Baden-Württembergs stellvertretender Ministerpräsident und Innenminister Thomas Strobl hat in einer Talkshow Atheisten in die unmittelbare Nähe zur "Gedankenwelt" der AfD gerückt. Das wollten Atheistinnen und Atheisten aus Karlsruhe und Umgebung nicht unwidersprochen hinnehmen. Am heutigen Tage wird deshalb an Herr Stobl ein Offener Brief und eine Videobotschaft übermittelt.
"Seit Langem hält sich die Auffassung, weltanschaulich Gebundene und Konfessionsfreie hätten keine, zumindest keine richtige Moral. ... Es handelt sich dabei um eine Form von symbolischer Diskriminierung, da die weltanschaulich Gebundenen und Konfessionsfreien durch diese Annahme herabgewürdigt werden."
Dieses Zitat aus der Informationsbroschüre "Weltanschauung als Diskriminierungsgrund" der Antidiskriminierungsstelle des Bundes leitet ein Videostatement von Atheistinnen und Atheisten aus Karlsruhe und Umgebung ein, das dem stellv. Ministerpräsidenten und Innenminister Baden-Württembergs Thomas Strobl heute per Post zugestellt wurde.
Der CDU-Politiker hatte am 08. September 2016 in der ZDF-Sendung "Maybrit Illner" die AfD als "Atheisten für Deutschland" und diese wiederum als "Verräter des Abendlandes" bezeichnet (der hpd berichtete).
Nun ist Strobls Diffamierung atheistischer Mitbürgerinnen und Mitbürger lange nicht die erste ihrer Art. Doch zeigte seine Aussage, die auch vonseiten der Moderatorin ohne Widerspruch blieb, einen Grad an Diffamierung aus Unkenntnis, wie man sie hauptsächlich von eben jener Partei kennt, die Strobl ursprünglich attackieren wollte.
Um dieser offensichtlichen Unkenntnis erwidernd entgegenzutreten entschieden sich Mitglieder der Karlsruher Regionalgruppe der Giordano-Bruno-Stiftung, dem CDU-Politiker zunächst filmisch ihre Ansichten zu Ethik, Verantwortung und einem sinnerfüllten Leben vorzustellen. Erfreulicherweise fanden sich schnell Menschen auch außerhalb der GBS Karlsruhe, die mit der Herabwürdigung durch Herrn Strobl nicht einverstanden waren und sich ebenso an den Dreharbeiten beteiligten. Zuspruch kam außerdem von MdB Gerhard Schick, der laut seinem Wahlkreisbüro die Kritik an den Aussagen von Herrn Strobl teile.
Der baden-württembergische Innenminister wurde schließlich in einem beigefügten Schreiben zu Gesprächen nach Karlsruhe eingeladen, um ihm die Möglichkeit zu geben, seine bei "Maybrit Illner" getroffenen Aussagen und Bewertungen auf ihren Wahrheitsgehalt hin zu überprüfen.
Es bleibt abzuwarten, ob Thomas Strobl die Einladung annimmt und ob ihm nach einem Kennenlernen eine Herabsetzung atheistischer Mitbürgerinnen und Mitbürger ein weiteres Mal derart leicht über die Lippen kommen wird. Darüber hinaus bleibt zu hoffen, dass sich die Zeiten, in denen Politikerinnen und Politiker atheistische Menschen unwidersprochen und folgenlos herabwürdigen konnten, einem baldigen Ende zuneigen.
15 Kommentare
Kommentare
Stefan Räbiger am Permanenter Link
Das Video sollte auch an Frau Illner weitergeleitet werden.
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
Frau Illner sollte regelmäßige Besucherin der hpd-Seite werden, damit sich ihr ZDF-Horizont erweitert.
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
Eine sehr gute Aktion.
Ich hatte mich damals in der Nacht nach der Sendung hingesetzt und einen Bericht zu diesem skandalösen Verhalten eines sogenannten "christlichen" Politikers verfasst.
Da der hpd schon darüber berichtete, habe ich, um eine möglichst große Streuung des Themas zu erreichen, die Frucht meiner nächtlichen Arbeit auf der Richard-Dawkins-Seite veröffentlichen lassen: http://de.richarddawkins.net/articles/strobl-und-die-atheisten
Ich bin gespannt, ob sich Herr Strobl zu dem Thema vertiefend einlässt. Doch fürchte ich, dass er nicht einmal imstande ist, ein Unrechtsbewusstsein zu entwickeln. In seiner engen Welt ist der sogenannte "christliche" Glaube die Basis seines Wirkens. D.h. er tut Gutes aus Furcht vor einem rachsüchtigen Gott, der immer dann lieb ist, wenn man spurt - sprich die klerikale Obrigkeit finanziell unterstützt.
Herr Strobl mag ja gerne an das Gute im "Christenmenschen" glauben, solange er es Menschen ohne bronzezeitlichen Aberglauben nicht abspricht...
Chr. Nentwig am Permanenter Link
Vielleicht sollte man bedenken und dem Herrn Strobl deutlich machen, dass der atheistische Humanist den Menschen liebt und ihm Gutes tut und nicht nur entsprechend der monotheistischen Religiotie seinen Gott und seine
Chr. Nentwig
Klaus Bernd am Permanenter Link
"Ohne Gott ist alles erlaubt" ist der Kern dieser Botschaft.
