Religiöse Rechte – Notizen Februar 2011

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US-Flag / Foto: Andreas Church (morguefile)

USA. (hpd) Der Februar liegt hinter uns und er wird mit den Revolutionen in der arabischen Welt wohl in die Geschichte eingehen. Im Januar musste Tunesiens Diktator Ben Ali abtreten, diesen Monat folgte Ägyptens Mubarak und derzeit klammert sich Gaddafi in Libyen an die Macht. In der Christlichen Rechten wurden die wildesten Anschuldigungen laut.

Angeblich habe Obama Verbindungen zur Muslimbruderschaft oder Sympathie für die Aufständischen im Irak. Cindy Jacobs hielt fest, dass die Ägypter nicht aus den Fehlern der Amerikaner gelernt hätten, die 2008 blind für den „Wandel“ (Change) gestimmt hätten, ungeachtet dessen, was der Wandel mit sich bringe. Keinesfalls dürfe aus Unmut gegenüber Mubarak die Muslimbruderschaft an die Macht kommen. Fernsehprediger John Hagee meldete sich per youtube zu Wort: Die derzeitigen Geschehnisse in Libyen wurden bereits in der Bibel prophezeit. (Quelle1), (Quelle2)

Nicholas Thimmesch schrieb für den American Spectator, dass die amerikanischen Medien sehr einseitig über die Situtation in Ägypten berichten würden. Über die Gewalt der dortigen Protestler sehe man hinweg, angebliche Skandale bei der Tea Party blase man künstlich auf. Außerdem sei niemand über die Gefahr einer islamischen Machtübernahme wie im Iran besorgt. Tony Perkins nutzte die aktuelle Situation für einen Seitenhieb auf Obama. Dieser setze sich mit seinem Homoehekurs über den Beschluss des Kongresses hinweg und führe sich nicht besser auf als ein Diktator aus Nahost. (Quelle1), (Quelle2)

Die Attacken der Christlichen Rechten nahmen diesen Monat nicht an Schärfe ab. Matt Barber vom Liberty Counsel attackierte den Islam als „satanisch“ und der ehemalige Senator Rick Santorum verteidigte die Kreuzzüge gegen die „Christen hassende amerikanische Linke“. (Quelle1), (Quelle2)

 

James Dobson griff in seiner Radiosendung, in der die republikanischen Politiker Gary Bauer und Rick Santorum (möglicher Präsidentschaftskandidat) zu Gast waren, erneut das Recht auf Abtreibung in den USA an. Dabei wurde das Argument aufgegriffen, Organisationen wie Planned Parenthood, die Schwangerschaftsabbrüche vornehmen, würden eine rassistische Kampagne betreiben. Schließlich seien die Abtreibungsraten unter Schwarzen höher als unter Weißen. Dieses Argument vernachlässigt völlig die unterschiedlichen sözioökonomischen Umstände, die diese Diskrepanz viel eher erklären. Rick Santorum verwies also darauf, dass Margaret Sanger, die Gründerin von Planned Parenthood einen heimlichen Völkermord plante, da sie der Eugenik nahestand.

Zunächst hat Santorum Recht. Margaret Sanger war tatsächlich Eugenikbefürworterin. Dies ist nicht weiter ungewöhnlich, denn Eugenik war zu diesem Zeitpunkt ein typisch linker Gedanke, der vor allem in der Sozialdemokratie (auch in der SPD) und der frühen feministischen Bewegung vertreten wurde und seine größte Ablehnung aus dem rechten Lager erfuhr. Dennoch zielte Sangers Ansatz nur auf Erbkrankheiten und nicht auf Menschen anderer Hautfarben. Den Missbrauch des eugenischen Gedankens durch die Erweiterung um eine rassistische Komponente, wie im Dritten Reich geschehen, lehnte sie entschieden ab, wie aus ihren privaten Briefen hervorging. (Quelle)

Die Debatte treibt seltsame Blüten. Ein Republikaner aus Arizona schlug vor, rassen-basierte Abtreibungen zu verbieten. Die schwangere Frau müsse künftig versichern, dass die Hautfarbe des Kindes keine Rolle spiele. Ist der Vorwurf, Planned Parenthood würde gezielt Abtreibungen in nicht-weißen Wohngebieten vornehmen, schon absurd genug, dürfte es unmöglich sein, einer Afroamerikanerin, die abtreibt, vorzuwerfen, die schwarze Rasse auslöschen zu wollen. Zu allem Überfluss wird in Arizona eine weitere Verschärfung der ohnehin schon strengen Einwanderungsgesetze, die vor allem auf Mexikaner abzielen, diskutiert. (Quelle)

