An einem Tag, wie immer wieder

Beispielbild
Hundezone im Winter / www.Naddy.at
Was bleibt, ist die Angst

Mir bleiben Angst und ein Ohnmachtsgefühl. Die Angst kommt zwischendurch. Sekundenweise. Ich fühle, wie mir die Tränen kommen. Wenn ich darüber rede oder schreibe, ist sie weg. Vielleicht gibt mir das das Gefühl, irgendwie selbst über das Geschehene bestimmen zu können.

Mein Stolz ist verletzt. Ich ertappe mich bei dem Gedanken, ich hätte auf den Schmächtigen eintreten sollen, als ich die Chance hatte. Das sind sicher auch Rachegefühle. Und der Versuch, mir einzureden, es sei meine autonome Entscheidung gewesen, nicht zuzuschlagen. Dass es nicht der Schock war, mich mehreren brutalen Männern gegenüberzusehen, die auf mich einprügelten, der mich wehrlos machte.

Spielen hier die Männlichkeitsideale eine Rolle, von der unsere Kultur so durchdrungen ist? Wahrscheinlich. Ich kann nicht bestreiten, mir zwischendurch wie ein Feigling vorzukommen. Dann sagt mir der Verstand: Du hättest keine andere Möglichkeit gehabt.

Die Erfahrung schmerzt. So wie die Ohrfeige, die ich ich vor wenigen Jahren auf offener Straße in St. Pölten kassierte. Ich hatte damals einem Mann widersprochen, der gefordert hatte: "Hängt alle Türken auf". Die Polizei weigerte sich damals, meine Anzeige entgegenzunehmen. Der Vorfall jetzt wird von der Polizei weiterverfolgt. Niemand ist gerne Opfer. Das tut weh. Sehr weh sogar.

Ich hoffe, der Schmerz geht vorbei. Schneller als der Schmerz in meiner Schulter.

Angreifer weiter unbekannt

Heute habe ich in Floridsdorf meine Einvernahme zum Angriff auf einen Hundebesitzer und mich vorvergangene Woche gehabt, wo Rechtsradikale uns beide verprügelt hatten. Von den Männern gibt es keine Spur, hat mir der Ermittler gesagt. Polizeistreifen haben in der Hundezone in den vergangenen Tagen niemanden gefunden, auf den meine Beschreibung zutrifft. Weitere Anzeigen zu den Rechtsradikalen hat es offenbar auch nicht gegeben.

Vielleicht hat es die Bande für eine Weile verscheucht, als ich die Polizei gerufen habe. Damit wäre etwas gewonnen - sie terrorisieren die Hundezone nicht mehr. Vielleicht verhalten sie sich auch unauffälliger. Auch das wäre etwas. Natürlich wäre es mir lieber, sie würden gefunden werden. Aber so lange sie niemanden weiter niederschlagen, bin ich auch schon ziemlich zufrieden.

Natürlich kann ich auch nicht ausschließen, dass meine Beschreibung der Angreifer zu ungenau ist, um für die Polizei hilfreich zu sein. Zeugenaussagen haben das an sich. Ich bin da sicher keine Ausnahme - so sehr ich auch weiß, dass ich eine bessere Beobachtungsgabe habe als die meisten Menschen. Ich stand unter Schock und kann nicht ausschließen, dass meine Angaben fehlerhaft waren. Wiewohl nach bestem Wissen und Gewissen. Identifizieren könnte ich die Angreifer allemal.

Tipp der Polizei: Sollte ich wieder dort sein und die Bande wieder sehen - anrufen und sie kommen so bald wie möglich. Nicht anreden und am besten von außerhalb der Hundezone anrufen. Ein vernünftiger Rat. Ich werde mich daran halten.

Ich hatte heute nicht den Eindruck, als würde die Polizei den Vorfall abtun wollen. Dass das zuständige Kommissariat nicht alles auffährt, was da ist, ist mir auch klar. Die Strasserschen Einsparungen haben ihre Spuren hinterlassen und so unangenehm der Vorfall auch war - leider war es mit Sicherheit nicht das Schlimmste, was in den vergangenen Tagen in Floridsdorf passiert ist. Aber ich bin zuversichtlich, dass die Polizisten innerhalb ihrer Möglichkeiten tun, was sie können. Das beruhigt mich.

Witziges Detail am Rande: Der Kriminalpolizist, bei dem ich meine Einvernahme hatte, hatte einen Ausdruck meines Blog-Berichts am Tisch liegen. Erstaunlich, wie schnell sich so etwas rumspricht.

Christoph Baumgarten