Es drängt sich bei solchen Äußerungen der Gedanke an das psychologische Konzept der Projektion auf: von sich auf andere schließen.
Ein gängiges Ventil dafür ist die Bigotterie, die öffentlich verurteilt, was man heimlich tut.
agender am Permanenter Link
Der sollte seine eigene Bibel lesen.
Es ist erstaunlich, wieviele Religiöse ihr jeweiliges "heiliges" Buch nicht kennen.
Stefan Dewald am Permanenter Link
Vollständige Zustimmung!
Oliver Tausend am Permanenter Link
Warum kann man eigentlich als Politiker ungestraft so einen Stuss verzapfen?
Kay Krause am Permanenter Link
Mag ja sein, dass diesem sauberen Herrn Strobl zukünftig aufgrund reichlich fließender Kritik derart unqualifizierte Äußerungen nicht mehr über die Lippen kommen, das jedoch wird nichts an seiner politischen Denk- und
Bereits am 09. September habe ich zu dem im hpd erschienenen Artikel einen "Offenen Brief" in Form eines hpd-Kommentares an Herrn Strobl geschrieben und ihn - auch gerne in Begleitung von Gleichgesinnten (Verstärkung) zu einer offenen Diskussion eingeladen. Leider habe ich bis heute nichts von Herrn Strobl gehört, woraus sich rückschließen läßt, dass er a) an seine These selber nicht glaubt, sondern diese lediglich als Mittel zum Zweck für Wählerstimmen gedacht ist, oder b) den Meinungsaustausch innerhalb einer gemischten Diskussionsgruppe scheut, weil er genau weiß, dass seine Diffamierung von konfessionslosen Mitbürgern nicht haltbar ist. Merkwürdigerweise hat Herr Strobl nicht dafür plädiert, die Milliarden an Steuergeldern, welche auch durch die Zahlung der konfessionslosen Bürger in den Kirchensäckel fließen, ab sofort nicht mehr anzunehmen. Verkehrte Welt, oder?
Wolfgang am Permanenter Link
Wenn einer meint, die Scheiterhaufen wären abgeschafft, der irrt. Die Scheiterhaufen leuchten lichterloh, das zeigt sich besonders bei den politischen Leuchten!
immer noch in den Köpfen einiger Leute.
Dieter Bauer am Permanenter Link
Kann man von einem indoktriniert Glaubenden, zum Beispiel einem Herrn Thomas Strobl, erwarten, dass er sich einem etablierten System entgegenstellt?
David Boehme am Permanenter Link
Danke an die GBS !
Sie tun etwas und machen den Mund auf.
Dr. Roland Hunecke am Permanenter Link
Die eigentlichen "Verräter des Abendlandes" sind Politiker und kirchliche Würdenträger, die entweder aus völliger Unkenntnis (Strobl) oder "schein-liberalem" Eigennutz (z.B.
Sie gefährden damit nicht nur unsere errungenen Freiheitsrechte sondern machen damit auch die erfolgreiche Integration von Zuwanderern praktisch unmöglich.
Daneben befördern sie zudem noch sehr erfolgreich den Aufstieg von "Populisten". Dabei werden sie leider auch von vielen "Mainstream-Medien" unterstützt, weil sie funktionierende gegenseitige Abhängigkeiten geschaffen haben.
Der Kampf um tatsächliche "Religionsfreiheit" ist daher gleichzeitig auch ein Kampf um unsere Zukunft, die Zukunft des "religionsbefreiten Abendlandes".
Helga Beck am Permanenter Link
Wird aber auch höchste Zeit, dass die Humanisten und Atheisten eine durchdachte Wertepriorisierung vorlegen.
Helga Beck am Permanenter Link
Wenn man die Zitate von Luther so liest, dann hat Strobl recht:
Und es ist keine geringe Sache, wenn es heißt, daß der Mensch Gott nicht kenne und ihn verachte. Denn hier liegen die Quellen aller Verbrechen, der Bodensatz der Sünden, ja die Hölle der Übeltaten. (Freier Wille)
Kurz, die Herrschaft des Satan in den Menschen konnte nicht mit kürzeren oder inhaltsreicheren Worten beschrieben werden, als daß er sie als Unkundige und Verächter Gottes bezeichnete. Denn hier ist Ungläubigkeit, hier ist Ungehorsam, hier sind Frevel, hier ist Lästerung gegen Gott, hier ist Grausamkeit und Unbarmherzigkeit gegen den Nächsten, hier ist Selbstliebe in allen Dingen Gottes und der Menschen. . (Freier Wille)
Die Gottlosen aber sind wahrlich schuldig und des Zornes Gottes würdig. Das ist so klar, daß dawider keiner mucken kann. . (Freier Wille)
„Anfang aller Sünde ist: von Gott weichen und ihm nicht trauen.“ (Freiheit)
Die Person aber macht niemand gut als der Glaube, und niemand macht sie böse als allein der Unglaube. (Freiheit)
PS: Ich bin da anderer Meinung. Aber wer bin ich gegen Luther?