Selbstbestimmung der Patienten garantieren

BERLIN. (hpd/HVD) Am morgigen Mittwoch, dem 21. Januar, beraten die Abgeordneten des Deutschen Bundestages über zwei fraktionsübergreifende Gesetzentwürfe zu Patientenverfügungen. Im ARD-Morgenmagazin am gleichen Tag erläutert Gita Neumann, die Bundesbeauftragte für Patientenverfügungen und Humanes Sterben, die Haltung des HVD dazu. Der Humanistische Verband hat heute seine Haltung zum Thema noch einmal klargestellt.

Mehrere Millionen Bundesbürger vertrauen auf eine von ihnen unterschriebene Patientenverfügung. Sie legen darin vorab fest, ob und wie sie bei schwerer Krankheit von Ärzten behandelt werden möchten, wenn sie sich nicht mehr selbst äußern können. Die Rechtslage ist strittig. Einige Urteile sagen klar, dass sich Mediziner in jedem Fall an eine solche Willenserklärung halten müssen, andere Juristen streiten dagegen. Der Deutsche Bundestag hat nun vor, das zu ändern und will Patientenverfügungen mit mehr Rechtssicherheit ausstatten. Doch sind die Ansichten darüber, was das bedeutet, zumindest zweigeteilt.

So sieht dies jedenfalls der HVD. Er sieht der ersten Lesung der zwei neuen Gesetzentwürfe zu Patientenverfügungen im Bundestag mit der Erwartung entgegen, dass sich nach fünf Jahren Debatte endlich die künftige gesetzliche Regelung am Willen der Betroffenen orientiert und die aktuelle Rechtslage festschreibt. Deshalb hat sich der HVD bereits mehrfach für den durch die Gruppe um den Bundestagsabgeordneten Stünker (SPD) erstellten Entwurf ausgesprochen.
Von diesem weicht der Entwurf von Zöller/Faust, der morgen im Bundestag diskutiert wird, lediglich in Akzenten ab, so dass der HVD eine Polarität von zwei Richtungen erkennt: Bosbach, Röspel, Göring-Eckhardt u.a. (dieser Entwurf kommt morgen ebenfalls in die Debatte) oder Stünker u.a. – das ist hier die Frage.

„Wir unterstützen eine Regelung, die nicht nur für Patienten, Verwandte und Ärzte eindeutig und nachvollziehbar ist, sondern die insbesondere die Würde und die Selbstbestimmung des Menschen gerade an der Schwelle zum Tod respektiert“, erklärt Dr. Horst Groschopp, Präsident des HVD.
Nach dem Entwurf Stünker sollen auch Patientenverfügungen, die ohne Mitwirkung eines Notars zustande kommen, als gültig angesehen werden. Der HVD, der bereits seit vielen Jahren eine bundesweite Hinterlegungsstelle für Patientenverfügungen anbietet, berät Interessierte vor Abschluss einer Verfügung auf Wunsch umfassend. „Es muss auch in Zukunft möglich sein, den Willen des Patienten zu befolgen, ohne die Hürde umständlicher und teurer Verfahren. Auch die Ärzteschaft sollte an einer klaren Regelung interessiert sein und sich hier mehr für ihre Patienten einsetzen“, so Dr. Groschopp.

Besonders kritisch sieht der HVD den Vorschlag, Patientenverfügungen notariell verfassen zu müssen und im 5-Jahresrhythmus zu erneuern. Hier hängt die Entscheidung über den eigenen Tod davon ab, ob der Einzelne rechtzeitig an die Frist gedacht hat und nicht etwa davon, dass er seinen  tatsächlichen Willen einmal schriftlich niedergelegt hat. „Das ist ein Beschäftigungsprogramm für Bürokratien und Anwälte und ein Hindernisrennen für schwer Kranke und ihre Familien. Das widerspricht unserem humanistischen Menschenbild. Wir vertrauen auf die Entscheidung des frei willensfähigen Menschen, eigene Entscheidungen über das eigene Leben zu treffen“, bekräftigt Dr. Groschopp.

Gita Neumann präzisiert: "Die immer wieder neu vorgetragenen Bedenken gegen die Patientenverfügung von der Gruppe um Bosbach haben dazu geführt, dass Ratsuchende, die sich zunehmend an die Bundeszenteralstelle Patientenverfügung des HVD wenden, massiv verunsichert worden sind. Es ist schlechterdings ein völlig unpraktikables Unding, dass diese Gruppe sich ein Procedere für eine uneingeschränkt gültige Patientenverfügung ausgedacht hat, welches niemand genau einzuhalten vermag: Den Arzt aufsuchen, sich beraten lassen, dann mit irgendeiner ärztlichen Dokumentation darüber zum Notar gehen, sich dort einen beliebigen Text der Patientenverfügung aufsetzen lassen, der mit der früheren ärztlichen Dokumentation nicht abgestimmt sein muss. Das Ganze soll dann, wenn eine Entscheidungssituation eingetreten ist, in jedem Fall der Überprüfung durch einen Vormundschaftsrichter unterworfen sein. Unterm Strich: Ein unnötig teures und hindernisreiches Verfahren, um die Verbindlichkeit eines vorsorglich erklärten Behandlungsverzichtes fast zu verunmöglichen – im Namen des Lebensschutzes."