Notizen aus Polen (2)

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Kreuz // (cc) DerGroggy [CC BY-NC-SA 2.0] / Flickr

POLEN. (hpd) Bemerkenswertes aus säkularer Sicht (Zeitraum 15.12. – 13.01.13). Eine Gesetzesinitiative der Palikot-Bewegung zur Patientenverfügung, die Kirche fordert eine Lizenz bei der Umstellung auf digitales Fernsehen, drei Priester-Skandale in kurzer Zeit und die Heiligen Drei Könige als großes Kirchenfest.


Gesetzesinitiative zur Patientenverfügung

Laut Medienberichten hat die linksliberale Palikot-Bewegung (RP) angekündigt, demnächst eine Gesetzesinitiative in das polnische Parlament (Sejm) einzubringen, die die Patientenverfügung einführen soll. Demnach soll geregelt werden, was ein Arzt für Therapiemethoden und Eingriffe vornehmen darf, wenn der Patient nicht ansprechbar ist. In der Patientenverfügung kann auch eine Person benannt werden, die in bestimmten Fällen die Entscheidungsgewalt hat. Im Einzelnen ist noch unklar, welche Maßnahmen in der Patientenverfügung geregelt werden dürfen. Die Sterbehilfe solle damit jedoch nicht durch die Hintertür eingeführt werden.
Konkret soll jeder vollmündige Erwachsene eine schriftliche Patientenverfügung abgeben dürfen, die in einem speziellen landesweiten Register gespeichert wird. Sie soll für jeweils fünf Jahre gelten, der Betreffende bekommt jederzeit die Möglichkeit, sie zu wiederufen. Der Arzt wäre dann an die Verfügung gebunden und dürfte nicht gegen den Willen des Patienten handeln.

Die Akzeptanz der polnischen Bevölkerung für eine solche gesetzliche Lösung scheint groß zu sein. Eine Umfrage des Meinungsforschungsinstitutes CBOS hat ergeben, dass 53 Prozent der Befragten für die Einführung von Regelungen stimmen würden, die es ermöglichen, sich gegen lebenserhaltende Maßnahmen zu entscheiden. Der Arzt sollte dann lebensverkürzende Mittel verabreichen dürfen, wenn der Betreffende an einer schweren, nicht heilbaren Krankheit leidet und starke Schmerzen hat. Dabei müsste er von sich aus in vollem Bewusstsein darum bitten. Allerdings sind auch 39 Prozent dagegen. 60 Prozent der Befragten sind für die Einführung einer Patientenverfügung, in der lebenserhaltende Maßnahmen abgelehnt werden können.

Religionsnahe Kommentatoren befürchten, dass mit einer solchen Regelung die Zustimmung in der Bevölkerung für die Sterbehilfe erhöht werden soll. Dieser Logik folgende wird erst die Patientenverfügung eingeführt, die nach einiger Zeit dann den Weg für die Sterbehilfe ebnet. Die Befürworter der Regelungen weisen diesen Vorwurf zurück und sprechen über einen menschenwürdigen und selbstbestimmten Tod, der für jeden Menschen möglich sein sollte. (Quelle 1), (Quelle 2), (Quelle 3), (Quelle 4) und (Quelle 5). (Alle Polnisch)

Kirche fordert Lizenz bei der Umstellung auf digitales Fernsehen

In Polen erfolgt seit einigen Jahren die Umstellung der Art der terrestrischen Übertragung der Fernsehsignale. Es geht dabei um den Wechsel von analoger zu digitaler Fernsehübertragung (DVB-T) – die analoge soll Mitte 2013 endgültig beendet werden. Das neue digitale Fernsehen biete im Gegensatz zur früheren Technik viele Vorteile – eine ist zum Beispiel die gesteigerte Programmvielfalt, denn wesentlich mehr Fernsehkanäle können nun übertragen werden.

Redemptoristen-Pater Tadeusz Rydzyk, Gründer des in Polen sehr bekannten kirchlichen Radiosenders Radio Maryja, bemüht sich seit dem Beginn der Umstellung um eine Übertragungslizenz für seinen Fernsehsender TV Trwam – aktuell wird der Sender im Kabelnetz und per Satellit übertragen. Die Lizenzen für DVB-T werden vom Landesrat für Radio und Fernsehen (KRRiT) vergeben, der als staatliche Behörde die Aufsicht über die Medien inne hat. Diese Bemühungen sind fortwährend Thema der Berichterstattung landesweiter Medien. Mittlerweile haben ca. 2,5 Millionen Menschen dem Landesrat geschrieben, um sich für TV Trwam einzusetzen – den Aufruf für diese Aktion hatte der Redemptoristen-Pater gestartet.

Demnächst steht die Lizenzvergabe für vier weitere Fernsehsender an, die durch eine Ausschreibung vollzogen werden soll; verschiedene Kriterien wie zum Beispiel die finanzielle Ausstattung werden dabei berücksichtigt. Unter den ausgewählten Sendern soll auch ein gesellschaftlich-religiöser Kanal sein.

