BERLIN. (hpd) Die Kinderbeauftragte Marlene Rupprecht (SPD) und die kinderpolitischen Sprecherinnen Diana Golze (Die Linke) und Katja Dörner (Bündnis 90/Die Grünen) haben gestern einen Gesetzentwurf zur Zulässigkeit der Beschneidung von Jungen vorgelegt, den sie als Alternative zu dem von der Bundesregierung vorgelegten Entwurf erachten.
Der vorgelegte Gesetzentwurf, der von den drei Kinderbeauftragten/kinderpolitischen Sprecherinnen und weiteren Abgeordneten eingebracht wurde, ist kurz und bündig.
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Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs
Nach § 1631c des Bürgerlichen Gesetzbuchs in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Januar 2002 (BGBl. I S. 42, 2909; 2003 I S. 738), das zuletzt durch Artikel ... des Gesetzes vom ... (BGBl. I S. ...) geändert worden ist, wird folgender § 1631d eingefügt:
„§ 1631d Beschneidung des männlichen Kindes
Die Personensorge umfasst auch das Recht, in eine medizinisch nicht erforderliche Beschneidung des männlichen Kindes einzuwilligen, wenn es das 14. Lebensjahr vollendet hat, einsichts- und urteilsfähig ist, der Beschneidung zugestimmt hat und diese nach den Regeln der ärztlichen Kunst von einer Ärztin oder einem Arzt mit der Befähigung zum Facharzt für Kinderchirurgie oder Urologie durchgeführt werden soll. Dies gilt nicht, wenn durch die Beschneidung auch unter Berücksichtigung ihres Zwecks das Kindeswohl gefährdet wird.“
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Dazu erklärten die Kinderbeauftragte/kinderpolitischen Sprecherinnen: „In unserem Entwurf stehen die Kinderrechte im Mittelpunkt. Ihre Rechte dürfen nicht – weder religiös motiviert noch aus anderen Erwägungen – zur Disposition gestellt werden. Nach sorgfältiger Abwägung der grundgesetzlich geschützten Rechtsgüter, insbesondere dem Recht des Kindes auf körperliche Unversehrtheit, dem Recht der Eltern auf elterliche Erziehung, der Religionsfreiheit des Kindes sowie dem Schutz des Kindeswohls legen wir einen Gesetzentwurf vor, der eine Beschneidung von Jungen unter Einhaltung bestimmter Anforderungen im Recht der elterlichen Sorge (§§ 1626 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuchs – BGB) regelt und grundsätzlich erlaubt.
Die Beschneidung ist ein schmerzvoller und mit Risiken behafteter chirurgischer Eingriff. Die irreversible Entfernung des hochsensiblen, erogenen und funktional wichtigen Körperteils hat dauerhafte physische, psychische und sexuelle Auswirkungen. Wir sind daher zu der Auffassung gelangt, dass ein derart schwerwiegender Eingriff in die körperliche Unversehrtheit des Kindes nur mit dessen ausdrücklicher Einwilligung vorgenommen werden darf. Voraussetzung dafür ist die Vollendung des 14. Lebensjahres und die Einsichts- und Urteilsfähigkeit des betroffenen Kindes. Die Beschneidung muss darüber hinaus nach den Regeln der ärztlichen Kunst von einer Ärztin oder einem Arzt mit der Befähigung zum Facharzt für Kinderchirurgie/Urologie erfolgen.“
Erste Stellungnahmen
In einer ersten Stellungnahme begrüßten die Laizistinnen und Laizisten in der SPD diesen alternativen Gesetzesvorschlag zur Beschneidung von männlichen Kindern aus religiösen Gründen.
Bundessprecher Horst Isola erklärte dazu: „Der Alternativentwurf anerkennt die Würde des Kindes und sein unverzichtbares Recht auf körperliche Unversehrtheit. In unserer Rechtsordnung haben Kinder das Recht auf gewaltfreie Erziehung und Schutz vor körperlicher Bestrafung, seelischer Verletzung und anderen entwürdigenden Maßnahmen. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung stellt den Versuch dar, diese Rechtsordnung auszuhebeln. Es ist zu hoffen, dass der Alternativentwurf eine breite Zustimmung im Bundestag findet.“
Das katholische domradio ging umgehend auf die Gegenposition: „Alternativer Gesetzentwurf ohne große Aussichten auf Erfolg“.
Anzumerken ist auch eine erste Reaktion von Matthias Krause, der kritisch, auch den Entwurf ablehnend, anmerkt, dass es derzeit anscheinend unmöglich sei, ein verfassungskonformes Gesetz zu erlassen, das die Beschneidung von unmündigen Knaben erlaube.
C.F.