Beschneidungsbetroffene

Schau in meine Wunde

Harald Stücker dokumentiert in seinem Blog einen offenen Brief des Facharbeitskreises Beschneidungsbetroffener im MOGiS e.V. zu der geplanten Ausstrahlung einer Sendung über ein muslimisches Beschneidungsfest durch den Kinderkanal (KiKA):

Mit Entsetzen haben wir die Ankündigung der Sendung "Schau in meine Welt – Tahsins Beschneidungsfest" am 19.01.2014 um 13:30 zur Kenntnis genommen.

Wir schreiben Ihnen als Mitglieder des Facharbeitskreises Beschneidungsbetroffener im MOGiS e.V. Dort organisieren sich Männer, die von einer im Kindesalter erfolgten Vorhautamputation negativ betroffen sind. Das bedeutet, dass sie noch heute, als längst Erwachsene, unter den schwerwiegenden körperlichen und seelischen Folgen leiden, die die Amputation von durchschnittlich 50% des erogenen Gewebes am Penis mit sich bringen kann.

In Ihrer Sendungsankündigung erkennen wir die typische Propaganda, wie ein Junge durch sein Umfeld manipuliert und die Operation ihm schmackhaft gemacht werden soll. Die Aussicht auf Geld und Geschenke spielt dabei eine große Rolle. Nicht auszublenden sind aber auch subtile Drohungen von sozialem Ausschluss wie z.B. "Alle anderen haben das auch überstanden, Du wirst doch nicht der erste sein, der es nicht schafft" – die ihre Wirkungen nicht verfehlen, denn Kinder sind in diesem Alter komplett ihrem Umfeld ausgeliefert. Dass diese Verletzung an der intimsten Stelle unseres Körpers aus dem uns geliebten engsten familiären Umfeld erfolgte, hat einige von uns in schwerste Konflikte und jahrelange innere Emigration getrieben. Wir fühlen uns verraten, denn unser kindliches Vertrauen wurde missbraucht. Wir fühlen mit Tahsin mit, wenn er wie beschrieben "voller Vorfreude" auf seine "Beschneidung" hinfiebert – auch wir haben das getan, haben den Erwachsenen geglaubt, dass uns nur Gutes widerfahren würde. Die furchtbare Erkenntnis kam anschließend. Dass Tahsin als Elfjähriger noch gar nicht begreifen kann, was eigentlich mit ihm geschieht, schildern Sie in Ihrer Pressemitteilung durchaus ("… obwohl er nicht so genau weiß, was dann eigentlich anders sein wird") – nur befremdet sehr, dass Sie dies in keiner Weise zu hinterfragen scheinen.