Lernen über Migranten und Flüchtlinge

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Pride Parade, Budapest, 18.6.2011 / Fotos: Susan Navissi

BUDAPEST. (hpd) Der 20.Juni ist Internationaler Tag der Flüchtlinge. Ein Tag um auf die verheerende Situation vieler Flüchtlinge aufmerksam zu machen. Am Wochenende trafen sich WissenschaftlerInnen, MenschenrechtsaktivistInnen und LehrerInnen aus verschiedenen Ländern Europas in Budapest, um weiter an einem Projekt zu arbeiten, das nicht umsonst "Wunder" heißt.

 

Ein Europa Projekt, das Schule macht ist MIRACLE (MIRACLE = »Migrants and Refugees – A Challenge for Learning in European Schools«). Nichtregierungsorganisationen arbeiten hier mit Universitäten und LehrerInnen gemeinsam an Materialien um SchülerInnen und LehrerInnen interkulturelle Kompetenzen zu vermitteln. Die große Herausforderung stellt eine große Chance dar. Die Chance, die Charta der Menschenrechte nicht nur als Lippenbekenntnis sondern als wichtigen Inhalt von Schulbildung und Aufklärung zu behandeln, mit ihr zu arbeiten. Dies spielt besonders in Zeiten der Katastrophenmeldungen, seien sie nun wirtschaftlicher, lebensmitteltechnischer, atomarer oder kriegerischer Art eine wichtige Rolle.

Eingeladen zum 4.Treffen der internationalen Arbeitsgruppe in Budapest haben die MIRACLE-Partner aus Ungarn, ARTEMISSZIO. Bereits zu Beginn spricht Dr. Paolo Ruspini unter anderem die Notwendigkeit einer interkulturellen Sensibilisierung von JournalistInnen und PolitikerInnen an. Durch oftmals fehlende Kompetenz dieser beider Berufsgruppen, die eine wichtige Rolle bei der Meinungsbildung in der Gesellschaft spielen, werden des öfteren Fakten verfälscht wiedergegeben (etwa durch unsachgemäßen Gebrauch oder gar Manipulation von statistischen Daten) so dass politische bzw. populistische Äußerungen unterstützt werden. Dr. Ruspini betont einen ebenso unsachgemäßen Gebrauch von Begriffen wie z.B. „Masseninvasion“ in Bezug auf die neue Arbeitsmobilität von Ost- und Mitteleuropäischen Arbeitern (CEE) im Zusammenhang mit der EU Erweiterung. Oder die Bezeichnung „Biblischer Exodus“, ein Begriff den der italienische Innenminister Maroni benutzte um die Situation im Rahmen der Libyenkrise zu beschreiben und um Hilfe zu bitten. Bedauerlicherweise gibt es viele solcher Beispiele, von zahlreichen Berichterstattern und Politkern... Die Art und Weise, mit den Migrationsbewegungen der jüngsten Zeit umzugehen dient der Kontrolle, nicht der Unterstützung der Flüchtlinge und kann demzufolge auch nicht dem Anspruch einer gelungenen Integration gerecht werden, so Dr. Ruspini.

Der Humanistische Verband Deutschland (HVD, Berlin) sowie die Leibniz Universität (Hannover) arbeiten von deutscher Seite in diesem EU Projekt und sind sehr zufrieden mit den Ergebnissen, die sich nun in Form von Unterrichtsmaterialien und Lehrerfortbildungen weitergeben lassen.

Beispielbild
Vortrag Meike Jens (Leibniz Universität)
MIRACLE Projektleiterin Meike Jens (Leibniz Universität) zeigt sich sehr zufrieden über die ausgesprochen positive Rückmeldung der EU Kommission in Hinblick auf die gelungene internationale Zusammenarbeit der verschiedenen Institutionen. Die Mischung aus NGOs, wissenschaftlichen Instituten, Universitäten und LehrerInnen hat sich jetzt schon als sehr effektiv erwiesen.

Bernhard Stolz, Projektleiter der AG Migration des HVD, ist der Meinung, dass die Themen Migration und Flucht wichtiger Bestandteil des Lebenskundeunterrichtes sind. Die Zahl der Kinder mit Migrationshintergrund wird auch hier immer größer und damit ergeben sich natürlich neue Chancen aber auch Herausforderungen. Bisher wird in der Schule im regulären Unterricht viel zu wenig auf die verschieden Hintergründe der SchülerInnen eingegangen und es wird beim Unterrichtsmaterial meist eine deutsche Schülerschaft vorausgesetzt. Damit werden natürlich auch die Fähigkeiten und Kenntnisse der Kinder nicht gewürdigt, denn an sich sind ja gerade sie unsere „MigrationsspezialistInnen“.

 

links: Luisa Ardizzone CESIE Centro Studi ed Iniziative Europeo, rechts: Dr. Kristina Toplak Slovenian Migration Institute. Scientific Research Centre of the Slovenian Academy of Arts and Sciences

Kinderrechte und Menschenrechte sind zentrale Themen im lebenskundlichen Curriculum und um nicht mehr oder weniger geht es letztlich beim MIRACLE Projekt und den daraus entstandenen Unterrichtsmaterialien und Fortbildungskursen. Das Vermitteln interkultureller Kompetenzen für LehrerInnen, die mit den oben beschriebenen Veränderungen oft schlichtweg überfordert sind und diese Überforderung durch wachsende Intoleranz ausdrücken, stellt hierbei einen der zwei Schwerpunkte von MIRACLE dar.

Sandra Moßner, HVD Lehrerin, stellt abschließend fest, dass für sie die Teilnahme an der Pride Parade in Budapest ein Highlight war. „Hier wurden direkt im Anschluss an das arbeitsintensive Treffen die Ziele der Arbeit umgesetzt. Eine solidarische Veranstaltung, die auf die Einhaltung der Menschenrechte pocht, und zwar für JedeN - unabhängig von Hautfarbe, Geschlecht, Sprache, Religion, politischer oder sonstiger Überzeugung, nationaler oder sozialer Herkunft, Vermögen, Geburt oder sonstigem Stand.“

Das war ein krönender Abschluss dieses MIRACLE Meetings, das Frau Moßner beeindruckte aufgrund der gelungenen, fruchtbaren Zusammenarbeit auf transnationaler Ebene, dem wohlwollenden Zusammenwirken der Partnerorganisationen und der geradezu spürbaren Synergieeffekte.

Susan Navissi

[video:http://www.youtube.com/watch?v=jHpGIhGD1Y8&feature=youtu.be]