Notizen zu Nordkorea (2)

„Methamphetamin-Epidemie“ in Nordkorea

In der akademischen Zeitschrift North Korean Review ist eine Studie erschienen, die die besorgniserregende Verbreitung von Methamphetamin („Meth“ oder „Crystal“) in Nordkorea beschreibt. In Interviews gaben Flüchtlinge, die in den letzten Jahren das Land verlassen hatten, an, dass „fast alle“ Teenager inzwischen Erfahrungen mit der Droge hätten und in manchen Regionen 50 Prozent der Bevölkerung abhängig seien. Die Ko-Autorin der Studie, Kim Seok-hyang, schildert, dass der Ursprung des Problems Ende der 1990er Jahre zu suchen sei, als die Drogen produziert wurden, um sie nach China zu exportieren.

Nach Verschärfung der Grenzkontrollen suchten die Produzenten einen neuen Absatzmarkt innerhalb des Landes. Zunächst sei die Droge als Schmerzmittel eingesetzt worden, weil es in Nordkorea kein funktionierendes Gesundheitssystem oder Zugang zu Medikamenten gebe. Inzwischen seien jedoch sehr viele Menschen abhängig und würden ihr gesamtes Geld für Methamphetamine ausgeben. Die Droge sei zwar so leicht zu bekommen wie ein „Kaffee in einem Restaurant“, aber trotzdem sehr teuer.

Tourismusprojekte: Fortschritte und Rückschläge

Trotz Berichten darüber, dass durch starke Regenfälle Teile des neu erbauten Geländes verwüstet worden seien, ist in den nordkoreanische Staatsmedien zu lesen, dass das Ski-Resort am Masik-Pass (Masikryong) auf dem Weg der Fertigstellung sei. Dieses Projekt scheint der Führung so wichtig zu sein, dass das „Masikryong-Tempo“ von Kim Jong Un als neue Parole für das gesamte Land ausgerufen wurde.

Auf Nordkoreanisch klingt das so: „Mit generellem Sturmangriff und Entscheidungskampf den Bau des Skigebietes Masikryong unbedingt innerhalb dieses Jahres beenden!“ – das ist die kämpferische Losung, die die Armeeangehörigen, die sich zum Bau des Skigebietes Masikryong erhoben haben, hochzuhalten haben.“

Und weiter: „Der Bau des Skigebietes Masikryong ist eine von unserer Partei initiierte grandiose patriotische Sache dafür, Kim Il Sungs und Kim Jong Ils erhabenen Wunsch der Liebe zum Volk zur Wirklichkeit erblühen zu lassen und so dem Volk vortrefflichere Bedingungen für ein kulturelles Leben zu schaffen. Unser Volk und unsere Jugendlichen malen sich voller Überzeugung den Tag des Glückes aus, an dem sie im auf Weltniveau hervorragend gestalteten Skigebiet Masikryong nach Herzenslust Ski laufen, so ihre körperliche Konstitution abhärten und beim Anblick des herrlichen Sonnenaufgangs und der malerisch schönen Landschaften Sinn und Freude des Lebens spüren werden.“

Für ein „Skigebiet von Weltrang“ fehlen nun noch die Skilifte, die nach Wunsch des Regimes aus einer Skifahrer-Nation zu kommen haben. Nachdem der österreichische Seilbahnhersteller Doppelmayr das Projekt aus „Polit- und Imagegründen“ abgelehnt hatte, wurde man sich mit dem Unternehmen BMF aus der Schweiz einig: Für knapp 5,7 Millionen Euro sollte in Nordkorea eine kombinierte Anlage aus Sessel- und Kabinenbahn entstehen. Doch die schweizerische Regierung untersagte den Deal und klassifizierte die Skilifte als Luxusgüter, die aufgrund der UN-Sanktionen nicht nach Nordkorea geliefert werden dürfen. Denn es sei unwahrscheinlich, dass das Skigebiet der breiten Bevölkerung zu Gute kommen werde.

