Auf dem Weg zu einer humaneren Religiosität

(hpd) Religions- und Kirchenkritik hat es in Deutschland nicht leicht, denn die meisten Verlage, Zeitungen und Sender wollen es sich nicht mit den Kirchen verderben. In dieser etwas anachronistischen Situation hat der von einem Theologen betriebene Tectum-Verlag neben seinem wissenschaftlichen Kernbereich eine Nische für “Religionskritik und Humanismus” eingerichtet, in die schon gut ein Dutzend Bücher aufgenommen wurden.

 

Drei Bücher aus dieser Reihe haben mir besonders gut gefallen: Der Jesuswahn, Verführte Jugend und das hier zu besprechende Buch.

Bei “Freies Leben – Freier Glaube” kann man insofern von einem niedrigschwelligen Angebot sprechen, als es nur gut 100 Seiten umfasst, nur knapp zehn Euro kostet und ausgesprochen leicht lesbar ist. Letzteres bedeutet aber nicht, dass es oberflächlich ist. Es ist beeindruckend, wie der Autor zielsicher und gut verständlich die “big points” der Religionskritik, besonders der Kritik am Christentum, präsentiert.

Hier war jemand am Werk, der sich nicht nur mit der entsprechenden Literatur hervorragend auskennt, sondern auch eine lange berufliche Erfahrung in der Auseinandersetzung mit dem traditionellen Christentum einerseits und andererseits der Suche nach undogmatisch-humanistischen Alternativen mitbringt. Niedrigschwellig heißt auch, dass man dieses Buch guten Gewissens jemand schenken kann, der noch Schwierigkeiten hat, sich aus den Fängen der Kirchen zu befreien. Der Autor schreibt zwar klar, was er denkt, aber er schreibt einfühlsam und verletzt nicht. Sicherlich ist dies auch eine Folge seiner vielen Gespräche mit Menschen, die auf unterschiedliche Weise religiös sind.

Ich glaube, dass es Stephan Kalk vor allem um eine Humanisierung des (gemeinsamen) Umgangs mit wichtigen Lebensereignissen (Geburt, Hochzeit, Tod) geht, und um eine Religio, d.h. Rückbindung, an eine Gruppe ähnlich eingestellter Menschen, deren Ehrfurcht und Bewunderung sich mehr auf die Erhabenheit der Natur als auf imaginäre Gottheiten ausrichtet. Es ist z.B. einfach vernünftiger und schöner, eine Jugendfeier zu veranstalten oder zusammen die Wintersonnenwende zu feiern, als Kinder religiös zu indoktrinieren (und dabei Angst und Schuldgefühle zu induzieren) oder Ende Dezember der angeblichen Geburt eines Gottessohns zu gedenken, dessen Vater ihn qualvoll umbringen ließ.

 

Wolfgang Klosterhalfen

Stephan Kalk: Freies Leben – Freier Glaube. Gedanken über eine humanistische Religion. Tectum, Marburg, 2014, 104 Seiten, 9.95 Euro