Konflikt um Vortrag zum Dalai Lama

dalailamaxxx4.jpg

Dalai Lama / Foto © Colin Goldner

BREMERHAVEN. (hpd) Ein geplanter Vortrag von Colin Goldner über den Dalai Lama hat in Bremerhaven schon im Vorfeld hohe Wellen geschlagen. In seltsamer Einigkeit haben sowohl Jusos als auch die NPD zum Boykott der Veranstaltung aufgerufen. Gleichwohl findet die Veranstaltung heute in der örtlichen Stadtbibliothek statt.

Ursprünglich war der Vortrag mit dem Titel „Dalai Lama – eine Entmystifizierung“ bereits für vergangenes Jahr vorgesehen. Damals hatten die Bremerhavener Jusos die Absetzung der Veranstaltung gefordert. Ihr Vorsitzender Denis Pijetlovic wurde mit den Worten zitiert: „Dann könnte man ja auch den NPD-Vorsitzenden Udo Voigt aus ‘Mein Kampf’ lesen lassen und mit ihm darüber diskutieren“. Tatsächlich wurde die Lesung dann auch abgesagt, allerdings nur, weil der Referent erkrankt war.

Jusos und NPD im Schulterschluss

Nun wird Colin Goldner am heutigen Donnerstag seine Sicht des tibetischen Buddhismus und dessen Führungsfigur darstellen. Wiederum haben die Jusos mit einigem Aufwand zum Boykott der Veranstaltung aufgerufen. Während Gewerkschaften, Kirchen und sonstige Vereinigungen nicht öffentlich auf das Schreiben reagierten, erhielt Pijetlovic von unerwarteter Seite Zustimmung. Die NPD erklärte, sich dem Boykottaufruf anzuschließen. Während die Argumentation der Jusos vor allem darauf abzielte, den Referenten zum Extremisten zu stempeln, und auch vor dem Hintergrund gesehen werden muss, dass die der Linken zuzuordnende Rosa-Luxemburg-Initiative als Mitveranstalter auftritt, bekannten sich die „Nationaldemokraten“ zur „Tibet-den-Tibetern“-Position des Dalai Lama. Pühse verurteilt „die systematische Überfremdung Tibets durch massenhafte Zuwanderung von Han-Chinesen“ und bringt das Problem auf den Punkt: „Wir würden uns allerdings wünschen, daß sich die Bremerhavener Jusos endlich auch genauso entschlossen für die Bewahrung der ethnischen und kulturellen Identität Deutschlands einsetzen, wie sie dies mit Blick auf Tibet schon jetzt tun.“ Tatsächlich spielt die Vorstellung einer „Überfremdung“ Tibets auch bei den zahlreichen Unterstützergruppen in Deutschland eine Rolle, sogar der Begriff wird verwendet. Dass die NPD-Stellungnahme diese Position nur konsequent zu Ende denkt, mag den vermeintlichen Freunden Tibets nicht bewusst sein. Doch so wird klar, in welche ideologische Ecke derlei Ideen anschlussfähig sind.

Trotz allen Rummels ist davon auszugehen, dass die Veranstaltung ungestört über die Bühne gehen wird. Die Jusos wollen dem Vernehmen nach auf weitere Aktionen gegen die Lesung verzichten und auch die NPD verfolgt mit ihrer Stellungnahme offenbar weitergehende, segensreiche Ziele: „Mutige Gesten“, so Pühse, wünsche er sich „verstärkt von den beiden christlichen Kirchen in Deutschland“ und verweist auf den buddhistischen Lama Ole Nydahl, der 2002 in München ein NPD-Mitglied gesegnet habe.

Martin Bauer

 

Der Vortrag „Dalai Lama – eine Entmythisierung“ findet am 10.2.2011 in der Bremerhavener Stadtbibliothek statt und beginnt um 19.30 Uhr.