Orthodoxer Mob gegen Selbstbestimmung

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Priester an der Spitze der Homophoben / Fotos: Tinatin Japaridze

TIFLIS. (hpd) Eine Gruppe von Demonstranten, die anlässlich des "Internationalen Tages gegen Homophobie und Transphobie (IDAHO)" gegen Intoleranz und Homophobie eine Schweigedemonstration veranstalten wollten, wurden von einem gewalttätigen Mob unter Anführung orthodoxer Priester übel attackiert, verletzt und gedemütigt. Die Polizei zögerte, die Demonstranten vor dem Hass und den Demütigungen zu schützen.

TeilnehmerInnen der Demonstration in Tiflis rufen zu einer Demonstration für einen säkularen und toleranten Staat Georgien auf. Die Demonstration findet am Donnerstag, den 23. Mai 2013 um 18.00 Uhr vor der georgischen Botschaft in Berlin statt. Rauchstraße 11, 10787 Berlin (Tiergarten).

 

Am 17. Mai 2013 haben Menschenrechtsaktivisten in der Hauptstadt Tiflis anlässlich des "Internationalen Tags gegen Homophobieund Transphobie (IDAHO)" gegen Intoleranz und Homophobie eine Schweigedemonstration veranstaltet. Mehrere tausend Gegendemonstranten, die von Priestern der georgisch-orthodoxen Kirche angeführt wurden, durchbrachen die Polizeiabsperrungen und griffen die AktivistInnen an. Die Priester riefen außerdem zur Gewalt gegen Homosexuelle und MenschenrechtlerInnen auf und sprachen Morddrohungen aus.

Nur mit großer Mühe und nach langem Zögern, gelang es der Polizei die AktivistInnen vor der exzessiven Gewalt der Ultraorthodoxen zu schützen und mit Bussen in Sicherheit zu bringen. Die Ultraorthodoxen bewarfen die Busse daraufhin mit Steinen und versuchten weiterhin Gewalt auszuüben. Es gab viele Verletzte.

Wie der Standard berichtet, sollen gestern vier Angreifer verhaftet worden sein. Von den orthodoxen Priestern, die den Mob von einigen Tausend Homophoben angeführt hatten, ist offenbar keiner unter den Verhafteten.

Zwei Augenzeugenberichte

Am 17. Mai, dem IDAHO Tag, war ich mit 20 anderen Aktivisten (18 Frauen und zwei Männern) zusammen, als uns Gegendemonstranten angriffen. Wir wurden von der Polizei umrundet, die wiederum von einer großen Zahl von Gegendemonstranten umgeben war. Auch wenn ihre Anzahl und ihre Aggression anwuchsen (sie beschimpften uns und spuckten in unsere Gesichter), sagte uns die Polizei immer wieder, dass wir den Ort verlassen sollten, um die Situation nicht zu eskalieren. Wir wollten natürlich nicht gehen, weil die aggressive Menschenmenge uns angreifen würde. Unnötig zu sagen, dass wir uns nicht in verbalen Kontakte mit den Aggressoren engagierten. Wir standen still. Einige von uns forderten, dass die Polizei besondere Maßnahmen zu unserem Schutz ergreifen solle und dass wir eine Transportmöglichkeit brauchten. Sie haben sich jedoch geweigert. Wir haben versucht, Kontakt zu den drei Ansprechpartnern zu bekommen, die vom Innenministerium bereitgestellt worden waren, aber ohne Erfolg.

Später gesellten sich zwei Frauen, Vertreterinnen der Vereinten Nationen, zu uns. Sie zeigten der Polizei ihre Arbeitsausweise und nur nach der Realisierung, dass UN-Vertreter bei uns waren, hat die Polizei einige Schritte unternommen. Unter der Leitung der UN-Mitarbeiter führten sie uns zum Eingang ihres Bürogebäudes, wo wir einen vorübergehend Schutz fanden. Auf dem Weg zum Eingang wurden einige von uns durch die Gegendemonstranten angegriffen. Steine und mit Wasser gefüllte Plastikflaschen wurden mit voller Wucht auf uns geworfen. Eines der Mädchen hatte eine Kopfverletzung und blutete. Die Polizei sah sehr wohl, wer die Steine geworfen hatte, tat aber nichts. Meines Wissens ist niemand von der Polizei festgenommen worden.

Wir verbrachten einige Zeit im Schutzraum, wo UN Vertreter die Polizisten bedrängten, etwas zu unternehmen. Ich glaube, dass dank ihrer Bemühungen die Polizei aktiv wurde und einen gelben Kleinbus für unsere Evakuierung organisierte. Sie bildeten einen Korridor und wir wurden aus dem Gebäude hinausgebracht. Zwei Polizisten begleiteten uns bis in den Kleinbus, während Aggressive aus der Menge versuchten, uns zu erreichen und das Steinewerfen, Spucken und Fluchen fortsetzten.

Die Menge versuchte, den Kleinbus am Fahren zu hindern. Die Gegendemonstranten griffen uns von außen aus an, warfen Steine, zerbrachen die Fensterscheiben, wollten uns beißen, packten uns an den Haare und am Körper, warfen Flaschen, und versuchten, uns aus den Fenstern zu ziehen, während wir angespuckt und verflucht wurden. Der Minibus konnte nur sehr langsam fahren. Nicht nur wegen der Menge, sondern auch weil die Frontscheibe beschädigt worden war, was die Sichtfähigkeit behinderte. Sie versuchten auch, in den Kleinbus hinein zu kommen und den Fahrer herauszuzerren. Die beiden Polizisten taten wirklich eine gute Arbeit, indem sie sicherstellten, dass der Kleinbus nicht stoppte. Ich bin den beiden sehr dankbar, ebenso wie dem Fahrer.

Wir waren außerhalb Tiflis an einem sicheren Ort gebracht. Mitglieder unserer Gruppe wurden mit Streifenwagen der Polizei sicher in ihre Häuser (oder Straßen in der Nähe) gebracht.

Als Ergebnis dieser Angriffe hat ein Aktivist Kopfverletzungen (Schnitte und Blutungen), zwei Aktivisten haben eine Gehirnerschütterung, andere haben leichte Verletzungen (Prellungen, Schnitte, Kleider zerrissen, etc.). Unnötig zu sagen, das jeder geschockt ist.

Mit voller Verantwortung kann ich sagen, dass die versammelten Menge mehr als bereit war, uns zu zerreißen und zu töten. Es war eine Frage des Glücks, dass wir überlebt haben. Wenn wir eine Minute länger im Kleinbus geblieben wären, bin ich mir sicher, dass wir mit Messern getötet worden wären.

Mariam Gagoshashvili


Georgische Gesellschaft zeigte seine "Gastfreundschaft" und "Toleranz"

Mein Kollege und ich gingen zum Rustaveli Avenue, in Tiflis, Georgien, um einen Flashmob zum Internationalen Tag der Homophobie und Transphobie zu begleiten. Wir waren früh losgegangen, da wir auch die Gegendemonstranten sehen wollten, deren Aufmarsch in den frühen Morgenstunden begann.

Beispielbild
Aufmarsch der Priester und der Gemeinde in Richtung altes Parlamentsgebäude