FREIBURG. (hpd/hu) Das Verwaltungsgericht Freiburg hat jetzt in einem Urteil der Polizei verboten, gegen Beobachter von Polizeieinsätzen vorzugehen. Die Humanistische Union begrüßt das Urteil als Stärkung des Versammlungsrechts.
Mit dem Urteil hat die 4. Kammer des Verwaltungsgerichtes Freiburg (4 K 2649/10) festgestellt, dass die am 14.11.2009 gegen einen Bürger gerichteten polizeilichen Maßnahmen rechtswidrig gewesen sind. An diesem Tage fand der sog. „Freiburger Kessel“ statt, bei dem die Polizei die Teilnehmer einer „Gegen Rechts“ gerichteten Demonstration am Oberlindenbrunnen in Freiburg eingekesselt und in einer ca. sechsstündigen Prozedur die Personalien von 374 Demonstrationsteilnehmern festgestellt hat.
Der Kläger, ein Diplom-Betriebswirt aus dem Freiburger Umland, hat an dieser Demonstration nicht teilgenommen. Er hatte jedoch die Vorgänge, wie viele andere auch, über mehrere Stunden vom Bürgersteig aus beobachtet. Dies hat einer aus vier Beamten bestehenden Doku-Gruppe missfallen. Diese haben den Betriebswirt kurz vor Ende des Kessels untergefasst, ihn sowohl von vorne als auch von hinten über eine Minute per Video „abgefilmt“, oder „videografiert“, wie die Polizei es nannte. Dabei war dem Kläger der Personalausweis vor die Brust gehalten worden, angeblich um ihm eine länger dauernde schriftliche Aufnahme seiner Personalien zu „ersparen“. Nach diesem unwürdigen Übergriff wurde dem Kläger ein Platzverweis von 12 Stunden für die Freiburger Innenstadt und 1 km um das Schwabentor ausgesprochen und für den Fall, dass er sich nicht nach 15 Minuten entfernt habe, die Ingewahrsamnahme angedroht.
Hiergegen hatte sich der Betriebswirt zunächst brieflich zur Wehr gesetzt und erreicht, dass die über ihn erhobenen Daten wieder gelöscht worden sind. Dieser Sachverhalt wurde auch vom eingeschalteten Landesdatenschutzbeauftragten überprüft und bestätigt. In dem nun ergangenen Urteil hat das Verwaltungsgericht die Rechtswidrigkeit aller gegen den Kl. gerichteten Maßnahmen festgestellt. Noch in der mündlichen Verhandlung versuchte die Polizei ein gegen sie gerichtetes Urteil zu vermeiden, in dem sie die Rechtswidrigkeit aller gegen den Kläger verhängten Maßnahmen zugestand. Dem ist das Gericht jedoch nicht gefolgt und hat ausdrücklich durch Urteil die Rechtswidrigkeit der aller gegen den Kläger gerichteten polizeilichen Maßnahmen festgestellt
Die Polizei hatte zuvor argumentiert, dass die gegen den Kläger gerichteten Maßnahmen als „Gefahrenabwehrmaßnahme“ sinnvoll gewesen seien, da sie grundsätzlich dazu geeignet seien, potentielle Störer von weiteren Störungen, hier der Behinderung der Amtsausübung, abzuhalten. Wörtlich hat die Polizei im Prozess ausgeführt:
„Die Auffassung des eingesetzten Polizeibeamten, dass die sich in der Bearbeitungszone der Polizei angetroffenen Personen durch eine Feststellung ihrer Personalien aus ihrer Anonymität gerissen werden und deshalb von einer (event. vorhandenen) Absicht, weitere Störungen der polizeilichen Arbeit zu begehen, abgehalten werden können, und die Personalienfeststellung und die Personenfeststellung somit ein geeignetes Mittel ist, um einen Beitrag zur Abwehr von Gefahren zu leisten, kann danach rechtlich nicht beanstandet werden.“
Dem ist das Gericht nicht gefolgt und hat das Recht des Klägers bestätigt, als Bürger einen Polizeieinsatz beobachten zu dürfen, wenn von dem Bürger keine Störung der Amtsausübung ausgehe.
Der Kläger ist in seiner Klage von der Humanistischen Union unterstützt worden, die das Urteil begrüßt: „Mit dem Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg wird das Grundrecht auf Demonstrationsfreiheit bestätigt und dessen Schutz durch eine das polizeiliche Handeln unmittelbar kontrollierende Öffentlichkeit gestärkt. Polizeiliches Handeln muss öffentlich kontrollierbar bleiben.“
Udo Kauß