OSLO. (hpd) Das norwegische Bildungsministerium hat einen Antrag auf Unterstützung einer humanistischen Schule in freier Trägerschaft abgelehnt. Begründet wurde die Entscheidung damit, dass das Konzept der Schule nicht auf einer Religion aufbaue. Beobachter beurteilen den Fall als rechtswidrige Diskriminierung.
Humanistische Schulen haben keinen Anspruch auf öffentliche Mittel, weil das norwegische Gesetz nur die Finanzierung von Schulen in freier Trägerschaft zulässt, die auf einem religiösen Konzept aufbauen. Das ist der Tenor einer Entscheidung, mit der vor kurzem ein Antrag auf Zulassung einer humanistischen Schule vom norwegischen Bildungsministerium abgelehnt worden ist.
Seit über zwei Jahren hatte sich eine Initiative darum bemüht, in Oslo eine humanistische Schule in freier Trägerschaft aufzubauen. Während in Deutschland das Grundgesetz festlegt, dass Bildungseinrichtungen in freier Trägerschaft gefördert werden müssen, sehen auch die Gesetze des skandinavischen Landes vergleichbare Modelle vor. Aber nicht nur in Deutschland, auch in Norwegen erfahren Gründungsvorhaben für humanistische Schulen seitens der staatlichen Stellen erheblichen Gegenwind.
Humanistskolen, so die Bezeichnung für die humanistische Schule in der Landessprache, sollte auf einem Konzept aufbauen, das den Schülerinnen und Schüler ein säkulares und humanistisches Spektrum von Philosophien zur Orientierung anbietet.
Doch pädagogische Ansätze dieser Art sind von der staatlichen Förderung ausgeschlossen, wie die stellvertretende Bildungsministerin Elisabeth Dahle anlässlich der Entscheidung erklärte. Grundlage der Ablehnung, so Dahle, sei die Tatsache gewesen, dass die Kinder an den Schulen in freier Trägerschaft Lehrkräfte haben müssen, die an einen Gott glauben, damit sich die Schülerinnen und Schüler ihr eigenes Bild von der Religion machen können.
Es falle schwer, zu sehen, inwiefern säkular-humanistische Schulen vom allgemeinen Verständnis des Begriffs Religion, auf den sich die gesetzlichen Bestimmungen für eine Förderung beziehen, ebenfalls erfasst sein sollen, sagte die Ministerin gegenüber der christlichen Zeitung Vårt Land.
Norwegens Gesetze zur Förderung von Schulen in freier Trägerschaft wurden im Jahr 2007 unter einer christdemokratischen Koalition beschlossen. Seit dem ist es auch dort möglich, dass Schulen in freier Trägerschaft gefördert werden können, wenn sie ein besonderes pädagogisches Konzept vorweisen können. Auch in Großbritannien gibt es seit einiger Weile vergleichbare Regelungen.
In Norwegen liegen die staatlichen Zuschüsse für solche Schulen zwischen 6.500 und 14.000 Euro pro Schüler und Jahr, abhängig von der Größe der Einrichtung. Dem Gesetz nach darf sich die Förderung auf maximal 85 Prozent des Betrags belaufen, der für die Finanzierung staatlicher Schulen aufgewendet wird.
Ole Martin Moen, Leiter der geplanten Humanistskolen, kritisierte die Entscheidung der Regierung. Es könne nicht sein, dass die Regierung christliche Schulen bewillige, aber humanistische Schulen abgelehnt würden.
Der Antrag auf Zulassung war im März 2010 gestellt worden. Bereits im April und im Oktober 2011 hatte es Absagen seitens des Ministeriums gegeben, bevor nun auch der letzte Widerspruch endgültig zurückgewiesen wurde.
Auch weitere Beobachter beurteilten die Behördenentscheidung als rechtswidrig und diskriminierend. Per Magne Aadnanes, Professor für Ideengeschichte und Systematische Theologie an der Hochschule Volda sowie Autor mehrerer Bücher über Christentum und Religion, beurteilte eine die von den Behörden vollzogene Unterscheidung zwischen Weltanschauung und Religion als „seltsam“.
Denn es handele sich jeweils um Verständnisse der Wirklichkeit, die eine Humanität und Ethik beinhalteten. Diese könnten sowohl religiös wie auch nichtreligiös begründet sein. Wörterbücher seien nicht ausreichend, um die in den Gesetzen enthaltenen Begriffe ausreichend zu verstehen, stellte er fest.
Lorentz Stavrum, Fachanwalt für Menschenrechte, verwies zusätzlich darauf, dass nach internationalem Verständnis seit Jahrzehnten auch nichtreligiöse Überzeugungen vom Begriff „Religion“ erfasst sind. Er stimmte der Einschätzung des Schulleiters zu, dass die Regierung mit ihrer Entscheidung säkulare Überzeugungen diskriminiere.
Ole Martin Moen kündigte laut dem Magazin Fritanke an, dass er sich nun an den Ombudsman der Antidiskriminierungsstelle wenden wolle. Es sei sehr „sonderbar“, jemanden danach zu diskriminieren, ob er an einen Gott glaubt oder nicht, so Moen. Ebenso sonderbar sei es, dass man einen Glauben an Dinge besitzen müsse, die nicht zu beweisen sind, um eine Schule für Humanisten zu gründen.
Arik Platzek