In South Dakota brachte der Politiker Phil Jensen einen Gesetzesentwurf im Parlament ein, der die Ermordung von Abtreibungsärzten als erweiterte Notwehr zum Schutz des ungeborenen Lebens gerechtfertigt hätte. Der Entwurf fand jedoch keine Mehrheit. (Quelle)

 

Alan Keyes, schwarzer Republikaner, teilte diesen Monat erneut gegen Schwule aus. Ihnen das Recht zu heiraten zuzugestehen, sei nicht besser, als Plantagenbesitzern die Sklavenhaltung zu erlauben. (Quelle)

Scott Lively von der American Family Association widmete sich der Situation in Uganda. Dort würden die Schwulen das Land ermorden und mit dem rosa Handschuh die Kehle des christlichsten Landes Afrikas durchschneiden. Die Homosexuellen hätten angeblich die Medien und die US-Regierung unter Kontrolle. Anschließend lobte Lively die vielversprechende Demokratie (!) in Uganda. (Quelle)

Bryan Fischer widmete sich diesen Monat ausnahmsweise mal nicht Moslems oder Schwulen sondern den amerikanischen Ureinwohnern. Sie sollten endlich das Christentum annehmen und die Reservate verlassen. Ihr Alkoholismus und ihre Armut rühre daher, dass sie Jesus nicht anerkennen. (Quelle1), (Quelle2)

 

Zu Beginn des Monats meldete sich Mike Huckabee anlässlich eines Israelbesuchs im Nahostkonflikt zu Wort. Er befürwortet die Aussiedlung der Palästinenser aus der Westbank (die biblischen Gebite Judäa und Samaria) und die Errichtung eines palästinensischen Staates in der arabischen Welt, beispielsweise in Jordanien. Huckabee ist ein christlicher Zionist und will das alttestamentarische Königreich Israel wiederauferstehen lassen. (Quelle1), (Quelle2)

Verbindung nach Deutschland: Die neue Partei DIE FREIHEIT unter Führung des Politikers René Stadtkewitz lud Mike Huckabee, den er in Jerusalem getroffen hatte und mit dem ihn eine gemeinsame Haltung in Bezug auf den Nahostkonflikt verbindet, nach Berlin ein. Was ich davon halte, habe ich diesen Monat bei wissenrockt geschrieben. Erfreulicherweise war der ehemalige Gouverneur von Arkansas aber selbst den Mitgliedern DER FREIHEIT zu rechts, so dass Stadtkewitz ihn nach Murren an der Basis wieder auslud. Er bewies kaum Kenntnis als er in einer Mitteillung vom ehemaligen US-Senator (diese Position bekleidete Huckabee nie) sprach.

 

Unterdessen warnt Focus on the Family vor dem schädlichen Einfluss, den R&B-Star Usher auf seinen Zögling, den Teenieschwarm Justin Bieber ausübt. Der Popsänger sei noch ein Kind und werde in die sexualisierte und gewalttätige Welt der R&B-Musik gezogen. Auch Miley Cyrus' Glaube sei im Rampenlicht bedroht gewesen. (Quelle)

 

Mit Blick auf die Präsidentschaftswahlen im kommenden Jahr sagte Joseph Farah, dass er nicht einmal dann für Mitt Romney stimmen würde, wenn er gegen Satan höchstpersönlich kandidiere. In seiner Eigenschaft als Gouverneur sei er zu links gewesen. Der Mormone Romney gehörte 2008 zu den Favoriten um die republikanische Präsidentschaftskandidatur In der Christlichen Rechten dauert seit jeher der Streit an, ob man mit Mormonen zusammenarbeiten soll oder nicht. Das eine Lager betont ähnliche politische Vorstellungen, das andere ist von theologischen Differenzen abgeschreckt. Etwa ab dem Sommer werden die aussichtsreichen Republikaner ihre Kandidatur offiziell bekanntgeben. (Quelle)

Zusammenstellung und Übersetzung: Lukas Mihr