Fukushima ist nicht Tschernobyl

Die kritischen Probleme lassen sich wie folgt darstellen:

Problem 1
Die sehr heißen Brennstäbe von AKW Nr. 1, Nr. 2 und Nr. 3, die kurz nach dem Erdbebenbeginn heruntergefahren wurden, befinden sich zwar im sicher geschützten Druckbehälter des Reaktors mit 150 mm dicken Wänden aus rostfreiem Stahl, aber ohne zügige Abkühlung könnten die Brennstäbe durch die Überhitzung flüssig werden und sich am Boden der Druckbehälter sammeln. Die Situation kann sehr ernst werden, wenn die heiße Flüssigkeit die kritische Masse erreichen sollte und/oder der Druckbehälter der hohen Hitze und dem Druck nicht mehr Stand halten würde.

Problem 2
Bei AKW Nr. 4, Nr. 5 und Nr. 6, die zur Zeit des Erdbebens nicht in Betrieb waren, befanden sich Hunderte von gebrauchten Brennstäben in Kühlungswasserbecken innerhalb des Gebäudes oberhalb des Reaktors. Durch die unterbrochene Kühlung steigen die Wassertemperaturen in den Kühlungswasserbecken langsam aber stetig an. Wenn die Wassertemperatur 100 Grad C erreichen sollte und innerhalb des Gebäudes riesige Menge von Wasserdampf und somit auch Wasserstoff entstehen sollte, oder gar alles abtrocknen würde, kann es sehr gefährlich werden.

Problem 1 hat man mit herbeigeschafften mobilen Wasserpumpen, die Wasser aus dem Meer direkt in die Druckbehälter hinein pumpten, bekämpft. Aber da der Druck innerhalb des Druckbehälters das Hineinpumpen von Meereswasser erschwerte, musste man von Zeit zu Zeit Ventile öffnen, um Wasserdampf aus dem Druckbehälter herauszulassen. Deswegen wurde Radioaktivität, und zwar hauptsächlich Jod 131, in der Umgebung von Fukushima festgestellt. Das schlimmste Szenarium scheint aber inzwischen vom Tisch zu sein.

Problem 2 ist nicht so einfach zu lösen, da es sich um weit größere Menge von Kühlungswasser (mehr als 1.200 Tonnen für jedes Gebäude) handelte und man keinen direkten Zugang zu den Kühlungswasserbecken hatte. Die inzwischen stattgefundenen Wasserstoffexplosionen haben jedoch "Fenster" in den Gebäudewänden und Dächern für die Wasserwerfer geöffnet. Somit kamen leistungsstarke Spezialwasserwerfer der Luftwaffe und Feuerwehr zum Großeinsatz. Auch der Betongießer von Mercedes/Putzmeister mit 50 m Arm wurde eingesetzt. Es ist ein Kampf gegen die Radioaktivität und Zeit. Heute weiß man, dass man endlich etwas aufatmen kann.

Das waren die ersten Maßnahmen zum Feuerlöschen im wahrsten Sinne des Wortes.

Eine langfristige Lösung wird es aber erst dann geben, wenn man mit der inzwischen mit großer Mühe durch die Trümmer verlegten Leitung für die Stromversorgung von draußen, das ganze Kühlungssystem der AKWs in Gang setzen kann. Für die vollständige Abkühlung der Brennstäbe braucht man ja mindestens ein oder zwei Jahre! Doch die von Meereswasser überspülten Aggregate, Motoren usw. kann man nicht so einfach zum Laufen bringen, bevor man nicht einige Ersatzteile ausgewechselt bzw. gereinigt hat. Falls diese langfristig stabilisierende Maßnahme nicht greifen sollte, wird der Seiltanz mit Wasserwerfern, mobilen Wasserpumpen und eventueller kurzfristiger Ventilöffnung des Druckbehälters weiter gehen.

Und nun zum Thema Radioaktivität.

Alle Messungen, die bis heute beim Trinkwasser bzw. Gemüse und Milch aus der Umgebung von Fukushima und angrenzenden Regionen durchgeführt wurden, zeigen Werte unter 300 Becquerel pro kg, was die oberste Grenze für die Erwachsenen ist. Allerdings wurde an manchen Stellen der oberste Grenzwert von 100 Becquerel pro kg für die Säuglinge überschritten, die aber schon nach ein paar Tagen wieder unter die Grenzwerte zurückfielen. Es handelt sich hauptsächlich um die Radioaktivität durch das Jod 131, das eine Halbwertzeit von 8 Tagen hat. D.h. in 8 Tagen ist die Radioaktivität des ausgetretenen Jods 131 noch halb so stark und in 16 Tagen nur 1/4 so stark und in 3 Monaten wird man kaum etwas feststellen können.

Wenn überhaupt in den Nachrichten etwas unterdrückt wird, dann ist es diese Tatsache, denn die Medien wollen ja viel Geld machen, indem sie mit dramatischen Botschaften Schlagzeilen machen. Eigentlich müsste man objektiv bleiben und berichten, dass manche Böden in Schweden, Finnland und Bayern, die durch langlebige radioaktive Stoffe relativ intensiv verseucht sind (Plutonium 239 hat z.B. eine Halbwertszeit von 24,000 Jahren!) immer noch heute eine viel ernsthaftere Bedrohung für die Bevölkerung darstellen als die Ackerfelder in Fukushima.

Allerdings muss man darauf hinweisen, dass die Radioaktivität unmittelbar an den zerstörten Gebäuden von Fukushima AKW viel intensiver ausfällt und dass man bis jetzt außer Jod 131 (Gas) auch Cäsium 137 (Festkörper) mit einer Halbwertszeit von 30 Jahren feststellen konnte, was darauf hindeutet, dass doch einige Brennstäbe beschädigt sind. Aber nochmals, die langfristig schädlichen intensiven radioaktiven Stoffe sind im Falle von Fukushima nicht in großen Mengen in die Atmosphäre ausgetreten wie im Falle von Tschernobyl.

Shiro Sonoda