Nun hat Rydzyk in der polenweiten Tageszeitung Nasz Diennik, die zu seinem Medienkonglomerat gehört, gesagt, dass „schon die Entscheidung gefallen ist, dass TV-Trwam den Platz nicht bekommt“. Dieses würde bedeuten, dass vor Ende der Ausschreibung entschieden wurde, dass ein anderer Fernsehsender den Zuschlag für die Lizenz bekommt. Die links-liberale Tageszeitung Gazeta Wyborcza hingegen meldet, dass es sehr Wahrscheinlich ist, dass TV Trwam den Zuschlag erhält. (Quelle 1), (Quelle 2) und (Quelle 3). (Alle Polnisch)

Drei Priester-Skandale in kurzer Zeit

Die Medien berichteten in den letzten Wochen gleich über drei Skandale, die sich unter Beteiligung von katholischen Geistlichen in Polen ereignet haben.

Ende Dezember ist der Priester Pawel K. in einem Hotel in Breslau festgenommen worden – Hotelangestellte riefen die Polizei, nachdem sie feststellten, dass minderjährige Jungs in ein Hotelzimmer mitgenommen wurden. Nun sitzt K. für drei Monate in Untersuchungshaft mit dem Vorwurf des Besitzes von pornographischem Material mit Jungen unter 15 Jahren. Den zweiten Vorwurf, der zur U-Haft führte, wollte der Staatsanwalt bisher nicht bekannt geben. Polizei und Staatsanwaltschaft halten sich mit Details zurück, man wolle die laufenden Ermittlungen nicht gefährden.
Der Geistliche ist schon früher auffällig geworden; 2010 ist Pawel K. wegen des Besitzes von Kinderpornographie zu einem Jahr Gefängnis auf Bewährung verurteilt worden; die Bewährungszeit wurde auf fünf Jahre festgelegt. Ein Sprecher der Kurie in Breslau teilte mit, dass K. daraufhin von allen kirchlichen Ämtern entbunden wurde – er ist beurlaubt.

Der zweite Skandal begann mit einer unbezahlten Tankstellenrechnung. Die Polizei machte das Fahrzeug in kürzester Zeit ausfindig und befragte den Fahrer. Dieser gab an, dass der Beifahrer an der Tankstelle bezahlen wollte. Dieser soll jedoch angefangen haben, die Polizisten zu beleidigen, woraufhin es zu Handgreiflichkeiten gekommen sein solle. Nach Aussagen der Polizisten hat der Mann sie angegriffen. Es stellte sich heraus, dass der Beifahrer Mirsolaw G. ein Priester ist. In seinem Blut wurden 1,8 Promille Alkohol festgestellt, er kam in Haft und verweigert bisher die Aussage. Die zuständige Kurie möchte den Fall nicht kommentieren.

Der dritte Skandal steht auch in Verbindung mit einem Geistlichen unter Alkoholeinfluss. Bischof Piotr Jarecki ist Mitte Oktober mit seinem Auto in Warschau auf ein Straßenschild am Wegesrand aufgefahren. Die Polizei stellte daraufhin beim Bischof einen Blutalkoholwert von über 2,5 Promille fest. Zwei Tage später gab Jarecki eine öffentliche Erklärung ab, in der er sich für seine Tat entschuldigte und ankündigte, dass er in kürzester Zeit eine Therapie beginne werde.
Jarecki wollte sich freiwillig und im Einvernehmen mit dem Staatsanwalt ohne Verhandlung einer Strafe unterwerfen. Ende Dezember stimmte dem das zuständige Gericht jedoch nicht zu und ordnete eine Verhandlung an, der Termin ist für Ende Januar angesetzt. (Quelle 1), (Quelle 2), (Quelle 3), (Quelle 4) und (Quelle 5). (Alle Polnisch)

Die Heiligen Drei Könige – ein großes Kirchenfest

Im Gegensatz zu Deutschland wird in Polen das kirchliche Fest der Heiligen Drei Könige am 6. Januar groß gefeiert. Auf den Straßen polnischer Städte herrscht an diesem Tag eine Atmosphäre, die an Karneval erinnert.

Durch die Straßen von Warschau zum Beispiel zog eine Prozession mit Caspar, Melchior und Balthasar reitend auf Kamelen und Pferden, umgeben von vielen anderen, bunt verkleideten Menschen. Der Weg war gesäumt von vielen Zuschauern, Kinder hatten bunte Pappkronen auf.

Ausgiebig feiern können die Polen an diesem Tag, da er ein gesetzlicher Feiertag ist. Er wurde aufgrund von Forderungen seitens der Kirche und rechts-konservativer Politiker eingeführt. Gleichzeitig wurde durch das Parlament entschieden, dass zukünftig Feiertage, die auf einen Samstag oder Sonntag fallen, nicht mehr an Arbeitstagen als zusätzliche Feiertage genommen werden dürfen. Das polnische Verfassungsgericht urteilte jedoch Anfang Oktober 2012, dass ausfallende bewegliche Feiertage ersetzt werden müssen.

Dieser Feiertag hat darüber hinaus eine große Bedeutung für die Mitglieder der orthodoxen Kirche – sie feiern an diesem Tag Heiligabend. Immerhin leben laut Hauptstatistikamt (GUS) über 500.000 orthodoxe Christen in Polen. Über dieses Ereignis wurde in den polnischen Medien sehr intensiv berichtet. (Quelle 1), (Quelle 2), (Quelle 3), (Quelle 4) und (Quelle 5). (Alle Polnisch)

Lukas Plewnia