WEIMAR. (hpd/fgw) Im Landkreis Weimarer Land ist heuer Ungeheuerliches geschehen. Die Trägerschaft für die Erziehungsberatungsstelle war neu zu vergeben. Und die Diakonie kam hier nicht zum Zuge. Das lässt aufmerken, zumal die CDU im Kreistag die stärkste Fraktion stellt und einer der bekanntesten Parteichristen des Landes Vorsitzender des zuständigen Sozialausschusses ist.
Unter der Überschrift „Ohne große Diskussion“ berichtete die Lokalausgabe Apolda der „Thüringer Allgemeine“ über diese denkwürdige Sitzung und den doch äußerst bemerkenswerten Beschluss der Kommunalpolitiker.
In dem Artikel von Klaus Jäger heißt es u.a.: „Bei ihrem einstimmigen Beschluss ließen sich die Ausschussmitglieder von der Beurteilung durch das Fachamt leiten. Mit dem Internationalen Bund, dem Trägerwerk Soziale Dienste und dem Diakoniewerk Apolda hatte es im Vorfeld gleich drei Kandidaten für die Trägerschaft gegeben. (...)“
Mittels einer Punktevergabe waren die drei Bewerber geprüft worden, wobei das Trägerwerk Soziale Dienste am besten abschnitt.
Beim Trägerwerk Soziale Dienste (TWSD) handelt es sich um eine säkulare, also eine weltanschaulich und religiös neutrale, Organisation. Das TWSD wurde nach 1990 von engagierten Thüringern gegründet. Zunächst in der Rechtsform als „e.V.", inzwischen als „gGmbH". In den mehr als 20 Jahren seines Bestehens hat das TWSD thüringenweit eine Vielfalt von sozialen Einrichtungen selbst gegründet bzw. in Trägerschaft übernommen. Das reicht von Kindergärten über Jugendklubs und Beratungseinrichtungen bis hin zum „Betreuten Wohnen" für Senioren. Und neuerdings engagiert sich das TWSD auch im stationären und ambulanten Hospizwesen.
Zur Bewerbung und dem Konzept der Diakonie heißt es in dem Zeitungsartikel: „Am wenigsten überzeugt hat das Konzept der Diakonie. Hier benannte das Konzept einfach zu wenige der erforderlichen Punkte."
Da kann man eigentlich nur sagen: Der kirchliche Sozialkonzern war hier wohl in gewohnter Weise zu siegessicher und zu oberflächlich in die Bewerbung gegangen. Diakonie (und auch Caritas) sind es ja gerade in den ostdeutschen Ländern gewohnt, dass Staat und Kommunen ihnen bereitwilligst bisher öffentliche Einrichtungen übertragen. Und wenn dann sogar noch die CDU in den Entscheidungsgremien das Sagen hat, dann kann ja gar nichts schiefgehen... Bei der verstärkten Missionierung des heidnischen Ostens...
Aber Sonntagspredigten und angemaßtes Gewohnheitsrecht sind nun mal keine konzeptionellen Argumente. Die Zeitung dazu weiter: „Die Ausschussmitglieder folgten schließlich ohne große Diskussion dem Vorschlag des Amtes."
Dieses eine kleine Beispiel zeigt, dass es in deutschen Landen auch anders geht, dass es vor allem Alternativen für Freie Trägerschaften gibt.
Den beteiligten Kommunalpolitikern, auch denen der CDU, gebührt große Anerkennung für dieses Beispiel von Objektivität in einer Sachentscheidung. Anerkennung dafür, dass sie sich von begründeten Kriterien und Argumenten überzeugen ließen und nicht vom Anspruchsdenken der Religionsvertreter.
Ja, man könnte diese kommunalpolitische Entscheidung sogar als eine besondere Form der Zivilcourage bezeichnen!
Siegfried R. Krebs
Der Kommentar wurde ebenfalls auf Freigeist-Weimar veröffentlicht.