprian K. Lwanga von Kampala teilte im Kontext der ugandischen Bischofskonferenz mit, die katholische Kirche Ugandas “unterstützt die Regierung bei ihrem Bemühen, die natürliche Familie und traditionellen Werte aufrecht zu erhalten”. Zwar werden einige der härtesten Elemente des Gesetzentwurfs wie z.B. die Todesstrafe abgelehnt. Dies geschieht jedoch unter anderem mit der Begründung, dass der “Gesetzentwurf nicht notwendig ist, da Homosexualität bereits nach Paragraph 145 des Ugandischen Strafgesetzes verboten ist“ (geahndet bereits heute mit bis zu lebenslanger Freiheitsstrafe!). Der Erzbischof führt weiter aus, dass “nach der Lehre der Kirche homosexuelle Handlungen unmoralisch und eine Verletzung der göttlichen und natürlichen Ordnung darstellen” und zitiert dabei Leviticus 18:22 und den Katechismus der katholischen Kirche (LifeSiteNews.com, Jan 11, 2010)
Im Zuge einer Messe in der Rubaga Kathedrale, verkündete Lwanga hunderten Christen, dass der Gesetzentwurf zu begrüßen sei und dass Homosexualität gesetzlich verboten werden müsse. “Die katholischen Bischöfe Ugandas begrüßen die Anstrengungen der Regierung, Familien zu schützen […] Wir werden die Förderung homosexueller Handlungen im Land und die Positionen der Geberländer nicht zulassen“. Mit diesem Satz übte der Erzbischof Kritik an Entwicklungshelfern, die die Gewährung von Entwicklungshilfe an die Einhaltung grundlegendster Menschenrechte auch für Homosexuelle knüpfen wollten. (Box Turtle Bulleting, 26. Dezember 2009)
Die katholische Kirche in Uganda hat sich in der Vergangenheit Verbesserungen der sozialen oder rechtlichen Position Homosexueller in Uganda mit Nachdruck entgegengestellt. Auf der Afrika-Synode im Vatikan März 2010 verlor der Papst in seiner Adresse an die Ugandischen Bischöfe kein Wort über den Anti-Homosexuellen Gesetzesentwurf. Dagegen äußerten Bischöfe aus allen Teilen des afrikanischen Kontinents ihre schweren Bedenken hinsichtlich der als Angriff auf die Institution der Ehe wahrgenommene Schwulenbewegung in westlichen Industrieländern und sprachen sich dagegen aus, Entwicklungshilfe an die Einhaltung rechtlicher Minimalstandarts zum Schutz Homosexueller zu knüpfen, wie dies einige Menschenrechtsorganisationen in den USA und Europa gefordert hatten (Box Turtle Bulletin, November 28th, 2009) und (Uhspauganda, 9. März 2010: “Pope Silent on Uganda's 'Kill-the-Gays' Bill“.)