NEUKIERITZSCH. (hpd) Auf dem Landesparteitag der FDP in Sachsen legten die Liberalen einen Beschluss zur Überprüfung der Aktualität und Zeitmäßigkeit der Staatsleistungen an die Kirchen vor. Sie sprachen sich dafür aus, die bisherigen Zahlungen, die auf Verträgen von 1803 beruhen, zu hinterfragen.
Außerdem sprachen sie sich für den Erhalt von konfessionslosen Schulen aus, sowie die Entkopplung der Gehälter von Geistlichen von den Beamtenbezügen und deren automatischer Steigerung.
Da die Kirchenmitgliederzahlen immer weiter sinken, die Haushalte der Länder immer geringere Einnahmen haben, sei es für die FDP nicht mehr hinnehmbar, dass jährlich immer größere Summen, die sich inzwischen in Sachsen auf jährlich 23,5 Mio. Euro belaufen, an die Kirchen fließen (21,5 Mio. Euro an die evangelische, 861.0000 an die katholische Kirche und 725.000 an die Jüdischen Gemeinden).
Inzwischen seien diese um über zwei Drittel gegenüber dem Vertragsabschlusszeitpunkt gestiegen und die Gelder flössen nicht zweckgebunden in die Haushalte. Sie sprachen sich dafür aus, dass die Zahlungen und die automatische Kopplung der Gehälter von Geistlichen an Beamtengehälter nicht mehr zeitgemäß seien. Auch die arbeitsrechtliche Sonderstellung von Angestellten in kirchlichen Einrichtungen sei überprüfenswert. Die Rechte der Beschäftigten bei kirchlichen Arbeitgebern sollten gestärkt werden, so dass es keine Kündigung wegen geänderter persönlicher Lebensverhältnisse geben könne. Ebenso soll der Rechtsanspruch auf Sendezeiten im öffentlichen Rundfunk auf den Prüfstand. Der Austritt aus der Kirche sollte gebührenfrei sein und die automatische Steuerpflicht für konfessionslose Ehepartner soll abgeschafft werden. Bisher würden diese bei der Heirat mit Kirchenmitgliedern für "besonderes Kirchgeld" ebenfalls zur Kasse gebeten.
Bischöfe kritisieren FDP
Natürlich haben die Bischöfe und die CDU sofort aufgeschrien und die Unmöglichkeit dieser Absichten erklärt. Der katholische Bischof von Dresden-Meißen, Heiner Koch, und der sächsische evangelische Landesbischof Jochen Bohl warnten in ungewohnter Einigkeit sofort vor einer Änderung der bestehenden Staatskirchenverträge und drohten hohe Einmalzahlungen an die Kirchen an.
Zudem werde mit einer Änderung das kirchliche Engagement in Zweifel gezogen, an dem viele Bürger auch Anteil haben. Bohl und Koch verwiesen auf das von „gegenseitiger Anerkennung und Vertrauen geprägte partnerschaftliche Verhältnis von Freistaat und Kirchen. Die Verträge seien durch den Freistaat in bestem Einvernehmen mit der evangelischen Kirche 1994 und mit dem Heiligen Stuhl 1996 geschlossen worden. Der Landtag habe mit großer Mehrheit zugestimmt.“
CDU steht fest an der Seite der Kirchen
Der CDU-Fraktionsvorsitzende Steffen Flath erklärte: „Die CDU-Fraktion steht geschlossen und uneingeschränkt hinter den Staatsleistungen an die Kirchen. Wir erkennen die Leistungen und die Bedeutung der Kirchen in Sachsen an und halten an den Staatsverträgen weiterhin fest. Damit wird unter anderem die Trennung von Staat und Kirche geregelt. Die Staatsverträge begründen sich außerdem auf den Vermögensentzug der Kirchen und sind Ausdruck der Wertschätzung kirchlicher Leistungen für die gesamte Gesellschaft.“
Nur mal zwischendurch gefragt: Welche hohen Leistungen der Kirchen? Welchen Vermögensentzug? Herr Flath sollte sich doch mal mit den wirklichen geschichtlichen Hintergründen der angeblichen Enteignung des „Kirchenvermögens“ befassen, was der „Reichsdeputationshauptschluss“ von 1803 wirklich enthielt und nicht Halbwahrheiten ins Feld führen.
