„Es wird keine Lawine rollen“

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Gebäude der Ärztekammer in Berlin / Foto: Ärztekammer

BERLIN. (hpd/dgpd) Die Deutsche Gesellschaft für Humanes Sterben (DGHS) begrüßt den Widerstand einzelner Landesärztekammern gegen eine Verbotsformulierung in der Frage des assistierten Suizids und setzt auf das Verantwortungsbewusstsein der Ärzte.

Als „ermutigendes Signal für das Recht auf Selbstbestimmung am Lebensende“ bezeichnet DGHS-Präsidentin Elke Baezner die Nachricht, dass sich nun auch die Ärztekammer Berlin gegen einen Passus in der Musterberufsordnung stellt, der die ärztliche Hilfe beim Suizid rigoros verbieten wollte. Die Ärztekammer der Hauptstadt gibt ihren Mitgliedern mit Beschluss vom 21. Juni die berufsrechtliche Vorgabe: „Die Mitwirkung bei der Selbsttötung ist keine ärztliche Aufgabe. Ärztinnen und Ärzte sollen keine Hilfe zur Selbsttötung leisten.“

Damit verhält sich Berlin ähnlich moderat wie u. a. Bayern, Westfalen-Lippe und Baden-Württemberg. Die von der Bundesärztekammer vorgegebene Verbots-Formulierung hatte lediglich Empfehlungscharakter, wogegen die DGHS in den letzten Monaten mit Unterschriftenaktionen und einer Demo vor dem jüngsten Deutschen Ärztetag protestiert hatte. In der Ärzteschaft ist das Thema umstritten.

Elke Baezner: „Ganz sicher rollt jetzt keine Lawine der ärztlichen Freitodhilfe über diese Bundesländer. Die Sprachregelung der LÄK Berlin ist eine Entscheidung für die Menschlichkeit und für die Wahrung der Würde der betroffenen Patienten. Ich appelliere an die übrigen Bundesländer, diese absurde Situation ungleicher Regelungen zu beenden und ihr übernommenes berufsrechtliches Freitodhilfe-Verbot abzumildern. Die Aufrechterhaltung eines berufsrechtlichen Verbots würde ja bedeuten, dass z.B. praktisch jeder Bauarbeiter oder Schornsteinfeger Suizidhilfe leisten dürfte, nur ausgerechnet ein Arzt nicht.“

Die DGHS vertraut auf die Gewissensfreiheit und das Verantwortungsbewusstsein der helfenden Ärzte. Einen entsprechenden fachlichen Austausch zwischen Ärztekollegen und Pflegepersonal unterstützt die DGHS bereits aktiv.

Gefragt ist auch die Bundespolitik. „Dringender denn je brauchen wir eine UMFASSENDE gesetzliche Regelung der ärztlichen Freitodbegleitung und der Sterbehilfe im weitesten Sinne“, betont Baezner. Die Bundesregierung sollte klare Regeln für die Sorgfaltskriterien schaffen, nach denen ein Arzt einem Patienten bei einem wohlüberlegten, selbstbestimmten Freitod helfen darf. Nur so kann denjenigen todkranken Menschen, denen die Palliativmedizin nicht mehr helfen kann oder die diese Hilfe ablehnen, ein Abschied in Würde ermöglicht werden. Ärzte, die verantwortungsbewusst und ihrem Gewissen verantwortlich, einem solchen Patienten diese Art von legaler Sterbehilfe gewähren, also Freitodhilfe, bei der die Tatherrschaft bis zum Schluss beim Sterbewilligen liegt, dürfen weder berufsrechtliche noch strafrechtliche Sanktionen wegen unterlassener Hilfeleistung (§ 323 c) oder gar geschäftsmäßiger Sterbehilfe (angedacht von der CDU-Fraktion als § 217 StGB) befürchten müssen.

Petition

Dazu ist die DGHS  mit einigen Bundestagsabgeordneten im Gespräch und hat soeben eine Petition auf change.org gestartet.

Wega Wetzel