Nordkorea reagierte mit der üblichen Rhetorik auf die Absage aus der Schweiz und bezeichnete die Entscheidung als „mutwillige Verletzung der UN-Charta, dass die Sanktionen nicht zum Leid der Bevölkerung in den betroffenen Ländern führen sollen.“ Des weiteren seien Seilbahnen nicht dazu geeignet, Raketen oder Kernwaffen herzustellen. Den Vorwurf, dass die durchschnittliche Bevölkerung Nordkoreas das Skigebiet nicht nutzen könne, weist das Land entschieden zurück, dies sei eine „unverzeihliche Beleidigung für das soziale System und das Volk.“

Aber es gibt auch eine gute Nachricht für alle Nordkorea-Reisenden: Während in den Jahren zuvor Mitte Dezember die letzten westlichen Touristen das Land verließen und erst ab Mitte Januar neue Touren angeboten wurden, ist Nordkorea nun ganzjährig für die Reiseorganisationen geöffnet. Erste Angebote für eine Silvesterreise nach Pjöngjang gibt es bereits.

Neue Entwicklungen im Fall Kenneth Bae

Der seit November in Nordkorea festgehaltene US-Bürger Kenneth Bae hat nun sehr direkt um Hilfe aus den USA gebeten. In einem Interview mit der pro-nordkoreanischen japanischen Zeitung Chosun Shinbo bittet er direkt darum, dass ein „hochrangiger Regierungsvertreter“ nach Nordkorea reist, um ihm zu helfen. Bae wurde von dem Arbeitslager, in dem er 15 Jahre Zwangsarbeit verrichten muss, in ein Krankenhaus überführt, weil sich seine Gesundheit weiter verschlechtert hatte. Er soll 23 Kilo an Gewicht verloren haben. Nordkorea versicherte zwar, dass Bae nicht als Faustpfand dient, um die USA an den Verhandlungstisch zu bekommen, aber der sehr direkte Appell Baes wurde von Experten so bewertet, dass die USA auf diese Weise zu Zugeständnissen gezwungen werden sollen. Eigentlich war für vergangenen Freitag eine Reise von Robert King, dem US-Sondergesandten für Menschenrechte, nach Pjöngjang geplant, aber Nordkorea zog in letzter Minute die Einladung vorerst ohne weitere Erklärungen zurück. US-Regierungsquellen zeigten sich sehr überrascht von dem plötzlichen Stimmungswandel, da eigentlich schon im Vorfeld vereinbart worden sei, dass Pjöngjang der Begnadigung Baes zustimmen würde und dieser gemeinsam mit King das Land verlassen könne. Am Samstag folgte eine Erklärung des nordkoreanischen Außenministeriums: Man zeige sich überrascht, warum die USA die Ausladung Kings als plötzlich wahrgenommen haben. Durch UN-Kanäle seien die Vereinigten Staaten informiert worden, dass die kürzlich durchgeführten gemeinsamen Militärübungen mit Südkorea, die einen offensiven und aggressiven Charakter trügen, einen humanitären Dialog unmöglich machten.

Berichten zufolge richtet sich die Aufmerksamkeit nun auf den ehemaligen Basketball-Star Dennis Rodman, der seinen „Freund Kim“ in den nächsten Tagen erneut in Pjöngjang besuchen soll. Er versprach, den Machthaber Nordkoreas direkt um die Freilassung Baes zu bitten. Da Dennis Rodman bisher der einzige US-Amerikaner ist, der mit Kim Jong Un seit seiner Amtsübernahme sprechen konnte, scheint eine Begnadigung auf diesem unkonventionellen Wege sogar möglich zu sein.

Entspannung der innerkoreanischen Beziehungen

Nach Monaten erhöhter Spannungen auf der koreanischen Halbinsel nähern sich die beiden koreanischen Staaten wieder an. Für viele Experten überraschend scheint eine Einigung bezüglich der gemeinsamen Industriezone Kaesong in greifbare Nähe gerückt zu sein. Des weiteren sollen Ende September wieder Familientreffen stattfinden und Verhandlungen über die Touristenregion im nordkoreanischen Kumgang-Gebirge aufgenommen werden.

Anonym (Name der Redaktion bekannt)

 

Notizen zu Nordkorea (1) - (22.07.2013)