Weiterhin erklärte er: “Wenn der Koalitionspartner FDP nun beabsichtigt, die Leistungen an die Kirchen zu kürzen, so warne ich vor den Folgen dieses Schnellschusses. Entweder die Kirchen müssten ihre Leistungen für die Gesellschaft ebenfalls kürzen oder die Mitglieder müssten ihren finanziellen Beitrag deutlich erhöhen. Für beide Wege steht die CDU-Fraktion in Sachsen nicht zur Verfügung. Die Kirchen leisten einen wichtigen Beitrag und erbringen unschätzbare Leistungen, die der gesamten Gesellschaft zu Gute kommen. Ich erinnere nun an die zahlreichen sozialen Einrichtungen wie Krankenhäuser, Pflegeeinrichtungen, Hospize und Beratungsstellen.“
Noch eine Frage zwischendurch: Welche Leistungen sollten denn dabei gekürzt werden? Welche „unschätzbaren“ Leistungen werden denn hier erbracht? Meint Herr Flath etwa die Beschäftigten in diesen Einrichtungen, die aus ideellen Gründen für einen unterdurchschnittlichen Lohn sich zu überdurchschnittlichen Leistungen verpflichtet fühlen? Bezahlt werden sie doch sowieso schon zu mindestens 90 Prozent oder sogar komplett vom Staat und andern Leistungsträgern. Was würde denn also passieren?
Weiter sagt er: „Aber auch Kindergärten und Schulen in kirchlicher Trägerschaft werden immer beliebter und genießen bei vielen Eltern, egal ob konfessionell gebunden oder nicht, größtes Vertrauen. In diesem Zusammenhang hält die CDU-Fraktion auch weiterhin am Religionsunterricht an Sachsens Schulen fest. Gerade in Zeiten der Globalisierung, Beliebigkeit und zunehmender Wertelosigkeit, ist es für uns wichtig, ein offenes Weltbild und ein am Christentum orientiertes Menschenbild und Wertesystem unseren Kindern zu vermitteln. Für mich ist es außerdem wichtig, dass sächsische Schüler die Bedeutung von Ostern auch künftig noch kennen.“
Da wurde doch wieder mal von Herrn Flath die alte Mär bemüht, dass die Kirchen doch so viel Gutes täten. Offensichtlich will er nicht wahrhaben, denn von Nichtkenntnis kann man nicht sprechen (auch er war 2010 einer von 20 Adressaten in der Regierung Sachsen, die das „Violettbuch- Kirchenfinanzen in Deutschland“ von Carsten Frerk kostenfrei erhalten haben), dass z.B. die kirchlichen Krankenhäuser komplett von Renten- und Sozialversicherungsträgern sowie vom Staat finanziert werden. Aus diesem Grunde ist es auch völlig unverständlich, dass es dort eigene arbeitsrechtliche Bestimmungen gibt.
Bei den Schulen in kirchlicher Trägerschaft ist es auch nicht verwunderlich, dass sie sich wachsender Beliebtheit erfreuen, werden doch dort aus finanziellen Gründen den meisten Kindern mit Migrationshintergrund und Kindern aus prekären Verhältnissen von vornherein Schranken gesetzt. Da schafft man sich doch gleich ein anderes Klima an diesen Schulen. Kein Wunder also, wenn Eltern, die für ihre Kinder beste Lernbedingungen schaffen wollen, sich dahin orientieren. Kurioserweise erreichen diese Schüler aber nicht in gleicher Weise überdurchschnittlich bessere Ergebnisse und Abschlüsse, als an ganz normalen anderen Schulen.
Und der Religionsunterricht hat dennoch nichts in den Schulen zu suchen. Wer sein Kind unbedingt dem aussetzen will, sollte dies außerschulisch tun. Religion ist und bleibt Privatsache. In eine Schule gehört ein konfessionsloser Religionsgeschichtlicher und Ethik-Unterricht ohne Missionierungsauftrag. Dabei kann sehr wohl ein offenes Weltbild und ein Wertesystem für unsere globale Welt vermittelt werden. Dazu bedarf es keinen Bezug zu irgendeinem Gott.
Kann man doch jetzt nur hoffen, dass es noch mehr Parteien im Sächsischen Landtag gibt, die sich dem Vorschlag der FDP anschließen und diesen Staatsleistungen auf den Grund gehen und diese neu regeln wollen.
Elke Schäfer