Focus Iran

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Flyer zur Veranstaltung / NYI

BERLIN. (hpd) Das Netzwerk Junger Iraner in Berlin lud am Samstag, dem 10. Oktober, zu einer hochkarätig besetzten Diskussionsrunde ein: Focus Iran! - Podiumsdiskussion zu Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Iran. Das Hebbel am Ufer (HAUS1) war gut besucht und nicht nur von Exiliranern.

Gäste und Vortragende waren: Prof. Payam Akhavan (Mc Gill University Montreal, Kanada), der unter anderem auch Berater des Internationalen Strafgerichtshofes war und Vorsitzender des Iran Human Rights Documentation Centre ist. Ruth Jüttner von Amnesty International (Deutschland) ist Spezialistin für Iran. Shadi Sadr ist Anwältin und Menschenrechtsaktivistin in Iran. Sie wurde nach den Wahlen im Juli verhaftet und wegen des internationalen Drucks auf Kaution freigelassen. Monireh Baradaran ist Autorin und Menschenrechtsaktivistin, die mehrfach in iranischer Haft war und seit 1991 in Deutschland Exil gefunden hat. Omid Nouripour ist in Iran geboren und sitzt heute für Bündnis90/Die Grünen im Bundestag.

Das „Hebbel am Ufer“ stellte seinen großen Saal für diese Veranstaltung kostenlos zur Verfügung. Dafür wurde während der Veranstaltung mehrfach gedankt und ich schließe mich dem an.
 

Prof. Akhavan sprach in der Eröffnungsrede über die Situation in Iran aus menschenrechtlicher Sicht. Und welche Möglichkeiten der EU für eine wirksame Einflussnahme auf das Regime in Teheran offen stehen würden. Er verwies besonders darauf, dass die EU derzeit keinen Einfluss auf die innenpolitische Situation, die permanenten Menschenrechtsverletzungen des Iran nimmt. Sondern den Fokus allein auf den Atomstreit setzt und damit die Innenpolitik des Landes ausblendet. Nach Prof. Akhavan ist es kein Zufall, dass nur wenige Tage nach den Genfer Gesprächen die ersten Todesurteile gegen „Dissidenten“ ausgesprochen worden sind.

Weiterhin wies er darauf hin, dass der Westen noch immer dem Irrlauben unterliegt, mit Diktatoren jeder Couleur verhandeln zu können. Aus seiner eigenen Erfahrung wisse er, dass weder mit Milosowitsch noch mit den Verantwortlichen des Sudan auf Augenhöhe verhandelt werden könne. Denn Diktatoren sind auch deshalb Diktatoren, weil sie gegen Menschenrechte verstoßen und genau dies benötigen, um ihre Macht zu erhalten.

Was jedoch kann der Westen, was die EU tun, um etwas für die Menschen in Iran und gegen das Regime zu unternehmen? Prof. Akhavan schlug vor, Sanktionen nicht gegen das Land, aber sehr wohl gegen die Repräsentanten des Regimes zu verhängen. Also: die Einreise für jene zu verweigern und deren ausländische Konten einfrieren.


Shadi Sadr
berichtete über die 30-jährige Tradition der Folter und der Vergewaltigung gegenüber politischen Gefangenen in Iran. Sie wies allerdings darauf hin, dass das Regime in Teheran diese menschenverachtenden Methoden der physischen und psychischen Folter nach der Wahl in ungeahntem Ausmaße zugenommen haben. Frau Sadr versuchte dann, eine Art Roadmap für den Nachweis von systematischer Menschenrechtsverletzung aufzustellen. Hier fiel es mir persönlich jedoch schwer zu verstehen, weshalb nur politisch motivierte Folter ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit darstellen soll; jede Folter, egal gegen wen und weshalb, ist meiner Meinung nach ächtenswert. Sie wies jedoch auch darauf hin, dass erstmals in der 30-jährigen Geschichte der Folter in Iran öffentlich – auch in Iran – darüber berichtet wurde. Shadi Sadr sieht das als „Flamme im Dunkel“ an und hofft, dass diese Atmosphäre der Aufklärung beibehalten werden kann und den Mut zur Aufklärung der Verbrechen gibt. Sie sagte: „In 15 Jahren wollen wir nicht erleben müssen, dass niemand dafür verurteilt wurde, was er heut zu verantworten hat.“

Die Rolle, die die Frau in den politischen Auseinandersetzungen es Iran in den letzten 30 Jahren hatte, war immer eine zwiespältige. Zum einen werden Frauen im Islam noch immer nicht als gleichberechtigt wahrgenommen und anerkannt und zum anderen werden Frauen oft innerhalb ihrer Familien von politischer Arbeit zurückgehalten. Oft aus Angst vor Repressalien. In einem generell patriarchalischen System muss die politische Arbeit für Frauen doppelt so schwierig sein. Und – so möchte ich hinzufügen – desto schwerer muss die „Strafe“ ausfallen, wenn sich eine Frau gegen dieses System stellt.