"Papst" und "Hitler" in Berlin

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"Hitler" und "Papst" in Berlin / Fotos © Evelin Frerk

BERLIN. (hpd) Zwei Künstler wandelten als Hitler und Papst verkleidet durch Berlins Zentrum, um auf das Reichskonkordat von 1933 zwischen dem Vatikan und dem Deutschen Reich hinzuweisen, das bis heute gilt. Damit lösten sie sehr unterschiedliche Reaktionen aus. Vor dem Bundestag wurde das Künstler-Duett schließlich von der Polizei kurzzeitig abgeführt und einer strafbaren Handlung beschuldigt.

Am Erzbischöflichen Ordinariat Berlins in der Niederwallstraße, einer eher unscheinbaren Nebenstraße, gingen sie los: Wolfram P. Kastner und Linus Heilig alias Papst und Adolf Hitler. Untergehakt, der Papst im weißen Gewand segnete alle, die des Weges kamen. Hitler, schwarzgekleidet, vermied tunlichst jede Handbewegung.

Begleitet von Fotografen und Kameraleuten führte die Route an katholischen Einrichtungen vorbei – man nutzte die Gelegenheit für besondere Aufnahmen -, über den Bebelplatz bis zum Brandenburger Tor. Weit war es da nicht mehr bis zum Deutschen Bundestag, also ging man da auch noch hin.

Unterwegs reagierten die Passanten überwiegend heiter und interessiert, gelegentlich schüttelte einer den Kopf. Viele nutzten die Gelegenheit, ein Foto zu machen und sich über das noch bestehende Reichskonkordat informieren zu lassen. Das Abkommen wurde im Juli 1933 zwischen dem Nazi-Staat und dem Vatikan unterzeichnet und gilt bis heute in Deutschland, steht auf dem Flyer. In der Aktion geht es um die Trennung von Kirche und Staat, und darum, dass das Konkordat weg soll.

Pacelli, später Pius XII., war Steigbügelhalter des Faschismus

„Kardinal Eugenio Pacelli war nicht nur an der Unterzeichnung dieses Konkordates beteiligt, sondern auch eine der maßgeblichen Personen, welche das Zustandekommen der Zweidrittelmehrheit für das Ermächtigungsgesetz möglich gemacht hatten“, erklärte Michael Schmidt-Salomon, Vorstandssprecher der Giordano Bruno Stiftung, als Beobachter der Aktion gegenüber einem Kamerateam. Eugenio Pacelli sei ein Steigbügelhalter des Faschismus gewesen, so Schmidt-Salomon wörtlich. Sicherlich habe Pacelli, der 1939 zum Papst Pius XII. wurde, die späteren Massenmorde nicht gewollt. Um den Einfluss des Kommunismus auf Europa abzuwehren, habe Pacelli aber alle faschistischen Diktatoren seiner Zeit – Mussolini in Italien, Franco in Spanien, Pavelic in Kroatien und auch Hitler in Deutschland – unterstützt.

Als in der Berliner Innenstadt schließlich die beiden als Papst und Hitler verkleideten Künstler am Deutschen Bundestag ankamen, nahm auch die Aufmerksamkeit bei den Sicherheitsbehörden deutlich zu. Der Papst segnete zwar nur weiterhin freundlich, jedoch bewegte Hitler angeblich seinen Arm ein wenig nach oben. Anlass genug für die das Duo einkreisenden Polizisten, die Künstler kurzerhand abzuführen und sie einer strafbaren Handlung zu beschuldigen. Einer der Polizisten hatte den anwesenden, mitlaufenden Michael Schmidt-Salomon vor einigen Tagen in der Sendung „Hart aber fair“ gesehen und vermutete in ihm den „Rädelsführer“ der Aktion.